Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Farben der Magie

Die Farben der Magie

Titel: Die Farben der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
gesehen hatte. Hinzu kamen Schüsseln und Teller mit überaus seltsamen kulinarischen Kreationen. Er streckte die Hand aus und griff vorsichtig nach einer purpurnen Frucht mit einer Kruste aus grünen Kristallen.
    »Kandierter Seeigel«, erklang eine krächzende fröhliche Stimme hinter ihm. »Eine wahre Delikatesse.«
    Rincewind ließ den angeblichen Leckerbissen fallen und drehte sich um. Ein alter Mann stand nun neben den langen Vorhängen. Er war groß und hager, und im Vergleich zu den anderen Gesichtern, die der Zauberer unterwegs betrachtet hatte, wirkte er fast freundlich und gutmütig.
    »Das Püree aus Seegurken ist ebenfalls köstlich«, sagte der Fremde im Plauderton. »Die kleinen grünen Brocken dort sind junge Seesterne.«
    »Danke für den Hinweis«, brachte Rincewind hervor.
»Schmecken wirklich ausgezeichnet«, meinte Zweiblum mit vollem Mund. »Magst du keine Meeresfrüchte?«
    »Kommt darauf an«, erwiderte Rincewind. »Was ist mit diesem Wein? Besteht er aus zerdrückten Tintenfischaugen?«
    »Aus Seetrauben«, erklärte der Alte.
»Großartig.« Rincewind trank einen Schluck. »Gar nicht übel. Nur ein bißchen salzig.«
    »Seetrauben sind kleine Quallen«, erklärte der Fremde. »Ich glaube, ich sollte mich jetzt vorstellen. Warum haben sich die Wangen deines Freunds verfärbt?«
    »Kulturschock, nehme ich an«, sagte Zweiblum. »Welchen Namen hast du genannt?«
    »Noch gar keinen. Ich bin Garhartra, der Gästemeister. Meine Aufgabe besteht darin, euren hiesigen Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten.« Er verbeugte sich. »Eure Wünsche sind mir Befehl.« Zweiblum nahm auf einem verzierten Perlmutt-Stuhl Platz, in der einen Hand ein Glas mit öligem Wein, in der anderen einen kandierten Tintenfisch. Er runzelte die Stirn.
    »Offenbar habe ich irgend etwas nicht richtig verstanden«, murmelte er. »Zuerst hieß es, wir sollten versklavt werden…«
    »Das ist nicht nur eine Lüge, sondern auch die Unwahrheit!« empörte sich Garhartra.
»Frei erfunden?« hoffte Zweiblum.
    »Um nicht zu sagen: falsch erdichtet.«
    Rincewind setzte sich unterdessen ans andere Ende des Tisches. »Sind diese Kekse aus etwas wirklich Ekligem?« fragte er.
»…und dann rettete man uns unter hohen magischen Kosten…«
    »Aus gepreßten Algen gebacken«, erläuterte der Gästemeister. »… und dann werden wir bedroht, ebenfalls mit beträchtlichem magischen Aufwand…«
    »Ja, Algen, dachte ich mir schon.« Rincewind nickte. »Bestimmt schmecken sie so, wie Algen schmecken würden, wenn jemand masochistisch genug wäre, sie zu probieren.«
    »… und dann haben uns Wächter durch die Stadt geführt und in diesen Raum geworfen…«
    »Sanft geschoben«, berichtigte Garhartra.
    »…der sich unmittelbar darauf als bemerkenswert luxuriös eingerichtetes Zimmer erwies«, fuhr Zweiblum fort. »Hier finden wir erlesene Speisen und begegnen einem Mann, der sich ganz der Aufgabe widmen will, alle unsere Wünsche zu erfüllen. Was mich an der ganzen Sache wundert, ist ein auffallender Mangel an konsequenter Logik.«
    »In der Tat«, brummte Rincewind. »Er meint folgendes: Dürfen wir bald wieder allgemeine Unfreundlichkeit von euch erwarten? Ist dies nur die Mittagspause?«
    Garhartra gestikulierte beschwichtigend.
    »Bitte, bitte«, entgegnete er. »Es war nur wichtig, euch so schnell wie möglich an diesen Ort zu bringen. Es liegt uns fern, euch zu versklaven. In dieser Hinsicht habt ihr überhaupt nichts zu befürchten.«
    »Gut«, sagte Rincewind zufrieden.
»Man wird euch nur opfern«, fügte Garhartra gelassen hinzu. »Opfern?« entfuhr es dem Zauberer. »Ihr wollt uns töten?«
    »Töten? Ja, natürlich. Gewiß! Ohne euren Tod könnte von einer richtigen Opferung wohl kaum die Rede sein, oder? Aber seid unbesorgt. Der Vorgang wird vergleichsweise schmerzlos sein.«
    »Vergleichsweise?« wiederholte Rincewind. »Im Vergleich womit?« Er griff nach einer großen grünen Flasche mit Quallenwein und warf sie nach dem Gästemeister, der die Hand hob, um sich zu schützen.
    Eine oktarine Flamme knisterte von Garhartras Fingern, und die Luft gewann plötzlich jene dichte schmierige Qualität, die auf eine starke magische Entladung hindeutete. Die Flasche wurde langsamer, verharrte etwa zwei Meter über dem Boden und drehte sich träge um die eigene Achse.
    Gleichzeitig fühlte sich Rincewind von einer unsichtbaren Kraft gepackt, die ihn durch das Zimmer schleuderte und in halber Höhe an die gegenüberliegende

Weitere Kostenlose Bücher