Die Farben der Sehnsucht
Im port s gesprochen hatte. Eigentlich hatte sie sich die größte Mühe gegeben, jeden Kontakt zu ihren früheren Kollegen und Freunden zu vermeiden. Doch all das zählte in diesem Moment nicht.
Elizabeth deutete in Richtung Eingangshalle. „Dort steht das Telefon.“ Zum ersten Mal seit Colettes Ankunft blitzte in der Miene der alten Dame wieder so etwas wie Hoffnung auf – als wäre Colette in der Lage, etwas herauszufinden, was alle anderen übersehen hatten.
Colette fand das Telefon und schaltete das Licht in der Eingangshalle ein. Sie musste die Nummer und die Durchwahl nicht suchen. Auch nach all den Monaten war ihr die Telefonnummer so vertraut wie ihre eigene.
Es klingelte zweimal. „Jenny Hilton.“
„Jenny, hier spricht Colette Blake.“
„Colette! Oh mein Gott, Colette!“ Jenny war mehr als überrascht. „Was ist passiert ? Es war, als wärst du vom Erdboden verschluckt worden. Jeder hat nach dir gefragt, und ich wusste nicht, was ich ihnen erzählen sollte.“
„Ich habe einen anderen Job angenommen“, sagte Colette. Sie wollte die Erklärungen so kurz wie möglich halten.
„Hast du das von Mr. Dempsey gehört?“ Bevor Colette et was erwidern konnte, fuhr Jenny fort: „Er ist irgendwo in China. Jedenfalls glauben wir das – niemand weiß es genau. Im Augenblick herrscht hier das reinste Chaos.“
„Ich habe davon gehört“, entgegnete Colette und hoffte, dass Jenny ihr mehr erzählen würde. „Was kannst du mir sagen?“
„Nicht viel“, murmelte Jenny. „Sein Assistent hat geschlagene drei Tage am Telefon verbracht. Offenbar will Mr. Dempseys Vater nach China reisen, um auf eigene Faust nach ihm zu suchen. Soweit ich verstanden habe, war Mr. Dempsey auf einer seiner üblichen Geschäftsreisen nach Zhongshan, wie schon Dutzende Male zuvor.“
„Noch etwas?“
„Nur, dass niemand etwas von ihm gehört hat – weder hier noch in China. Meistens ist es für Touristen nicht gefährlich, durch China zu reisen … Seltsam ist, dass wir annahmen, er würde eine Lieferfirma in Zhongshan besuchen – doch in ebendieser Firma wusste man gar nichts von seinem Kommen.“
„Sie haben ihn also nicht erwartet?“, fragte sie verwirrt.
„Richtig. Aber wi r haben gedacht, dass er dort ist. Mr. Dempseys Vater hat seine Flugpläne gecheckt und festgestellt, dass er in Peking gelandet ist. Allerdings hatte er keinen Anschlussflug nach Zhongshan gebucht.“
Wenn Colette zuvor Angst gehabt hatte, dann war das kein Vergleich mit den Empfindungen, die sie jetzt durchströmten.
Wo auch immer Christian in China steckte – sie musste annehmen, dass sein Verschwinden etwas mit den Schwierigkeiten zu tun hatte, in denen er sich befand. Si e hatte ihn angefleht, sich aus den illegalen Geschäften zurückzuziehen. Denn sie wusste, dass sie beide keine gemeinsame Zukunft hatten, wenn er es nicht tat. Colette hatte begonnen zu glauben, dass er ihren Rat befolgen wollte. Er hatte versucht , sich aus den Geschäften zurückzuziehen – also war sein Verschwinden ihre Schuld. Er hatte es für sie getan …
Colette biss sich auf die Unterlippe.
Christian war tiefer in die Angelegenheit verwickelt gewesen, als er selbst geglaubt hatte. Und jetzt saß er in der Falle. Die Männer, die in solche Art von Operationen verstrickt waren, zeichneten sich nicht gerade durch ihre Nachsichtigkeit aus. Vielleicht war es schon zu spät gewesen, um auszusteigen. Oder vielleicht hatte Christian schon zu viel gewusst. Das schien die einzig logische Erklärung zu sein.
„Es ist seltsam“, sagte Jenny.
„Was meinst du?“, fragte Colette. „ Was ist seltsam?“
„In den letzten Tagen hat es hier von Regierungsbeamten nur so gewimmelt.“
Colette schloss die Augen und schluckte schwer. „Hast du eine Ahnung, wonach sie suchen?“ Plötzlich kam ihr ein anderer Verdacht … Möglicherweise wollte Christian nicht gefunden werden. Möglicherweise war sein Verschwinden Teil eines ausgeklügelten Planes, um der Strafverfolgung in den Vereinigten Staaten zu entgehen. Das erschien logisch, und doch wollte Colette es nicht akzeptieren. Er hatte ihr gesagt, dass er zurückkommen würde, und hatte sie gebeten, auf ihn zu warten. Das hätte er niemals getan, wenn er geplant hätte zu verschwinden.
Jenny seufzte. „Die Agenten haben mit einigen Mitarbeitern gesprochen. Aber mit niemandem, den ich besonders gut kenne – sonst hätte ich gefragt, worum es geht. Wie du dir vorstellen kannst, herrscht im Büro große
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