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Die Farben der Freundschaft

Titel: Die Farben der Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linzi Glass
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auf die frisch genähte Wunde strich.
    Vater wartete vor der Tür des Gästebadezimmers und bestand darauf, Johann auf dem Weg nach Randburg hinterherzufahren, für den Fall, dass Johann am Steuer bewusstlos werden würde wegen des Blutverlusts.
    »Auf dem Rugbyfeld bin ich auch schon so übel zugerichtet worden, Mr. Winters«, sagte Johann, nachdem er sich umgezogen hatte und zum Gehen fertig war.
    Ich spürte Mutters Blick auf mir, als ich Johann eine Haarsträhne aus der Stirn strich. Mutter war unruhig und nervös, und ich wusste, sie würde eine Erklärung von mir erwarten, sobald wir unter uns wären.
    Aber ich musste jetzt allein sein. Um diesen Abend noch einmal zu durchleben. Um den ganzen vorangegangenen Schrecken zu begreifen und auch all das, was mich später mit so unbeschreiblichem Glück erfüllt hatte. Ich brauchte Zeit, um dieses Glück, das Johann für mich bedeutete, voll auszukosten; aber ich brauchte auch Zeit, um all das zu betrauern, was ich auf der Barnard High nun verloren hatte.
    Jetzt war ich endgültig eine Ausgestoßene, und was der Montagmorgen in der Schule bringen würde, darüber wollte ich lieber gar nicht nachdenken.
     
    Beim Abschied sagte Johann, wir würden morgen telefonieren, dann küsste er mich flüchtig auf die Wange, da meine Eltern danebenstanden. Nachdem er und Vater gefahren waren, bedankte ich mich sehr höflich bei Dr. Jacobs, sagte Mutter rasch Gute Nacht und lief die Treppe hinauf.
     
    Julians Bild war das Erste, worauf mein Blick fiel, als ich mein Zimmer betrat. Ich hatte es vorsichtig an die Wand neben mein großes Fenster gelehnt, wo es darauf wartete, dass Vater es morgen aufhängen würde. Am Nachmittag hatte ich Mutter und Vater aufgefordert, sich das Bild anzuschauen, und beide waren sprachlos gewesen angesichts der tiefen Aussagekraft dieser Arbeit. Im Grunde hätte Mutter es gern mit in die Ausstellung aufgenommen, das war mir klar, aber sie meinte, es sei ein außergewöhnliches Geschenk von Julian an mich, und wenn sie es öffentlich ausstellte, würde es höchstwahrscheinlich schnell einen Käufer finden.
    »Das gebe ich nie her«, erklärte ich mit Nachdruck.
    »Natürlich nicht, Liebling. Das verlangt auch keiner von dir …« Sie drückte beruhigend meine Hand.
    »Ich denke, Julian ist der talentierteste Künstler, den du bisher hattest, Annabel.« Vater stand noch immer bewundernd vor dem Bild und nickte. »Ich glaube, du hast da einen wirklich großen Künstler entdeckt …«
     
    Ich lag auf dem Bett und betrachtete die aufwärtsgerichteten Augen des kleinen Jungen auf dem Bild, dann aber blieb mein Blick auf der roten Malkreide in seiner Hand hängen.
    »Kleiner Julian, kannst du mir helfen? Wie zeichne ich mir jetzt einen Weg aus diesem Schlamassel heraus?«, flüsterte ich in das Halbdunkel.
    Noch während ich auf seine Antwort wartete, schlief ich ein.

19
    AM Montag fuhr ich nicht mit dem Rad zur Schule. Und auch an keinem anderen Tag dieser Woche, wie sich herausstellen sollte. Es war bitterkalt geworden, und ich hatte mir eine scheußliche Halsentzündung eingefangen.
    Bevor Vater mich an diesem tristen Montagmorgen zur Schule fuhr, gab mir Mutter literweise heißes Zitronenwasser mit Honig zu trinken. Beide waren entsetzt gewesen, als ich ihnen von den Vorfällen auf dem Schulball erzählt hatte, und dass ich meinen Vertrauensschülerstatus verlieren sollte, regte sie mehr auf als mich. Vater, durch und durch Anwalt, hatte Direktor Dandridge am Wochenende angerufen und einen Gesprächstermin verlangt. Für heute Morgen, 7.15 Uhr, hatte er einen bekommen, fünfzehn Minuten vor Unterrichtsbeginn.
    Ich saß unterdessen hustend, schniefend und schnäuzend auf dem Gang vor Direktor Dandridges Büro auf einer unbequem harten Holzbank. Ab und zu konnte ich Vaters ruhige, aber allmählich lauter werdende Stimme hören, ohne jedoch Einzelheiten zu verstehen.
    Nach zehn Minuten kam Vater aus der Tür, sichtlich wütend und mit aschgrauem Gesicht.
    »Ich hatte keine Ahnung, dass du von deiner Clique ausgestoßen worden bist. Dass da eine Art Hasskampagne gegen dich läuft.« Vater fuhr sich mit seiner großen Hand durch die Haare. »Himmel noch mal, Ruby, warum hast du uns nichts gesagt? Ich hatte keinen blassen Schimmer …«
    »Ihr hattet so viel um die Ohren …«
    Vater kniete neben mir nieder und nahm meine Hände in seine. »Du bist das Wichtigste in unserem Leben, hörst du?«, sagte er hitzig. »Du, Ruby, nichts und niemand sonst!« Er legte

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