Die Farben der Sehnsucht
scheinen würde, war Alix vernünftig genug, ein weißes Zelt zu mieten. Immerhin bestand die Möglichkeit, scherzte sie, dass jemand anders mit einem guten Draht zum lieben Gott um Regen gebetet hatte, um seine Pflanzen zu wässern und die Ernte zu sichern.
„Hi“, sagte Alix, als sie zu Jordan in den Wagen stieg.
„Selber hi.“ Er beugte sich zu ihr herüber und gab ihr einen kleinen Kuss.
Wie sie selbst, wirkte auch Jordan seit ihrer Auseinandersetzung viel gelöster.
„Grandma ist aufgeregt, weil wir zur Besuch kommen“, sagte er, warf einen Blick in den Seitenspiegel und fädelte sich in den Verkehr auf der Blossom Street ein.
„Du hast ihr nicht erzählt, dass wir im Garten arbeiten wollen, oder?“ Alix fürchtete, dass Grandma Turner selbst die Beete umgraben würde, wenn sie ihre Absichten schon im Vorfeld kannte.
„Ich habe kein Wort gesagt.“ Jordan fuhr in Richtung Autobahn.
„Gut.“ Alix lehnte ihren Kopf an die Nackenstütze und schloss die Augen. Seit drei Uhr morgens war sie wach und stellte sich immer und immer wieder dieselben Fragen. Sie hatte versucht, sie zu ignorieren – vor allem die Fragen, die seine Mutter betrafen. „Ich liebe dich, Jordan“, sagte sie mit noch immer geschlossenen Augen.
„Gibt es dafür einen besonderen Grund?“,fragte er schmunzelnd.
„Es gibt viele Gründe. Vor allem liebe ich dich dafür, dass du mich genug liebst, um die große Hochzeitsfeier abzusagen.“
„Ach. Das.“ Unwillkürlich hatte er die Stimme gesenkt.
Alix schlug die Augen auf, um ihn anzusehen. „So schlimm?“, fragte sie und biss sich auf die Unterlippe. Es war sicherlich für seine ganze Familie nicht leicht gewesen. Susan war diejenige, die an vorderster Front stand – sie musste sich den neugierigen Fragen der Verwandten und Freunde stellen. Außerdem musste sie sich darum kümmern, die Bestellungen, Abmachungen und Termine abzusagen, denn in den meisten Fällen war sie die Ansprechpartnerin gewesen.
„Mom wird es überleben“, versicherte Jordan.
„Hasst sie mich?“
„Alix, natürlich nicht! Sie versteht es.“
Seine Worte brachten sie unwillkürlich zum Lächeln. Das, was Alix bei ihrem Treffen in der vergangenen Woche gelernt hatte, war, dass Susan sie ganz sicher nicht verstand.
Als sie Grandma Turners Haus am Star Lake erreichten, brachen sich die Sonnenstrahlen glitzernd auf der Wasseroberfläche des Sees. Der Nachmittag war schöner, als Alix zu hoffen gewagt hätte. Nachdem sie die beiden begrüßt hatte, bestand Jordans Großmutter darauf, ihnen am See einen Eistee zu servieren.
„Ich habe mir überlegt, dass ich – wenn ich schon mal hier bin – gleich mal den Rasen mähen könnte“, sagte Jordan.
„Das musst du nicht. Alle zwei Wochen kommt ein Gärtner vorbei. Ich habe bereits gefragt, ob er vor eurer Hochzeit noch einmal zusätzlich kommen kann.“
„Grandma, wir möchten nicht, dass du das tust“, sagte Alix. „Wir wollen das selbst erledigen.“
„Unsinn“, erwiderte sie und wischte ihr Angebot mit einer Handbewegung beiseite. „Den Rasen mähen zu lassen ist das Geringste, was ich für euch tun kann.“ Sie forderte Alix und Jordan auf, noch mehr von den Haferflockenkeksen zu essen, die sie zusammen mit dem Eistee gebracht hatte. „Ich kann euch gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass ihr eure Hochzeit hier feiern wollt.“ Wehmütig ließ sie ihren Blick über den See schweifen. „Ich habe dieses Haus immer geliebt. Es wird ganz wundervoll, all meine Kinder und Enkelkinder um mich zu haben.“
„Wir freuen uns auch“, sagte Jordan und ergriff Alix’ Hand.
Jordan hatte Alix schon von seinen Besuchen bei seiner Großmutter am See erzählt. Doch sie hatte keine Ahnung gehabt, wie seh r er das Haus liebte – bis sie vorgeschlagen hatte, die Hochzeit genau hier zu feiern. Seine Miene hatte sich aufgehellt, und freudestrahlend hatte er ihr zugestimmt, dass es der perfekte Ort, die perfekte Lösung war.
So nahe am See konnte Alix eine leichte Brise auf ihrer Haut spüren. Sie stellte ihr Glas mit Eistee auf den runden Tisch und sah, wie Jordans Großmutter über die Schulter blickte.
„Jordan, würdest du mir vielleicht meine Strickjacke bringen?“, fragte Sarah. „Sie hängt am Haken in der Küche.“
Alix nickte Jordan zu, und statt zum Haus zu gehen, lief er zum Wagen und kehrte mit einer weißen Schachtel zurück, um die eine rote Schleife gebunden war.
„Was ist das?“, fragte Grandma Turner, als er vor ihr
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