Die Farben der Magie
nich ganz«, sagte er fest und beobachtete, wie sich die Welt um ihn herum drehte. »Magie, ja. Magie verschtehe ich.«
Zweiblum lächelte. »Magie ist eine Sache, Widerhallendes-Geräusch-wie-vonunterirdischen-Geistern eine ganz andere.«
»Hä?«
»Was?«
»Dieses schonderbare Wort, dasch du gerade benutzt hascht«, meinte Rincewind ungeduldig.
» Widerhallendes-Geräusch-wie-von-unterirdischen-Geistern?«
»Hab's noch nie zuvor gehört.«
Zweiblum versuchte es zu erklären.
Rincewind versuchte es zu verstehen.
E inen ganzen Nachmittag lang wanderten sie durch die drehwärtigen Stadtviertel am Ufer. Zweiblum ging voraus, und an einem Riemen baumelte ihm der seltsame Bildkasten um den Hals. Rincewind wankte ihm nach, wimmerte manchmal und tastete sich gelegentlich nach dem Kopf, um festzustellen, ob er ihm noch immer auf den Schultern saß.
Eine rasch größer werdende Schar folgte ihnen. In Ankh-Morpork gehörten Hinrichtungen, Duelle, Kämpfe, magische Fehden und ungewöhnliche Ereignisse zur täglichen Gewohnheit, und deshalb hatten die Bewohner den Beruf des interessierten Zuschauers bis zur Vollendung entwickelt. Sie alle waren außerordentlich begabte Gaffer. Zweiblum fertigte immer wieder Bilder von Leuten an, die, wie er meinte, ›typischen Beschäftigungen‹ nachgingen, und da anschließend ein Viertel rhinu den Besitzer wechselte – ›für die Mühe‹ der Ikonographierten –, zog er bald einen langen Schweif aus Neureichen hinter sich her. Die meisten von ihnen hofften vermutlich, daß der Verrückte irgendwann in einem Goldregen explodierte.
Vor dem Tempel des Siebenhändigen Sek fand eine hastig einberufene Versammlung von Priestern und rituellen Herzverpflanzern statt; alle Teilnehmer vertraten die Ansicht, die hundert Spannen hohe Statue des Gottes Sek sei viel zu heilig, als daß ein magisches Bild angefertigt werden dürfe. Zwei Rhinu sorgten dafür, daß sie ihre Meinung änderten und zu dem Schluß gelangten, daß Er vielleicht doch nicht so heilig war.
Ein längerer Aufenthalt in verschiedenen Bordellen hatten zahlreiche bunte und lehrreiche Bilder zur Folge. Rincewind steckte mehrere davon ein, um sie später allein und in aller Ruhe zu betrachten. Als der Nebel hinter seiner Stirn zerfaserte, fragte er sich ernsthaft nach der Funktionsweise des Ikonographen.
Sogar ein gescheiterter Zauberer wußte, daß lichtempfindliche Substanzen existierten. Waren die Glasplatten auf eine geheimnisvolle Weise behandelt worden, um das eingefangene Licht festzuhalten? Vielleicht. Rincewind vermutete häufig, daß es irgendwo Dinge gab, die besser waren als Magie, doch wenn er danach suchte, mußte er immer wieder Enttäuschungen hinnehmen.
Bald nutzte er jede Gelegenheit, um mit dem schwarzen Kasten Bilder anzufertigen. Zweiblum freute sich darüber, denn es ermöglichte ihm, in den eigenen Aufnahmen zu erscheinen. Es dauerte nicht lange, bis Rincewind eine seltsame Feststellung machte. Der Besitzer des Kastens bekam eine eigentümliche Macht: Wer sich mit dem hypnotischen Glasauge konfrontiert sah, gehorchte selbst den gebieterischsten Befehlen in Hinsicht auf Haltung und Gesichtsausdruck.
Während der Zauberer auf dem Platz der Gebrochenen Monde seiner neuen ikonographischen Leidenschaft frönte, schlug das Unheil zu.
Zweiblum posierte neben einem verwirrten Talismanverkäufer; und die Schar seiner Bewunderer stand in der Nähe, beobachtete ihn interessiert und wartete darauf, daß er etwas Verrücktes anstellte.
Rincewind ging für den richtigen Aufnahmewinkel in die Hocke und betätigte den magischen Hebel.
»Hat keinen Zweck«, sagte der Kasten. »Mir ist das Rosa ausgegangen.«
Direkt vor Rincewinds Augen öffnete sich eine bis dahin verborgene Klappe. Eine kleine grüne und schrecklich warzige Gestalt beugte sich daraus hervor und deutete auf die verschmierte Palette in ihrer Klauenhand.
»Kein Rosa mehr, siehst du?« kreischte der Homunkulus. »Es hat überhaupt keinen Sinn, daß du den Hebel betätigst, wenn kein Rosa mehr da ist, klar? Wenn du Wert auf Rosa legst, hättest du nicht die vielen jungen Frauen ikonographieren sollen, kapiert? Von jetzt an mußt du dich mit Schwarzweiß-Aufnahmen begnügen, verstanden?«
»Ja, sicher, schon gut«, erwiderte Rincewind. In einer dunklen Ecke des Kastens glaubte er, eine Staffelei und ein ungemachtes Bett zu erkennen. Der Zauberer hoffte, daß ihm die Augen einen Streich spielten.
»Farbe kannst du dir abschminken«, betonte der
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