Die Farben der Magie
vorbereitet!«
»Äh…«
»Großartig!«
Rincewind atmete tief durch. »Ich schlage vor, wir essen woanders«, sagte er mit wachsender Verzweiflung. »Unten hat eine Art Kampf stattgefunden.«
»Eine Tavernenschlägerei? Warum hast du mich nicht geweckt?«
»Nun, weißt du, ich… Was?«
»Habe ich mich heute morgen nicht klar genug ausgedrückt, Rincewind? Ich möchte das wahre morporkianische Leben kennenlernen: Sklavenmarkt, Bordelle, der Tempel der Geringen Götter, die Bettlergilde – und eine echte Tavernenschlägerei.« Zweiblums Stimme gewann nun einen mißtrauischen Klang. »So etwas gibt es hier doch, oder? Du weißt schon – Leute, die sich an Kronleuchtern hin und her schwingen; Schwertduelle auf Tischen und so weiter. Ich meine jene Kämpfe, in die Hrun der Barbar und Schleicher immer wieder verwickelt werden. Anders ausgedrückt: Aufregung.«
Rincewind nahm seufzend auf der Bettkante Platz.
»Du möchtest einen Kampf sehen?« fragte er.
»Ja. Was ist falsch daran?«
»Nun, Menschen werden dabei verletzt.«
»Oh, es liegt mir fern, an einer solchen Auseinandersetzung teilzunehmen. Ich möchte sie nur beobachten, weiter nichts. Und ich würde gern einigen berühmten Helden begegnen. Sie kommen doch hierher, stimmt's? Es ist doch nicht alles Seemannsgarn, oder?« Der Zauberer hörte überrascht, daß Zweiblum jetzt in einem flehentlichen Tonfall sprach.
»O ja, sie kommen hierher, kein Zweifel«, erwiderte Rincewind hastig. Vor seinem inneren Auge entstanden dementsprechende Bilder, und ihn schauderte heftig.
Die Wege aller Helden des Runden Meeres führten früher oder später nach Ankh-Morpork. Die meisten stammten aus den barbarischen Stämmen im kalten Mittland, das Helden gewissermaßen exportierte. Fast alle besaßen primitive magische Schwerter, deren ungedämpfte thaumaturgische Schwingungen sich in der astralen Sphäre ausbreiteten und im Umkreis von vielen Meilen alle Experimente angewandter Zauberei störten. Aber allein aus diesem Grund erhob Rincewind keine Einwände gegen sie. Er wußte, daß er als Magier nicht viel taugte, und deshalb störte es ihn kaum, daß Destillierkolben explodierten und Dämonen im Zaubererviertel erschienen, wenn ein Held durchs Stadttor schritt. Nein, andere Charakteristiken von Helden bereiteten ihm weitaus mehr Sorgen: Im nüchternen Zustand neigten sie dazu, selbstmörderisch verdrießlich zu sein, und eine ausreichende Menge Alkohol verwandelte sie in irre Mörder. Außerdem gab es zu viele von ihnen. Wenn die Hochsaison der Helden begann, herrschte in den Abenteuerregionen unweit der Stadt ein ziemliches Durcheinander. Angeblich erwog man bereits die Möglichkeit, Dienstpläne zu erstellen.
Rincewind rieb sich die Nase. Die einzigen ihm persönlich bekannten Helden hießen Bravd und Schleicher, die sich derzeit nicht in Ankh-Morpork aufhielten. Hinzu kam Hrun der Barbar, praktisch ein Akademiker nach den Maßstäben des Mittlands – er konnte nachdenken, ohne dabei die Lippen zu bewegen. Man erzählte sich, daß Hrun die drehwärtigen Gebiete durchstreifte.
»Hör mal«, sagte der Zauberer nach einer Weile, »hast du jemals einen Barbaren kennengelernt?«
Zweiblum schüttelte den Kopf.
»Genau das habe ich befürchtet«, murmelte Rincewind. »Nun, sie sind…«
Draußen auf der Straße ertönte das Geräusch eiliger Schritte, und im Schankraum erklangen zornige Stimmen, gefolgt von neuerlichem Lärm im Bereich der Treppe. Die Tür flog auf, bevor sich Rincewind fassen und zum Fenster stürmen konnte.
Erstaunlicherweise sah er nicht etwa einen Wahnsinnigen, der zu allem entschlossen war, um innerhalb möglichst kurzer Zeit reich zu werden. Statt dessen fiel sein Blick auf einen Feldwebel von der Stadtwache. Rincewind wagte wieder zu atmen. Natürlich: Die Wache griff nur dann sofort ein, wenn sie hoffen konnte, einen problemlosen Sieg zu erringen – andernfalls hielt sie sich zunächst zurück. Der Job stellte eine Rente in Aussicht und weckte in erster Linie das Interesse von vorsichtigen, zurückhaltenden Männern.
Der Feldwebel musterte Rincewind und wandte sich dann interessiert an Zweiblum.
»Ist hier alles in Ordnung?« fragte er.
»Oh, bestens«, erwiderte Rincewind. »Du bist unterwegs aufgehalten worden, nicht wahr?«
Der Feldwebel beachtete ihn nicht und deutete auf Zweiblum. »Der Fremde, habe ich recht?«
»Wir wollten gerade aufbrechen«, beeilte sich Rincewind zu sagen und fügte auf Trob hinzu: »Ich glaube, wir sollten das
Weitere Kostenlose Bücher