Die Farben der Magie
schüttelte heftig den Kopf. »Ich erzähle dir später alles.«
»Dann solltest du dir ein gutes Medium besorgen«, entgegnete Hrun scharf. Er beobachtete Liartes, der sich langsam näherte.
»Bitte hör mir zu. Solange mein Bruder bewußtlos ist, kann sein Drache nicht existieren, da ihm die Möglichkeit fehlt, in die hiesige Realität…«
»Lauf!« rief Hrun. Er stieß die junge Frau fort und warf sich zu Boden, als Liartes Drache vorbeirauschte und einen weiteren schwarzen Streifen auf der Wiese hinterließ.
Als das Wesen an Höhe gewann, um mit einem zweiten Angriff zu beginnen, sprang der Barbar auf und stürmte zum Wald am Rand der Grasarena. Eigentlich handelte es sich um kaum mehr als eine breite und hohe Hecke, aber wenigstens konnte dort kein Drache fliegen.
Das Schuppenwesen versuchte es auch gar nicht. Liartes landete einige Meter entfernt im Gras und stieg lässig ab. Der Drache faltete die Flügel zusammen und beschnupperte das Dickicht, während sein Herr an einem Baum lehnte und leise vor sich hin pfiff.
»Ich verbrenne dich«, drohte Liartes nach einer Weile.
Die Büsche rührten sich nicht.
»Versteckst du dich vielleicht hinter der Stechpalme?«
Die entsprechende Pflanze ging in Flammen auf.
»Ich glaube, in den Farnen hat sich etwas bewegt.«
Die Farnkräuter verwandelten sich in weiße Asche.
»Du zögerst das Unvermeidliche nur hinaus, Barbar. Warum gibst du nicht auf? Ich habe viele Leute verbrannt – es tut überhaupt nicht weh.« Liartes behielt weiterhin die Sträucher im Auge.
Der Drache schob sich behutsam durch das Gestrüpp und verbrannte jeden verdächtig wirkenden Strauch. Liartes zog sein Schwert und wartete.
Hrun ließ sich von einem Baum fallen und lief bereits, als er landete. Hinter ihm brüllte der Drache und zerstampfte einige Büsche, während er sich umzudrehen versuchte. Aber Hrun war schneller und jagte heran, den Blick auf Liartes gerichtet, in der rechten Hand einen dicken Ast.
Es ist eine wenig bekannte, aber trotzdem wahre Tatsache, daß zweibeinige Geschöpfe auf kurzen Strecken schneller sind als vierbeinige. Der Grund: Ein Vierfüßer braucht gewisse Zeit, um die Beine zu sortieren. Hinter sich hörte Hrun das Kratzen von Klauen und ein unheilvolles Pochen – der Drache hatte die Schwingen ausgebreitet und versuchte zu fliegen.
Als Hrun seinen Gegner erreichte, hob Liartes das Schwert, doch die Klinge bohrte sich nur in den Ast. Einen Sekundenbruchteil später prallte der Barbar gegen ihn, und beide Männer stürzten zu Boden. Der Drache fauchte.
Liartes schrie, als Hrun das Knie mit anatomischer Genauigkeit hochriß, aber es gelang ihm trotzdem, mit der Faust auszuholen. Er traf die Nase des Barbaren, die daraufhin brach – sie war bereits daran gewöhnt.
Hrun rollte sich ab, stand auf und blickte in das wütende pferdeartige Gesicht des Ungeheuers, das gerade tief Luft holte, um…
Liartes stemmte sich in die Höhe, und Hrun trat ihm an den Kopf. Der Mann sackte in sich zusammen.
Der Drache verschwand. Eine Flamme züngelte Hrun entgegen, aber sie verblaßte unterwegs und erreichte den Barbaren als warme Luft. Dann war nur noch das Knistern abkühlender Asche zu hören.
Hrun warf sich den bewußtlosen Drachenlord über die Schulter und kehrte zur Arena zurück. Auf halbem Wege dorthin begegnete er Lio!rt, der reglos auf dem Boden lag, das eine Bein seltsam krumm. Er bückte sich und brummte, als er sich den zweiten Bruder auf die andere Schulter legte.
Liessa und der Verwalter des Wissens warteten auf einem Podium am Ende der Wiese. Die junge Frau hatte sich inzwischen wieder gefaßt und musterte Hrun gelassen, als er die beiden Männer auf die Stufen vor ihr sinken ließ. Die Leute in ihrer Nähe nahmen respektvolle Haltungen ein und wirkten wie ein Hofstaat.
»Töte sie!« befahl Liessa.
»Ich töte sie, wenn ich es für notwendig halte«, erwiderte Hrun. »Außerdem ist es nicht richtig, Bewußtlose umzubringen.«
»Ich könnte mir keine bessere Gelegenheit denken«, meinte der Verwalter des Wissens.
Liessa schnaubte leise. »Dann verbanne ich sie. Wenn sie den Wyrmberg verlassen haben und seine Magie nicht mehr nutzen können, verlieren sie ihre Macht. Dann sind sie nur mehr Räuber. Zufrieden?«
»Ja?«
»Es überrascht mich, daß du so gnädig bist, Bar… Hrun.«
Hrun hob die Schultern. »Ein Mann in meiner Stellung kann gar nicht anders, weil er auf seinen Ruf achten muß.« Er sah sich um. »Und die nächste Prüfung?«
»Ich warne dich – sie
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