Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)
Frau überprüfte – hoffentlich schon heute Abend. Man hatte ihr mitgeteilt, dass die Festplatte des Opfers in ein Speziallabor in der Dienststelle gebracht worden war, und dort wollte Ronnie heute noch hinfahren. Sie würde zwar nicht Leannes Ermordung mitansehen und auf diese Weise ihren Mörder identifizieren können – ohne diesen verdammten Chip aus ihrem Kopf ging das nicht – , aber sie könnte auf jeden Fall mehr über das Alltagsleben des Opfers erfahren, wenigstens bis gestern Morgen um sieben.
Als es Zeit für ihren Termin mit Wilders wurde, verließen Mark und sie den Patriot Square und fuhren die kurze Strecke die Pennsylvania Avenue hinunter mit dem Wagen. Der Weg wäre auch gut zu Fuß machbar gewesen, aber es wimmelte immer noch überall von Menschen. Die Leute waren noch angespannter und gereizter als heute Morgen, und Ronnie hatte keine Lust, in Uniform und im Einsatz durch die Menge zu marschieren. Trotzdem freute sie sich, die vielen Menschen zu sehen. Wenn nämlich Gerüchte über den grausamen Mord im Keller des Weißen Hauses nach außen gedrungen wären, wären die Leute jetzt in alle Himmelsrichtungen verstreut. Jemand sorgte also mit Erfolg dafür, dass die Öffentlichkeit nichts davon erfuhr.
Im imposanten Gebäude der Phoenix-Gruppe wurden sie von einer wortkargen Empfangsdame begrüßt. Ihr aufgequollenes Gesicht und ihre geröteten Augen zeigten, dass sie von Leannes Tod erfahren hatte. Wahrscheinlich wussten alle Mitarbeiter hier inzwischen darüber Bescheid. Ronnie konnte nur hoffen, dass sie außer der Information »Sie ist tot« nichts gehört hatten. Zu erfahren, dass die Kollegin in bratengroße Stücke zerschnitten worden war, hätte der Arbeitsmoral vermutlich ernsthaft geschadet.
»Danke, dass Sie sich für unser Gespräch herbemüht haben«, sagte Jack Wilders, nachdem die Frau sie in sein Büro geführt hatte, das etwa so groß war wie Ronnies Wohnung. »Mir ist klar, dass ich Ihnen damit zusätzliche Mühe bereitet habe.«
Daniels zuckte die Achseln. »Nee, kein Problem. Es ist uns lieber, die Befragungen nicht am Tatort vorzunehmen, und wir wollten die Umgebung sehen, in der das Opfer gearbeitet hat. Außerdem werden wir so nachher noch mit einigen Kollegen und Kolleginnen von Ms Carr sprechen können.«
Hmm. Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Ronnie wäre es gerade heute lieber gewesen, nicht für eine Vernehmung weggehen zu müssen, zumal sie wusste, dass sie ins Weiße Haus zurück mussten, um noch viele weitere Gespräche zu führen. Viel lieber wäre sie an Ort und Stelle geblieben, um in der Nähe zu sein, falls Leanne Carrs fehlender Körperteil gefunden wurde.
Aber Marks gezielte Nonchalance schaffte eine bestimmte Atmosphäre, die in dieser Situation nötig war. Er hatte Wilders zu verstehen gegeben, dass sie nicht auf seinen Wunsch hin hergekommen waren und dass er als Leannes Chef in dieser Situation nicht das Sagen hatte. Wilders kniff ganz leicht die Augen zusammen, und daran erkannte Ronnie, dass die Strategie ihres Partners absolut richtig gewesen war.
Wie so oft war es Mark wieder einmal geglückt, sie zu überraschen.
»Bitte, machen Sie es sich doch bequem.« Wilders deutete auf zwei Stühle, die ihm gegenüber an seinem breiten, blitzsauberen Schreibtisch standen. Die auf Hochglanz polierte Schreibtischplatte trug nichts außer einem Ständer mit einem einzelnen, mit einer Gravur versehenen Füllhalter, einer Schreibunterlage und einem gerahmten Foto. Es war so gedreht, als wolle es die Besucher auffordern, eine Bemerkung über den lächelnden Jack Wilders und eine attraktive Frau mittleren Alters an Deck einer Jacht zu machen.
Ronnie kam dieser Aufforderung nach. »Ihre Frau?«
Wilders lächelte liebevoll. »Ja. Meine beste Freundin und Partnerin. Sie hat mich damals gedrängt, mich für diesen Auftrag zu bewerben, obwohl meine Firma noch ganz neu auf dem Markt war.«
Offensichtlich hatte die Phoenix-Gruppe inzwischen ausgesorgt, so viel wie derzeit in Washington gebaut wurde. Ronnie hatte das recherchiert, bevor sie hergekommen waren – Wilders’ Unternehmen besaß die Aufträge für den Wiederaufbau sämtlicher Regierungsgebäude, die bei den Anschlägen beschädigt oder zerstört worden waren.
»Sie wird untröstlich sein, wenn ich ihr von dem Mord erzähle, denn Leanne war für uns beide wie eine Tochter. Sie ist oft bei uns zu Hause gewesen, und wir hofften sogar, dass sie vielleicht eines Tages eine Beziehung mit unserem Sohn
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