Die Farben der Sehnsucht
Launen und Gedanken begleiteten. Er war nicht mit ihr zufrieden, und alles an ihm – sein Blick, seine Körperspannung und die Haltung seiner Schultern – drückte diese Unzufriedenheit aus. Sie konnte nur vermuten, dass er etwas über ihren Brief an die Behörden herausgefunden hatte. Aber feige wie sie war, verspürte Colette nicht das Bedürfnis, die Sprache darauf zu bringen.
Er blickte sie noch immer an. „Ich würde gern kurz mit dir reden. Unter vier Augen.“
Er wusste es. „Das ist … unmöglich. Ich arbeite.“
„Dann warte ich.“
Nichts würde die Kunden schneller und sicherer vergraulen als ein wütender Christian Dempsey.
Colette zögerte, doch schließlich gab sie nach. Es war sinnlos, diese Angelegenheit auf die lange Bank zu schieben – er würde wiederkommen. „Ich werde mal nachschauen, ob meine Chefin mich entbehren kann.“
Christian antwortete mit einem kurzen Nicken, und Colette verschwand schnell im Hinterzimmer.
„Wer ist der Kerl?“, flüsterte Susannah, als Colette das Zimmer betrat.
„Mein früherer Boss. Wäre es in Ordnung, wenn ich jetzt schon gehe?“
„Mit ihm?“ Susannah runzelte die Stirn und wirkte ehrlich besorgt.
„Es ist nicht so, dass wir uns eine Menge zu sagen hätten.“ Sie war der Meinung, dass das Gespräch zwischen Christian und ihr nicht länger als fünf Sekunden dauern würde. Ihre größte Sorge war, was sie anschließend empfinden würde. Noch immer fühlte sie sich zu ihm hingezogen – trotz all der Dinge, die sie über ihn herausgefunden hatte.
„Nimm dir die Zeit, die du brauchst“,erwiderte Susannah. „Versprich mir nur, dass es dein freie r Wille ist, mit diesem Mann zu reden.“
Das war es – und das war es nicht. „Ich muss es tun“, sagte sie und ließ es bei dieser Erklärung.
Christian wartete im Verkaufsraum auf sie. Ganz Gentleman hielt er ihr die Tür auf, als sie den Laden verließen. Sie rechnete beinahe damit, dass er einen Kommentar über die Arbeitstelle machen würde, die sie nach ihrer Kündigung bei Dempsey Import s angenommen hatte. Doch er schwieg.
„Auf der anderen Straßenseite gibt es ein Café“, sagte er und deutete auf das French Caf é mit seiner gestreiften Markise. In einem der Fenster lagen zahllose gebackene Köstlichkeiten, und durch das andere Fenster sahen sie einige kleine Tische und Stühle.
„Warum gehen wir nicht ein wenig spazieren?“ Sie wollte nicht, dass jemand im Café ihre Unterhaltung mit anhörte.
Christian war einverstanden.
Sie unterhielten sich kurz und tauschten höfliche Worte, während sie die Blossom Street entlanggingen. Christian hatte seine Hände hinter dem Rücken verschränkt und bemühte sich, sein Lauftempo ihren Schritten anzupassen.
Die Art, wie sie beide versuchten, Distanz zu wahren, verwunderte Colette. Sie benahmen sich wie Fremde, obwohl sie es ganz offensichtlich nicht waren.
„Wie geht es dir?“, fragte Christian. Er wandte sich ihr zu und blickte sie an, als besäße er die unheimliche Gabe, ihr direkt in die Seele zu sehen – was er tatsächlich auch tat.
„Mir geht es sehr gut, danke“, erwiderte sie. Und hoffte, dass ihre Stimme nicht verriet, wie nervös sie in Wirklichkeit war.
„Ich meine, wie geht es dir … körperlich?“, beharrte er.
„Körperlich?“, wiederholte sie.
„Soll ich es für dich buchstabieren?“ Seine Worte klangen ungeduldig. „Wenn ich mich recht entsinne, hat sich keiner von uns beiden die Zeit genommen, um für die Verhütung zu sorgen, habe ich recht?“
„Oh.“ Die Schamesröte stieg ihr ins Gesicht und ließ ihre Wangen heller leuchten als die Ampel an der nächsten Kreuzung. „Es geht mir gut. Es gibt … nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest.“
Er schien ihr nicht zu glauben.
„Wenn das alles ist“, sagte sie und blieb stehen. „Ich sollte wirklich wieder zurück an die Arbeit.“ In ihrem Kopf überschlugen sich Fragen und Vorwürfe. Niemals hatte sie geglaubt, dass Christian sich wie ein Dummkopf benehmen, ja, sich gar strafbar machen könnte – und doch hatte sie den Beweis für seine Beteiligung am Handel mit chinesischen Einwanderern gefunden. Ihn zu sehen, verwirrte sie. Sie wollte nicht über ihn nachdenken. Und sie wollte ihm keinen Grund dafür liefern, zu vermuten, dass sie schwanger von ihm war. Je eher sie sich voneinander verabschiedeten, desto besser.
„Nein, da wäre noch etwas“, entgegnete er scharf. Er zögerte, als ob er nicht genau wüsste, wie er die nächste
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