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Die Farben der Magie

Die Farben der Magie

Titel: Die Farben der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Trommel.

    D ie Kurze Straße in Morpork gehört zu den längsten der ganzen Stadt. Die Filigranstraße grenzt auf die gleiche Weise an ihr drehwärtiges Ende wie der Querbalken an ein T, und von der Gebrochenen Trommel aus kann man ihre volle Länge überblicken.
    Am Ende der Kurzen Straße erhob sich ein dunkles Rechteck auf Hunderten von kleinen Beinen und lief los. Zuerst wankte es schwerfällig übers Pflaster, doch als es die halbe Strecke zurückgelegt hatte, war es bereits pfeilschnell…
    Ein dunklerer Schatten schob sich langsam an der Tavernenmauer entlang, nur einige Meter von den beiden Trollen entfernt, die den Eingang bewachten. Rincewind schwitzte. Wenn sie das leise Klirren der speziell vorbereiteten Goldbeutel an seinem Gürtel hörten…
    Einer der Trolle klopfte seinem Kollegen auf die Schulter – es hörte sich an, als stießen zwei Kieselsteine aneinander. Er deutete über die vom Sternenschimmern erhellte Straße…
    Rincewind sprang vor, drehte sich um und warf seine Last durchs nächste Fenster.
Withel sah ihn kommen. Der Beutel flog in einem weiten Bogen durchs Zimmer, drehte sich langsam um die eigene Achse und prallte an eine Tischkante. Einen Sekundenbruchteil später rollte glitzerndes Gold über den Boden.
    Es war plötzlich mucksmäuschenstill im Raum, abgesehen vom leisen Klimpern der Goldmünzen und dem Stöhnen der Verwundeten. Withel stieß einen Fluch aus und tötete den Meuchelmörder, gegen den er gekämpft hatte. »Das ist ein Trick!« rief er. »Bleibt, wo ihr seid!«
    Dutzende von Männern und mehrere Trolle erstarrten, die Hände und Pranken zum Zustechen und Zuschlagen erhoben.
    Zum dritten Mal innerhalb kurzer Zeit flog die Tür auf. Zwei Trolle eilten herein, schlossen den Zugang wieder, schoben dicke Riegel vor und flohen die Treppe hinunter.
    Draußen wurde das Geräusch hastiger Schritte immer lauter. Zum vierten und letzten Mal öffnete sich die Tür. Das heißt: Sie explodierte regelrecht. Einer der dicken Riegel segelte durchs Zimmer, und die anderen zerbarsten. Die Angeln gaben nach, und der Rahmen löste sich aus dem Mauerwerk. Eine große Truhe schüttelte mehrere Trümmerstücke ab.
    Hinter ihr erschien Rincewind in der Öffnung und schleuderte eine seiner Goldgranaten. Sie zerplatzte an der Wand, und es regnete Münzen.

    U nten im Keller sah Breitmann auf, brummte leise vor sich hin und setzte seine Arbeit fort. Ein ganzer Spindelwinter-Vorrat an Kerzen lag bereits auf dem Boden und leistete sehr trockenem Feuerholz Gesellschaft. Jetzt nahm sich der Wirt ein Faß mit Lampenöl vor.
    »Fähr-sicher-ungen«, murmelte er. Öl gluckerte und bildete eine große Lache zu seinen Füßen.
Withel stürmte zornig durch den Raum. Rincewind zielte sorgfältig und traf den Dieb mit einem Goldbeutel an der Brust.
    Ymor rief etwas und richtete einen anklagenden Zeigefinger auf den Zauberer. Einer der Raben verließ seinen Platz unter den Dachsparren, flog auf Rincewind zu und streckte die langen Krallen aus.
    Doch er erreichte sein Ziel nicht. Als ihn nur noch wenige Meter von dem Zauberer trennten, sprang die Truhe aus dem Schutthaufen, öffnete mitten in der Luft den Deckel, schnappte nach dem Vogel und schloß die Klappe wieder.
    Die Kiste landete erstaunlich weich und leise. Rincewind beobachtete, wie sich der Deckel erneut nach oben neigte, nur um einige wenige Zentimeter, und darunter… Eine palmwedelgroße mahagonirote Zunge leckte nach einigen Federn.
    Im gleichen Augenblick fiel der Kerzenleuchter von der Decke, und daraufhin wurde es dunkel im Zimmer. Rincewind spannte die Muskeln, sprang aus dem Stand, griff nach einem Balken und zog sich mit einer ihn selbst verblüffenden Kraft zur relativen Sicherheit des Daches hoch.
    »Aufregend, nicht wahr?« ertönte eine Stimme neben ihm.
    Unten begriffen Diebe, Meuchelmörder, Trolle, Kaufleute und Händler, daß sie sich in einem Raum befanden, in dem man auf Goldmünzen ausrutschen konnte – und der, abgesehen von einigen bedrohlich wirkenden Schatten, etwas überaus Grauenhaftes enthielt. Alle versuchten gleichzeitig, nach draußen zu fliehen, doch niemand schien sich an die genaue Lage der Tür zu erinnern.
    Hoch über dem Chaos drehte Rincewind den Kopf und sah Zweiblum an.
    »Hast du den Kerzenleuchter hinabfallen lassen?« flüsterte er. »Ja.«
    »Warum bist du hier?«
    »Um den anderen dort unten nicht im Weg zu sein.«
Rincewind dachte darüber nach, doch ihm fiel keine passende Antwort ein. »Eine echte

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