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Die Farben der Freundschaft

Titel: Die Farben der Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linzi Glass
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wippenden Locken und gesenktem Blick direkt an mir vorübergegangen war, als wir uns zwischen zwei Unterrichtsstunden auf dem Gang begegnet waren. Irgendwie hatte es mich nicht überrascht.
    Ich öffnete und schloss die Finger um Vaters Taschentuch. Es war das Einzige, was mir in diesem Moment verlässlich und echt erschien.
    Kumpel . Stumm formten meine Lippen das Wort. Ich war froh, dass Janice Kumpel und nicht Freundin gesagt hatte, denn mehr waren sie und Clive nie für mich gewesen.

20
    MUTTER holte mich in ihrem champagnerfarbenen Jaguar von der Schule ab. Sie sprudelte über vor Begeisterung und Freude über all die Zusagen der Gäste, die zur Ausstellung kommen würden, und merkte kaum, wie blass und still ich war. Meine Haut schien sich wie Frischhaltefolie zusammenzuziehen, sich enger und enger um Beine, Arme und Rücken zu spannen. Eine feuchte Kälte überzog meinen Körper. Als wir durch unser Einfahrtstor fuhren, drehte Mutter sich zu mir um und sah mich an.
    »Entschuldige, Liebling, ich hab dich nicht einmal gefragt, wie dein Tag war.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »So schlimm! Und dein Hals gibt dir den Rest, stimmt’s?«
    Ich nickte.
    Dicht vor dem Haus blieb sie stehen. »Dann schnell ab ins Bett mit dir. Ich bringe dir gleich Tee mit Honig rauf. Schließlich brauche ich dich auf der Ausstellung gesund und munter wie immer.«
     
    Den größten Teil des Nachmittags schlief ich unruhig und wie in einem Nebel aus Schweiß und Unbehagen. Es waren nicht nur der entzündete Hals und die pochenden Kopfschmerzen, die mich immer wieder weckten. Es war etwas Tieferes, das in mir brodelte und dann durch meine Poren nach außen drang. Ein quälendes Gefühl von Verlust, die Gewissheit, dass ich im Begriff war, etwas Ungenanntes zu verlieren. Ich versuchte, die düstere Stimmung mit zärtlichen Gedanken an Johann zu vertreiben, doch auch die waren mit Schuldgefühlen durchsetzt. Wie konnte er mich noch mögen, wo er ausgerechnet wegen mir verprügelt und gedemütigt worden war? Nicht besser war es mit den Gedanken an Julian. Auch er schien in letzter Zeit in meiner Gegenwart zu leiden. Und was die Schule betraf, so gab es dort keinen mehr, der meine Nähe suchte. Inzwischen wurde ich von allen wie eine Aussätzige behandelt. Ich war von einer Krankheit befallen, die sie nicht sehen konnten, aber die sie sich auf keinen Fall einfangen wollten.
     
    In den frühen Abendstunden kam Vater herauf, um nach mir zu sehen. Während ich geschlafen hatte, musste Mutter da gewesen sein und die Vorhänge zugezogen haben, weil mein Zimmer jetzt im Dunkeln lag. Aber ich erkannte Vater am dezenten Duft seines Rasierwassers. Er tastete sich bis zu meinem Bett, und ich spürte das leichte Absinken der Matratze, als er sich zu mir setzte.
    »Ruby«, flüsterte er in das Dunkel. »Ich habe den ganzen Tag nachgedacht … vielleicht sollten wir mal überlegen, ob du nicht von der Barnard abgehen solltest. Es gibt auch andere Schulen …«
    Ich fand seine Hand und drückte sie. Er hielt sie fest. »Wir leben in so schrecklichen Zeiten.« Er seufzte. Ich umklammerte seine Hand noch fester als das Taschentuch, an dem ich mich den Tag über festgehalten hatte, und spürte, wie eine einzelne Träne über meine Wange rollte. »Es wird schon wieder besser werden.« Wie zur Bekräftigung klopfte er auf meine Bettdecke.
    »Wann, Daddy?«, flüsterte ich in die Dunkelheit. »Wann?«
    »Bald. Das verspreche ich dir.«
    Aber ich wusste, dass es nicht in seiner Hand lag, dieses Versprechen zu erfüllen.
     
    Loretta rief an, während ich, an mein Kissen gelehnt, im Bett saß und eine Schale Hühnerbrühe aß, das Einzige, was schmerzlos an meinen geschwollenen Mandeln vorbeiglitt.
    »Sie kann kaum sprechen. Die Arme hat sich eine grässliche Mandelentzündung eingehandelt«, erklärte Mutter Loretta, bevor sie mir den Hörer gab.
    »Ruby, ek is jammer dat jy siek is , es tut mir leid, dass du krank bist …«
    »Danke«, krächzte ich.
    »Ich will also schnell machen. Pa ist furchtbar wütend über das, was bei eurem Schulball passiert ist. Er verbietet Johann und mir, dich wiederzusehen. Aber wir haben darüber gesprochen, Johann und ich, und wir werden uns nicht an das Verbot halten. Ich bin deine Freundin, jou vriendin , Ruby, egal, was Pa oder sonst wer dazu sagt …«
    Ich wollte die Tränen hinunterschlucken, aber sie ließen sich nicht unterdrücken.
    »Johann sagt, er will dich nachher noch anrufen … Gerade kommt Pa nach Hause.

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