Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)
sackte die Kinnlade herunter. »Du hast meine Downloads angeguckt?«
Jeremy zuckte die Achseln. »Das war einer der Gründe, warum sie mich gerufen haben. Ich habe sie drahtlos runtergeladen, während du noch ganz weit weg warst.«
Das empfand Ronnie als Übergriff. Ja, sie hatte schon immer gewusst, dass die Arbeit in ihrem Job sich am Rande des Schicklichen bewegte, wenn es um den Respekt vor der Privatsphäre ging, aber meistens betrachtete sie dieses Thema aus der Perspektive der Ermittlerin. Ronnie hatte ihren eigenen Verhaltenskodex, sie würde niemals irgendwo eindringen, wo sie nichts zu suchen hatte, niemals würde sie die intimsten Momente im Leben eines anderen Menschen ausspionieren, ohne wirklich einen verdammt guten Grund dafür zu haben. Daher hatte sie nicht damit gerechnet, wie sehr es sie treffen würde, dass jemand in ihre eigenen visuellen Erinnerungen hineingeschaut hatte. Es war, als hätte Sykes ihren Kopf geöffnet und ein Stückchen herausgeholt.
Als würde er das Stückchen lesen, das er herausgeholt hatte, erklärte er: »Die letzten fünfzehn Minuten, bevor du bewusstlos wurdest. Mehr nicht, Veronica, mehr habe ich mir nicht angesehen.«
Fünfzehn Minuten … das waren immer noch eine Menge Bilder. Die OEP -Kamera nahm pro Sekunde ein Bild auf, das waren sechzig pro Minute.
Sykes hatte vielleicht nur fünfzehn Minuten von ihren Erinnerungen angeschaut, aber er hatte trotzdem eine Menge gesehen. So viel, dass sie unbehaglich im Bett hin- und herrutschte und an den ganzen privaten Kram dachte, der zu sehen war, wenn man in ihrem Gedächtnis einen Tag zurückging. Sie hatte ja nur Jeremys Wort, dass er das nicht getan hatte. Ronnie nahm sich vor, sich nie mehr nackt im Spiegel zu betrachten und nur noch im Dunkeln unter die Dusche und auf die Toilette zu gehen. Und dem Sex würde sie vielleicht einfach für immer abschwören.
Verdammt, sie wollte sich doch nichts vormachen. Sex war das Einzige, was ihr so viel Spaß machte, dass sie die Peinlichkeit riskieren würde, zumal sie ja auch gar nicht so häufig sexuell aktiv war. Bloß gut, dass die OEP -Kamera nicht aufnehmen konnte, was sich vor ihrem inneren Auge abspielte, denn sie hatte sich Jeremy Sykes tatsächlich hin und wieder mal ohne Klamotten vorgestellt. Der Mistkerl hatte sich einfach irgendwie in ihr Hirn eingeschlichen.
Sie spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg, als sie an eine ihrer erregendsten Fantasien dachte. Sie hatte sich zwar entschlossen, dem Mann aus dem Weg zu gehen, aber das hatte sie nicht daran gehindert, ihn als Anregung für ein paar schöne nächtliche Stunden mit ihrem größten, geilsten Sexspielzeug zu benutzen.
Sykes musste die plötzliche Röte ihrer Wangen falsch gedeutet haben. »Ich schwör’s dir, Veronica. Fünfzehn Minuten, mehr nicht. Du brauchst dir keine Gedanken zu machen.«
Mensch, der Mann dachte wohl, er könnte sie zum Erröten bringen, weil er sich ein paar persönliche Momente ihres Tages angeschaut hatte. Quatsch. Er sollte lieber sehen, wie sie sich den Hintern abwischte, als jemals erfahren, dass bloße Fantasien von Sykes ihr schon einen Orgasmus bescherten.
»Ehrlich, es war nichts zu sehen, schließlich bist du ja auch im Stockfinstern rumgetappt.« Er schüttelte den Kopf und fragte: »Was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Du hattest eine Taschenlampe, oben saß dein Partner … «
»Ich dachte, das Licht der Taschenlampe würde es ihm nur leichter machen, mich ins Visier zu nehmen; und wenn ich erst meinen Partner geholt hätte, hätte ich dem Täter die Chance gegeben, abzuhauen. Außerdem hatte ich Daniels geschrieben, er soll so schnell wie möglich runterkommen.«
»Die Mail hat er nicht gekriegt.«
Das klang, als hätten Daniels und Sykes sich schon getroffen. Und miteinander gesprochen. Ronnie fragte sich, wie ihnen diese erste Begegnung wohl bekommen war.
Nicht gut.
»Ach so?« Ihr wurde bewusst, wie viel Glück sie gehabt hatte. »Daniels ist also runtergekommen und hat mich gesucht, als die halbe Stunde um war?«
»Genau. Da hast du wirklich Glück gehabt. Wahrscheinlich hat er den Täter damit verjagt, sagen sie.«
»Schon möglich.« Allmählich wurden Ronnies Erinnerungen immer klarer. »Oder vielleicht hat der Täter auch gedacht, Daniels wäre die ganze Zeit dabei gewesen. Jedenfalls habe ich das vorgetäuscht, als ich auf den Flur gegangen bin.«
»Warum bist du bloß allein losgezogen?«, fragte Sykes. Er klang ein bisschen ärgerlich, aber
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