Die Farben der Sehnsucht
schwankte zwischen Mitleid und Wut. Hilflos dachte ich darüber nach, Brad zu Matt zu schicken, um mit ihm zu reden. Die beiden verstanden sich gut, und ich hoffte, dass mein Schwager wusste, wie wir mit der Situation umgehen sollten. Oder sollte ich selbst mit Matt sprechen?
„Was ich ihr zu sagen hatte, fand sie überhaupt nicht gut“, sagte Alix. „Ich meinte, dass es ihr bestimmt nicht hilft, wenn man Danny zusammenschlägt und ihm ein Bein oder irgendetwas anderes bricht.“
Nein, das zu hören, hatte Margaret ganz sicher nicht gefallen.
„Ich sagte, dass Danny Chesterfield ein verabscheuungswürdiger Mensch ist, der es ganz sicher verdient hat, ins Gefängnis zu wandern. Aber ich habe auch gesagt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis er dort landet. Wenn nicht für das, was er Julia angetan hat, dann eben für ein ande res Verbrechen. Es ist furchtbar, dass jemand anders leiden wird – und ich fühle mich grauenvoll deswegen.“
Da war Alix nicht die Einzige. Margaret hatte sich tagelang lautstark darüber ereifert – bis ich geglaubt hatte, schreien zu müssen.
„So hart es klingen mag – ich habe ihr nahegelegt, dem widerlichen Kerl zu verzeihen“, sagte Alix. „Auch ich musste meiner Mutter vergeben. Lange Zeit war ich wütend auf sie, weil sie mir nie die Mutter war, die ich gebraucht hätte. Ihre Drogen- und Alkoholabhängigkeit machten meine Kindheit … schwierig. Ich weiß, dass sie nur das Produkt ihrer eigenen Schwäche und ihres Lebenshintergrundes war. Aber ihre Probleme könnten mich mein ganzes Leben lang runterziehen, wenn ich es zulassen würde.“ Ein Lächeln huschte über Alix’ Gesicht. „Doch stattdessen folgte ich Jordans Vorschlag und … habe ihr verziehen. “
Meine Bewunderung für Alix, die sowieso schon groß war, wuchs noch mehr. Ich wollte ihr das sagen, doch der Kloß in meinem Hals hinderte mich daran, auch nur ein Wort herauszubringen.
„Vor ungefähr zwei Jahren schrieb ich ihr einen Brief“, erzählte Alix. „Jordan half mir dabei.“
„Was stand darin?“
Alix zuckte die Schultern. „Nicht viel. Ich schrieb nur, dass ich annahm, dass sie ihr Bestes getan hätte und dass ich ihr verzieh.“
„Was hat sie geantwortet?“ Zwar ging es mich nichts an, aber ich war verständlicherweise neugierig.
„Sie hat gar nicht geantwortet“, erwiderte Alix mit einem Hauch von Bedauern und Trauer in der Stimme. „Sechs Monate lang hörte ich nichts von ihr. Dann schrieb sie zurück und meinte, seit ich gläubig geworden sei, täte ich ihr nicht mehr gut.“ Ihr Blick wirkte einen Moment lang leer.
„Hast du meiner Schwester davon erzählt?“, fragte ich.
„Ich habe es versucht, aber …“ Alix schüttelte den Kopf. „Margaret war nicht in der Stimmung, mir zuzuhören.“
Das passte. Wieder einmal fragte ich mich, wie ich – wenn überhaupt – meiner Schwester helfen konnte. Und wieder einmal wusste ich auf diese Frage keine Antwort.
32. KAPITEL
Colette Blak e
Vor einer Woche war Christian nach China geflogen. Colette konnte nur darüber spekulieren, um was für Geschäfte er sich dort kümmerte. In den Jahren als seine Assistentin hatte sie viele Flüge für ihn gebucht und wusste, dass er regelmäßig nach Asien reiste, vor allem nach China. Bei dem Gedanken, dass er mit menschlicher „Ware“ handelte, drehte sich ihr der Magen um. Sie fragte sich, wie lange er diesen Geschäften schon nachging. Und die Frage, die sie sich immer und immer wieder stellte, war: Warum ? Sie hatte Schwierigkeiten, in dem Mann, den sie kannte und liebte – ja, liebte –, in dem Mann, von dem sie ein Kind erwartete, jemanden zu sehen, der kriminell war. Mehr noch als kriminell – zynisch und grausam.
Trotzdem und trotz ihres gefährlichen Wissens über ihn, wartete Colette geduldig darauf, dass er sich bei ihr meldete. Er hatte ihr nicht gesagt, wie lange er genau unterwegs sein würde. Seine Reisen hatten meistens zwischen einer und drei Wochen gedauert, und oft war es zu Verzögerungen gekommen – doch sie erwartete, bald von ihm zu hören. Seit sie sich entschlossen hatte, ihm von dem Baby zu erzählen, konnte sie es kaum erwarten.
Zum ersten Mal, seit sie Dempsey Import s verlassen hatte, spürte sie Hoffnung. Die Hoffnung wirkte – wie sie feststellte – wie eine kraftvolle, schmerzlindernde Pille. Trotz ihrer Ängste blieb sie zuversichtlich. Sogar das Wetter spielte mit, und die Tage waren voll strahlenden Sonnenscheins.
Freitags herrschte in
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