Die Farbe der Liebe
Utensilien und Instrumente es waren.
Ein gepolsterter Tisch wurde aufgebaut, der an eine Massagebank erinnerte, an den unten aber noch eine Art Kniebank angeschraubt war. Seitlich davon lag auf einem Bord in handlicher Höhe ein Sortiment aus Paddle, Peitschen mit Riemen aus verschiedenen Materialien und in unterschiedlichen Längen, ledernen Handfesseln, bunten Seilen, Nippelklemmen und Gegenständen, bei denen sie nicht genau wusste, was sie waren.
P. J. wurde gerufen und angewiesen zu baden. Aurelia beobachtete, wie das warme Wasser über seine Glieder spritzte und Tropfen über seine Schulterblätter rannen. Gern hätte sie ihm den Schwamm aus der Hand genommen und ihn damit eingeseift.
Doch sie beherrschte sich, denn sie war sich nicht sicher, was die Benimmregeln hier vorsahen. Konnte sie gleichzeitig dienen und herrschen? War das Beherrschen nicht an sich schon ein dienender Akt, wenn man bedachte, welchen Genuss die Subs oft daraus zogen? Konnte sie zugleich eine Domme und eine Sub sein, oder war sie vielleicht keines davon und konnte schlicht wählen, in welche Rolle sie im jeweiligen Moment schlüpfen wollte? Je angestrengter Aurelia über diese Fragen nachdachte, desto verwirrter wurde sie. Sie beschloss, es bei ihrer nächsten Besprechung mit ihren Ausbildungsleiterinnen zum Thema zu machen.
»Knie dich hierhin«, sagte Aurelia zu P. J., nachdem er sich fertig gewaschen und abgetrocknet hatte. Sie gab sich Mühe, eine gewisse Kälte in ihre Stimme zu legen, doch das fiel ihr nicht leicht. Die Form der Kniebank zwang seine Beine auseinander, und seine Arschbacken ragten so weit nach oben, dass Aurelia einen guten Blick auf seinen Schwanz und seine Hoden hatte, die zwischen seinen Schenkeln baumelten wie reife Früchte an einem Baum.
Walter benutzte den jungen Mann wie eine jungfräuliche Leinwand, um seine Kunst zu demonstrieren. Er begann mit zärtlichem Floggen und steigerte sein Vorgehen im Lauf der Stunden bis zu den ersten Fesselungen mit Grundknoten. Mit Interesse studierte Aurelia P. J.s Reaktionen, notierte sich im Geist, wann er sich entspannte und wann irgendein Reiz das Gegenteil bewirkte. Die feinen Unterschiede in seinen Lust- und Schmerzenslauten waren weitere Anhaltspunkte für sie.
Das war die erste von vielen Sitzungen mit Walter, in denen er Aurelia in die Techniken einführte. Da sie bisher so problemlos und fast unbewusst in einen meditativen Zustand geglitten war, wenn sie eine Aufgabe erfüllte, hatte sie sich schon für eine geborene Sub gehalten. Überrascht stellte sie nun fest, dass diese Wirkung sich auch einstellte, wenn sie eine Peitsche schwang, mit Feuerstöcken trommelte oder heißes Wachs auf P. J. tropfen ließ. Mit seinem Körper zu spielen, forderte all ihre Konzentration, ließ sie aber auch auf den Schwingen ihrer Lust davongleiten, obwohl sie sich stets so weit beherrschte, dass sie nie seine Erregung und seine Sicherheit aus dem Auge verlor.
Nachts schlief er am Fuß ihres Futons wie ein Hund, und allmählich schwand die Befangenheit, die Aurelia in seiner Gegenwart verspürt hatte. Stattdessen weckte er in ihr eine Art Beschützerinstinkt, und sie fühlte sich in seiner Nähe wohl. Oft strich sie ihm abends wie einem Haustier über den Nacken, wenn er sich zu ihren Füßen zusammenrollte. Und wann immer sie sich die Zeit nahm und in den verregneten Straßen von Seattle neue Kraft schöpfte, erwartete er sie bei ihrer Heimkehr stets an derselben Stelle und in derselben Haltung, wie sie ihn zurückgelassen hatte.
Seit sie diesen Zustand der Zufriedenheit erreicht hatte, setzte der nächtliche Besucherstrom wieder ein. Nur dass sie jetzt vor den Augen von P. J. gefickt wurde, der zum Zuschauen verdammt war, wenn Männer oder Frauen hintereinander alle Öffnungen von Aurelia füllten, bis sie sich in Orgasmen wand, die noch stärker geworden waren, seit man sie dabei beobachtete. Als ob das Gefühl von Dominanz und Unterwerfung zugleich und das Wissen, beide gegensätzlichen Triebe befriedigen zu können, ihre Erregung verzehnfachte.
P. J. machte sie irgendwann darauf aufmerksam, dass sich ein neues Tattoo auf ihr zeigte: zwei Drachenflügel, die sich von ihrem Rückgrat über die Schulterblätter ausbreiteten, als hätte sie Schwingen.
Außer in dem kleinen Taschenspiegel, mit dessen Hilfe sich P. J. rasierte, gab es in der Pagode nichts, womit Aurelia mehr als nur die Tattoos in ihrem normalen Blickfeld sehen konnte. Sie machte sich im Geist eine Notiz,
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