Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)
Veronica?«
Sie hörte die Männerstimme, konnte sie aber nicht gleich zuordnen, obwohl sie ihr vertraut vorkam. Sie schluckte, überlegte, warum ihr Mund so trocken war, warum ihr Kopf sich anfühlte, als würde er gleich explodieren, und warum sie flach auf dem Rücken in einem Bett lag. Dabei war ihre letzte Erinnerung doch, dass sie die Treppe hinunter ins zweite Kellergeschoss des Weißen Hauses gegangen war.
»Bin ich überfallen worden?«, flüsterte sie mit wattetrockenem Mund.
»Ja«, sagte die Männerstimme. »Du hast ganz großes Glück gehabt.«
»Davon merke ich nichts«, knurrte Ronnie. Sie fühlte sich, als hätte der Tod sie ausgespuckt. Nach gründlichem Kauen.
»Es hätte schlimmer kommen können. Er hätte auch mit dem anderen Ende vom Kantholz zuschlagen können. Denn an dem Ende ragten Nägel heraus.«
Nägel. Kantholz. Allmählich fielen ihr Einzelheiten wieder ein. Sie war im Untergeschoss gewesen, oder? Und da war etwas passiert. »Also sollte ich eigentlich dankbar sein?«
»Sei einfach froh, dass er nicht dageblieben ist und die Sache bis zum Ende durchgezogen hat.«
Diese Stimme – sie war so vertraut. Ronnie reagierte darauf, spannte sich an, war aber auch etwas aufgeregt, fürchtete sich und freute sich ein ganz klein wenig.
Wer war das denn bloß?
Weil sie das unbedingt wissen musste, öffnete sie die Augen erneut, behutsam diesmal, sodass sie das Licht der Neonröhren an der Decke über ihr langsam aufnehmen konnte und nicht davon überschwemmt wurde. Sie konnte nicht sagen, dass sie die Decke oder etwas anderes erkannt hätte, aber nach den dreißig mal dreißig Zentimeter großen Deckenplatten und der typischen Industriebeleuchtung zu urteilen, musste sie sie sich in einem Krankenhausbett befinden.
Sie veränderte ihre Lage, und ihre Muskeln jammerten. Die Matratze fühlte sich an wie ein fest gestopfter Strohsack, was ihren Verdacht weiter erhärtete.
»Versuche, dich möglichst wenig zu bewegen«, sagte der Mann. »Der Arzt hat gesagt, du würdest ein paar Tage ganz scheußliche Kopfschmerzen haben, und Bewegung würde sie noch verschlimmern.«
Ronnie hob eine Hand an den Kopf und ertastete an der rechten Seite einen dicken Verband. Ringsherum stand ihr Haar wirr ab, kurz und stoppelig. Auf der anderen Wange spürte sie eine lange Haarsträhne, sie musste also einen interessanten asymmetrischen Haarschnitt haben.
Mist. Ihr Friseur würde einen Anfall kriegen. Und weil sie Tür an Tür mit ihm wohnte, bekam er sie wohl eher früher als später zu sehen.
»Wie lange war ich bewusstlos?« Ronnie dachte an ihr kurzes Haar und hoffte, dass es nach einem Not-Haarschnitt stehengeblieben und nicht nach einer Rasur nachgewachsen war. Denn Letzteres hätte bedeutet, dass sie eine ganze Weile im Koma gelegen hatte. »Jetzt sag bloß nicht, ich habe ein paar Wochen im Koma gelegen.«
Er lachte in sich hinein. »Nein, nur etwa acht Stunden.«
Acht Stunden? Ach du liebe Güte!
»Der Fachterminus lautet: geringfügiges Schädeltrauma.«
Geringfügig fühlte sich das eher nicht an. »Also eine Gehirnerschütterung?«
»Ja. Sie haben ein MRT und ein CT gemacht, und den Befunden zufolge wirst du wieder gesund. Die Platzwunde war ganz schön groß und musste geklammert werden. Unter deinem Verband hast du also eine kahle Stelle.«
Klammern. Toll. Noch mehr Metall, das Wachposten und Soldaten verdächtig erscheinen konnte.
»Der Arzt wird dir bestimmt alles erklären«, sagte die Stimme, die irgendwo von links kam.
Der Arzt. Also war dieser Mann nicht der Arzt.
Es machte sie fast verrückt, dass sie nicht darauf kam, zu wem diese vertraute Stimme gehörte, daher drehte sie schließlich vorsichtig den Kopf nach links. Ihre Augen arbeiteten noch nicht richtig, und zuerst nahm sie nur eine hochgewachsene Gestalt in dunkler Kleidung wahr, die in der Ecke stand. Ronnie musste sich anstrengen, um schärfer zu sehen, und blinzelte heftig.
Als der Mann deutlich wurde, der Mann, dessen Bild sie in ihrem Gedächtnis mit sich herumtrug, verschlug es ihr kurz den Atem. »Du!«, stieß sie hervor.
»Ich.« Er deutete eine kleine Verbeugung an, dann näherte er sich dem Bett. »Na, wie geht’s denn so, Sloan?«
Er war es wirklich. Verdammt.
»Pfusch mir bloß nicht ins Handwerk, Sykes.«
Er verzog die Lippen zu einem halben Lächeln, und seine blauen Augen funkelten vor heimlichem Vergnügen. Sie lag hier in einem Krankenhausbett, zusammengeschlagen, halb kahlgeschoren, und konnte sich
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