Die Farben der Magie
schlug er vor.
E ine interessante Nebenwirkung des Feuers in Ankh-Morpork betrifft die Fähr-sicher-ungs-Polließ. Sie verließ die Stadt durch das zerstörte Dach der Gebrochenen Trommel, wurde vom Aufwind weit nach oben getragen, um einige Tage später und mehrere tausend Meilen entfernt eine BinTrobi-Insel zu erreichen, wo sie auf einem Uloruaha-Strauch landete. Die einfachen, glücklichen Inselbewohner verehrten sie als Gott, sehr zur Erheiterung ihrer kultivierteren Nachbarn. Seltsamerweise kam es in den nächsten Jahren zu ausgiebigen Regenfällen und guten Ernten, was die Fakultät für Unbedeutende Religionen an der Unsichtbaren Universität dazu veranlaßte, eine Forschungsgruppe zu entsenden. Ihr Untersuchungsergebnis lautete: Da sieht man's mal wieder.
D as vom Wind geschürte Feuer breitete sich schneller aus, als ein Mann laufen konnte. Die große Holzpforte des entgegengesetzten Tors brannte bereits, als Rincewind – in seinem Gesicht zeigten sich erste rote Blasen – dort eintraf. Inzwischen saßen er und Zweiblum auf Pferden. Es war ihnen nicht sehr schwer gefallen, sich Reittiere zu besorgen. Ein listiger Händler hatte einen fünfzigmal höheren Preis verlangt und riß die Augen auf, als man ihm das Tausendfache in die Hand drückte. Sie ritten durch das Tor, bevor die ersten großen Balken in einem Wirbelsturm aus Funken herabfielen. Morpork war bereits ein einziges Flammenmeer.
Als sie über die vom orangefarbenen Widerschein erhellte Straße galoppierten, drehte Rincewind den Kopf zu seinem Gefährten um, der gerade versuchte, das Reiten zu lernen.
Potzblitz! fuhr es ihm durch den Sinn. Er lebt noch. Und ich auch. Wer hätte das gedacht? Vielleicht ist wirklich etwas dran an jener Widerhallendes Geräusch-wie-von-unterirdischen-Geistern Magie … Eine ziemlich mühselige Bezeichnung, fand er. Rincewind versuchte, das Wort in Zweiblums Muttersprache zu formulieren, ohne sich dabei die Zunge zu verrenken.
»Ökolügnie?« sagte er vorsichtig. »Ökro-gnotie? Ökonognomie?« Er nickte zufrieden. Ja, das klang richtig.
E inige hundert Meter flußabwärts vom letzten brennenden Vorort schwamm ein seltsam kantiges und ziemlich nasses Objekt zum entgegengesetzten Ufer. Dort wuchsen ihm zahlreiche Beine, mit denen es nach Halt suchte.
Die Truhe – sie war rußverschmiert, an einigen Stellen angesengt und sehr, sehr zornig – kroch die Böschung hinauf, schüttelte Wasser ab und orientierte sich. Dann trabte sie los. Auf ihrem Deckel saß ein überaus häßlicher kleiner Kobold und beobachtete die Umgebung mit großem Interesse.
B ravd sah Schleicher an und hob die Brauen.
»Das ist alles«, sagte Rincewind. »Die Truhe hat uns gefunden, aber fragt mich jetzt bloß nicht, wie ihr das gelungen ist. Habt ihr noch Wein?«
Schleicher deutete auf die leeren Flaschen.
»Ich glaube, für heute abend hast du genug getrunken«, erwiderte er. Bravd runzelte die Stirn.
»Gold ist Gold«, brummte er schließlich. »Wie kann jemand mit viel Gold glauben, arm zu sein? Entweder ist man arm oder reich. So verlangt es die Logik.«
Rincewind rülpste leise. Derzeit hatte er mit der Logik einige Schwierigkeiten. »Nun«, sagte er, »ich glaube äh, ich meine äh, worauf ich hinauswill, äh… Kennt ihr Oktiron?«
Die beiden Abenteurer nickten. In den Ländern am Runden Meer war dieses seltsam schimmernde Metall fast ebenso geschätzt – und selten – wie intelligentes Birnbaumholz. Wer eine Nadel aus Oktiron besaß, verirrte sich nie, denn sie reagierte auf das magische Kraftfeld der Scheibenwelt und zeigte deshalb immer zur Mitte. Darüber hinaus stopfte sie ihrem Eigentümer auf wundersame Weise die Socken.
»Nun, ich meine, wißt ihr, äh, auch Gold hat eine Art magisches Kraftfeld. So etwas wie finanzielle Zauberei. Ökonognomie.« Rincewind lachte.
Schleicher stand auf und streckte sich. Die Sonne war bereits ein ganzes Stück über den Horizont geklettert; Rauchschwaden und Wolken aus schmutzigem Wasserdampf umhüllten die Stadt im Tal. Dort gibt's Gold, dachte Bravds Gefährte. Selbst ein Bürger von Morpork läßt seine Schätze zurück, wenn er sich vom Tod unmittelbar bedroht sieht. Wird Zeit, daß wir aufbrechen.
Der kleine Mann namens Zweiblum schien zu schlafen. Schleicher sah auf ihn hinab und schüttelte den Kopf.
»Die Stadt wartet auf uns«, sagte er. »Danke für die interessante Geschichte, Zauberer. Was hast du jetzt vor?« Schleicher blickte zur Truhe, die sofort zurückwich
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