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Die Farbe der Liebe

Die Farbe der Liebe

Titel: Die Farbe der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vina Jackson
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anfühlte wie echter Stein. Wieder verspürte sie eine seltsame Aufgeregtheit, als läge der Jahrmarkt irgendwo am Rande der Wirklichkeit, als gehörte er zwar noch zu dieser Welt, aber gehorchte nicht mehr den gewohnten Regeln.
    Sie gingen weiter. Jetzt hatte Aurelia die Führung übernommen. Die eine Hand an der Wand, schritt sie in die Dunkelheit, an der anderen zog sie Siv hinter sich her. Sie hatten jegliche Orientierung verloren und tasteten sich unter dem Zeltdach an den versteckten Schienen voran. Sie lösten aber keine Gruselattraktionen mehr aus, da die meisten Sensoren nur auf durchfahrende Wagen reagierten.
    »Leuchte mal mit deinem Handy.«
    Sie kamen sich vor wie in einem düsteren Irrgarten. Schwach drangen die Geräusche des Jahrmarkts zu ihnen durch, doch da sie die Orientierung verloren hatten, suchten sie vergeblich nach dem Ausgang, dem Licht am Ende des Tunnels.
    Aurelia drückte Siv die Hand. Sie spürte, dass der Mut ihrer Freundin mit jedem Schritt in der Finsternis sank. Beide hatten sie nun ein flaues Gefühl im Magen.
    Die Gleise begannen zu vibrieren, und ein Wagen rumpelte durch die Dunkelheit heran. Über seinem Rasseln und Scheppern vernahmen sie gedämpfte Stimmen. Aurelia schaltete ihr Handy aus.
    »Glaub mir, sie hatte die Hose runtergezogen«, sagte einer der Jungs.
    »Und einen geilen Arsch für einen Geist«, ergänzte sein Mitfahrer.
    »Wenn wir sie kriegen, zeigt sie uns vielleicht mehr als nur ihren Hintern«, hoffte der Erste.
    Siv kicherte leise.
    »Meinst du, ich soll ihnen noch eine kleine Sondervorstellung geben?« Siv nestelte bereits am Bund ihrer Shorts.
    »Wirf keine Perlen vor die Säue«, meinte Aurelia. »Machen wir ihnen doch lieber Angst.« Sie hielt Ausschau nach einer passenden Requisite, die sie ihnen vor die Nase halten könnte, doch noch ehe sie etwas gefunden hatte, war der Wagen auch schon an ihnen vorbeigerauscht. Im Halbdunkel sahen die Mädchen kurz die Köpfe der Jungs auftauchen, bevor sie um die nächste Kurve verschwanden. Immerhin wussten sie nun endlich den Weg zum Ausgang. Sie wollten den Jungs allerdings einige Minuten Vorsprung geben, damit sie dann verschwunden wären.
    Nachdem Aurelia unbeeindruckt einen Vorhang aus Plastikschädeln und -knochen beiseitegeschoben hatte, standen sie unvermittelt in den bunten Lichtern und im Getöse des Jahrmarkts.
    »Das war gefährlich«, sagte jemand. Er hatte auf sie am Ausgang gewartet. »Ich habe mir schon Sorgen gemacht, euch könnte da drin etwas zugestoßen sein.« Der Kassierer mit dem rotblonden Schopf und der grünen Monstermaske auf dem strubbeligen Haar lehnte mit verschränkten Armen an einem Zeltpfosten.
    »Aber wir haben nichts angestellt«, meinte Siv beinahe trotzig. »Ehrlich.«
    »Ärger habe ich sonst immer nur mit Jungs«, sagte er. »Von euch beiden hätte ich das nicht erwartet.« Er musterte Siv von oben bis unten, dann wanderte sein Blick zu Aurelia.
    Siv lachte und strich sich durchs kurze Haar, wie sie es unbewusst immer tat, wenn sie flirtete.
    »Und hast du nicht manchmal ganz gern ein bisschen Ärger mit Mädchen?« Siv hatte die Beine leicht gespreizt und sich hoch aufgerichtet. Jetzt warf sie sich in die magere Brust.
    Verunsichert von dieser Kombination aus Flirt und Aggression, sah der Junge zu Aurelia. Als die jedoch keine Miene verzog, wandte er sich wieder Siv zu.
    »Komm, Siv, gehen wir«, schaltete sich Aurelia ein. Der Kassierer begann ihr leidzutun. Wie süß er mit dieser Monstermaske auf dem Kopf aussah! Die Jungs vom Autoscooter wirkten dagegen gewöhnlich – testosterongesteuert und letztlich einfach nur langweilig, außer für Siv, die ein gewisses Interesse für die Bande aufzubringen schien.
    Siv war allerdings noch nicht bereit, das Feld zu räumen.
    »Ich meine doch nur, ihr hättet da drin nicht einfach rumlaufen dürfen. Wenn euch etwas zugestoßen wäre, hätte ich die Schuld gekriegt. Wie immer.« Er seufzte.
    »Bist du denn nicht der Chef?«, fragte Siv.
    »Sehe ich so aus?«, erwiderte der Rotschopf. »Das hier ist bloß ein Job. Und nicht mal ein besonders lustiger. Ich stehe nur hier, um mich zu vergewissern, dass euch nichts passiert ist. Und nicht, um zu streiten.«
    Er trat einen Schritt zurück. Offenbar wartete er darauf, dass die beiden sich trollten.
    Siv aber blieb stehen und guckte ihn unverwandt an. Da sie rasch merkte, dass er sich nicht provozieren ließ, änderte sie ihre Taktik. Aurelia stand schweigend daneben. Sie hatte ihre Freundin

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