Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)
Daniels in den OP kam, haben sie es noch geschafft, die Bilder runterzuladen.«
Dieser Download würde hoffentlich alle Fragen beantworten und ihnen den Weg zu dem Mann zeigen, der das Verbrechen begangen hatte. Falls es sich einfach um einen Raubüberfall gehandelt hatte, konnte der Täter nicht gewusst haben, dass er sein Gesicht verbergen musste. Aber wenn es der Mörder aus dem Weißen Haus gewesen war, wurde die Sache vielleicht etwas schwieriger. Doch früher oder später musste dieser Wahnsinnige einen Fehler machen. Sykes war sicher, dass Daniels gekämpft hatte, und es konnte gut sein, dass er als erste Kampfhandlung dem Täter die Kapuze vom Kopf gerissen hatte.
»Hören Sie«, sagte er jetzt, »ich könnte doch gleich in Tates Institut fahren und anfangen, an den Bildern zu arbeiten, um rauszukriegen, wer der Täter war. Je eher, desto besser, oder? Hier kann ich sowieso nichts tun.«
Lieutenant Ambrose nickte, aber bevor er etwas sagen konnte, mischte Ronnie sich ein. »Ich komme mit.«
»Das brauchst du nicht.« Jeremy trat zu ihr und senkte die Stimme. »Bleib lieber hier, damit du bei ihm bist, wenn er aus der Narkose aufwacht.«
»Aber es hilft ihm kein bisschen, wenn ich hier rumsitze, während sie versuchen, ihn wieder zusammenzuflicken. Weißt du, was ihm hilft? Wenn wir da hinfahren und seine Downloads ansehen und rauskriegen, wer ihm das angetan hat. Wenn er dann aufwacht, können wir ihm sagen, dass wir das Schwein verhaftet haben.«
»Aber es ist nicht nötig, dass ausgerechnet du das machst. Ich kann die Bilder doch auch auswerten.« Jeremy gefiel der Gedanke gar nicht, dass Ronnie haargenau mitbekommen würde, was diesem Menschen, an dem ihr so viel lag, angetan worden war. Das war doch reine Selbstquälerei.
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Daniels ist mein Partner. Wenn jemand dieses schreckliche Erlebnis mit ihm teilt, dann bin ich das.«
Jeremy wusste, was in ihr vorging. Ihre Schuldgefühle waren so groß, dass sie unbedingt das Kreuz auf sich nehmen und es eine Weile tragen wollte. Sie musste etwas tun, um den Schmerz, den man Daniels zugefügt hatte, mit ihm zu teilen. Und dazu gab es einen todsicheren Weg.
Sie würde ins Institut fahren, sich auf die kleine weiße Matte in ihrem Arbeitsraum stellen und sich direkt in die furchtbaren, schmerzhaften Erinnerungen ihres Partners hineinbegeben.
*
Ronnie wäre am liebsten gleich ins Institut gefahren und hätte losgelegt, hätte sich in der Arbeit verloren und so die Zeit bis zu einer Nachricht über Mark totgeschlagen, aber sie bat Jeremy, erst noch kurz bei ihr zu Hause vorbeizufahren. Es war elf Uhr vormittags, und sie trug noch die Uniform, die sie vor siebenundzwanzig Stunden angezogen hatte, ihr Haar hatte in dieser Zeit keine Bürste gesehen, und sie fühlte sich eklig und ausgelutscht.
Sykes willigte ein, und sie fuhren zu ihrer Wohnung, wieder in einem FBI -Fahrzeug, das ihnen jemand aus der Zentrale gebracht hatte. Unterwegs erklärte Sykes, dass sein Hotel nicht weit entfernt sei und dass auch er sich gern frischmachen und sie dann in einer halben Stunde wieder abholen würde. Ronnie nickte, dankbar für diese kurze Trennung. Sie würde ihr Zeit geben, sich zusammenzureißen. Nach dem Zusammensein mit Jeremy, erst die ganze Nacht und dann noch den ganzen Vormittag, einschließlich der furchtbaren Stunden voller Sorge um Mark, fiel es ihr schwer, klar zu denken.
Ronnie war nicht blöd. Sie wusste, dass ihre Schuldgefühle ein bisschen unlogisch waren. Mark war erwachsen, er hatte eine schlechte Entscheidung getroffen und dafür verdammt schwer bezahlt. Was sie selbst zu diesem Zeitpunkt getan oder nicht getan hatte und ob ihre Entscheidung vielleicht dazu beigetragen hatte, ihren Partner in eine merkwürdige Stimmung zu versetzen, tat nichts zur Sache. Der einzige, der wirklich schuldig war, war der Mörder, der Mark überfallen hatte.
Das alles war ihr klar. Von der Logik her. Vom Verstand her.
Aber die logischen und vernünftigen Gedanken in ihrem Kopf kämpften gegen Kummer und Verzweiflung in ihrem Herzen an. Und das Denken verlor. Schmerz und Niedergeschlagenheit hatten sie inzwischen fest im Griff und legten eine dicke Schicht aus Gewissensbissen über jeden einzelnen Gedanken.
Ronnie versuchte, sich ganz darauf zu konzentrieren, was jetzt getan werden musste. Sie duschte rasch, brachte sich wieder in eine akzeptable Verfassung, aß ein Sandwich mit Erdnussbutter, und exakt siebenundzwanzig Minuten,
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