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Die Farbe Des Zaubers

Die Farbe Des Zaubers

Titel: Die Farbe Des Zaubers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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Schimmelfohlenfluß waren alle geschlossen. Was an schwarzen Vögeln in den Bäumen saß, hatte die Köpfe unter die Flügeln gesteckt und tat es ihrer Herrin gleich. Vom Rascheln trockener Blätter und schrumpeliger Hagebutten in der Dornenhecke abgesehen, war es ganz still.
    »Es stinkt nach Tod«, stellte der Rabe fest. Er hockte auf der Schulter des dünnen, zerlumpten Mädchens, das am kleinen Gartentor stand.
    »Kein Wunder«, antwortete Mriga und griff düster nach etwas, das nicht völlig da war. Zumindest weigerten sich ihre sterblichen Sinne, es anzuerkennen. Ihr Gottblick zeigte ihr jedoch ganz deutlich einen großen braunen Hengst mit Sattel und herabhängenden Zügeln, der traurig am Tor stand und auf das heruntergekommene Haus starrte. Als Mriga dem Braunen die Hand entgegenstreckte, rollte der Hengst die Augen, daß nur das Weiße zu sehen war, und legte die Ohren zurück, doch es wirkte halbherzig. Nach einem Moment gab es mit aufgeblähten Nüstern nach, stupste die Nase in ihre Hand, dann schwang es den großen Kopf herum.
    »Du armes, armes ...«, murmelte Mriga und streichelte den Hals des Braunen. Tyr beobachtete sie und blickte mißtrauisch auf die Hufe des Tieres. Siveni öffnete die Rabenaugen weit. Sie mochte Pferde, schließlich hatte sie sie erfunden und dadurch einen Wettbewerb gewonnen.
    »Noch ein Geist«, sagte sie. »Und ziemlich neu. Die Frau züchtet sie regelrecht.«
    Die Haustür schwang auf, und ein weiterer Geist kam heraus. Jedenfalls war der Mann tot. Äußerlich sah er lediglich entstellt aus. Ein Auge war von einer Klappe bedeckt, und sein Gesicht wurde von Narben durchzogen. Auch seine Haltung war gebrochen; doch Mriga sah den Geist kerzengerade und groß hinter der gegenwärtigen Wirklichkeit, dem krummen, vornübergebeugten Rücken, dem schleppenden Gang eines Menschen, der die Last einer schrecklichen, immerwährenden Furcht trug.
    Der Mann starrte sie an. »Stilcho«, sagte Mriga, »wo ist Eure Herrin? Führt uns zu ihr.«
    Sein Blick wurde durchdringend, dann lachte er. »Und wen darf ich melden? Eine zerlumpte Bettlerin und ihren räudigen Köter ...« Da bemerkte er den schwarzen Vogel und wurde zurückhaltender. »Hör zu — verschwinde«, riet er ihr. »Wer bist du eigentlich? Eine kleine Nisihexe, die ihr letzte Nacht entgangen ist? Mach, daß du wegkommst! Es war sehr unüberlegt von dir, dich hierherzuwagen. Kinder wie du sind ihr bestimmt nicht gewachsen, für wen du dich auch halten magst!«
    »Jedenfalls für keine Nisibisi!« entgegnete Mriga leicht verärgert.
    Siveni blickte von Mrigas Schulter zu Stilcho hoch. »Mann, wir sind die Göttin Siveni. Und wenn du uns nicht zu deiner Herrin bringst, und zwar sofort, bist du in einer Minute verwesendes Fleisch. Und jetzt geh uns aus dem Weg oder führ uns zu ihr.« Die Verachtung in ihrer Stimme war unüberhörbar.
    Tyr knurrte.
    »Stilcho, du Narr, schließ die Tür! Der Wind ist schneidend wie Messer!« rief eine andere Stimme durch die Tür. Ein kleinerer, schlankerer Mann trat heraus, dessen Miene kalte Fassung verriet, das genaue Gegenteil von Stilchos Verzweiflung; doch darunter, als Geist seiner scheinbaren Unerschrockenheit, hauste die gleiche erbarmungslose Angst. Der Mann bemerkte sie. Sein Gesichtsausdruck wechselte von Überraschung zu belustigter Verachtung, dann von Unsicherheit zu bestürzter Erkenntnis, und all das in dem Zeitraum, den er benötigte, Atem zu holen.
    »Zumindest Ihr erkennt, was Ihr seht, Haught«, stellte Mriga fest. Sie winkte das Gartentor aus der Wirklichkeit und schritt hindurch, wo es 53 sich befunden hatte. Haught starrte, und aus gutem Grund, denn die tödlichen Schutzzauber innerhalb lösten sich auf und erloschen ohne den geringsten Laut. »An Eurer Stelle, würde ich uns anmelden.«
    Mit sichtlicher Mühe setzte Haught wieder seine drohende und verächtliche Miene auf. »Meine Herrin ist nicht abkömmlich«, erklärte er.
    Mriga blickte den Raben an. »Liegt wohl wieder im Bett.«
    Der Rabe klapperte verärgert mit dem Schnabel und flatterte von Mrigas Schulter. Plötzlich stand eine behelmte Frau in übergroßer Tunika da und klopfte mit dem Schaft ihres Speeres heftig auf den Boden. Prasselnd gingen die trockene Hecke und die kahlen Bäume in grünen Flammen auf. Die schwarzen Vögel kreischten und wirbelten von den Bäumen hoch wie versengtes Papier im Wind und ließen nach verbrannten Federn riechende Rauchspuren zurück.
    »Jetzt ist sie aufgestanden«, sagte

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