Die Farbe der Träume
dorthin, wo der Busch begann.
Er streifte das Grabungsfeld von Kaniere und die winzige Niederlassung am Kokatahi und lief dann weiter, bis er einebenes Stück Land in einer Flussbiegung fand, das an seinem nördlichen Ende von hohen Felsen begrenzt wurde. In den Felsen gab es eine kleine Höhle, und Pao Yi kroch in die Höhle und versteckte sein Geld aus Otago unter einem Stein, und dann lag er stumm und reglos in der Stille der Höhle, und sie schien ihm ein herrlicher Ort zu sein.
Der Preis für das Land war angemessen. Er zählte das Geld hin und erhielt ein Stück Papier mit einer verschlungenen Unterschrift, die er nicht entziffern konnte, und er ging hinunter zu den Goldgräbergeschäften in Hokitika und kaufte sich neue Stiefel und seine Kaninchenfellmütze. Dann kehrte er zur Höhle zurück und baute sich eine winzige Behausung aus Sackleinen und Steinen, die sich an die Felswand presste und die Höhle als verstecktes inneres Heiligtum einschloss. Er deckte sie mit Ti-Ti-Palmblättern ab und legte seine Matte auf die nackte Erde und träumte von Chen Lin und Chen Fen Ming, die über den Reihersee dem Wehr entgegentrieben. Sie trieben ihm endlos entgegen in diesem Traum, aber sie erreichten es nie, und als Pao Yi aus dem Traum erwachte, begann er sofort, die Erde für seinen neuen Garten umzugraben, und er sah, dass der Boden schwarz und fett war.
Als Joseph und Will Sefton Pao Yi zum ersten Mal mit seinen Körben und seinem Bambusstock erblickten, hatte er seinen Garten oberhalb von Kakatahi schon ein Jahr lang bewirtschaftet. Einmal in der Woche lief er mit seinen Körben voller Kohl, Zwiebeln, Porree, Rettichen und Kartoffeln zum Hokitika-Grabungsfeld. Im Hochsommer pflanzte er auch Salat, Kūmara, Bohnen und Paprika. Er versuchte, einen Pflaumenbaum hochzuziehen. Mit Ködern, die sein Sohn gebastelt hatte, fing er Fische im Fluss.
In den langen Märznächten saß er am Feuer und rauchte seine Opiumpfeife und sagte sich laut Wörter auf Englisch vor: Fluss, Kartoffel, Ente, Frau, Gold .
III
Das Graben und das Aussteifen von Schächten mit Brettern war eine mühselige Arbeit.
»Der blaue Ton ist da unten, muss da jedenfalls sein«, bemerkte Will nach zwei Tagen Ausschachten, »aber man weiß nie, wie tief er liegt.« Und etwas später ergänzte er: »Ich hab einen Schürfer mal weinen sehen wie eine Frau, weil er dachte, er wäre beim Ton angelangt, und dann traf er auf Stein. Hat geheult um all die verlorene tote Arbeit.«
Bald war der erste Schacht auf Josephs Claim so tief, dass es fast unmöglich wurde, dort einfach hinein- oder herauszuklettern. Joseph musste aufhören zu graben und eine Leiter aus Kiefernästen und Seil knüpfen. Und immer noch stieß er beim Graben nur auf Kies und nicht auf Ton, und dann begann Wasser einzusickern und machte ein daneben liegendes Drainage-Loch erforderlich, das tiefer reichte als der Schacht.
Joseph stand auf seiner Behelfsleiter und untersuchte die Erdschichten. Zuerst kam die sandige Grasnarbe, dann schwärzlicher lehmiger Sand und schließlich mattbrauner Mergel mit Einsprengseln von Grau und Weiß, jedoch nie in der gewünschten Farbe. Er wusste genau, dass seine Angst, er könnte sich jenseits der Goldlinie platziert haben, erst weichen würde, wenn er zum ersten Mal die begehrte Farbe sah. Er rief sich immer wieder ins Gedächtnis, dass Gold am Arrow und am Clutha sehr weit oben in den Schluchten gefunden worden war. Aus Grabungen in Schluchten waren Grabungen im Busch geworden. Manche Goldsucher waren bei Stürzen von Felsen oder in Wasserfällen zu Tode gekommen, viele hatten sich aber auch ihr Glück aus den Bergen gegraben.
In den Nächten, wenn Joseph wach im Zelt lag und grübelte, ob seine Arbeit gänzlich vergebens sein würde, drehte Will Sefton sich manchmal von ihm weg, gleichgültig und unnahbar, und schlief auf der Stelle ein. Doch zu anderen Zeiten konnteer Josephs Gedanken lesen, nahm seine Blechflöte und spielte eine seiner melancholischen Weisen und sagte: »Vergessen Sie die Erde, Mister Blackstone. Gehen Sie an einen anderen Ort.«
D IE S TRASSE ZUM T ARAMAKAU
I
Harriet ritt nach Christchurch und mietete ein Fuhrwerk.
Der große Wagen mit seinem schwermütigen Fuhrmann, der Tabak kaute und ins Tussockgras spieh, machte zwei Fahrten zu den Resten vom Lehmhaus und zurück. Zuerst brachte er die Tiere zum kleinen Markt in Rangiora, Schweine, Hühner und Milchkuh, wobei Letztere ans Gefährt gebunden wurde und mit beschämend
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