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Die Farben der Sehnsucht

Die Farben der Sehnsucht

Titel: Die Farben der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEBBIE MACOMBER
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Proust zu lesen, es aber bisher nicht geschafft hatte.
    Elizabeth lächelte leicht. „Ich möchte Sie bitten einzuschenken. Meine Hände sind nicht mehr so ruhig, wie sie einst waren.“
    „Sehr gern“, erwiderte Colette. Sie trat an den Tisch und befolgte sorgfältig die Wünsche der alten Dame, was Zucker und Zitrone anging. Nachdem sie alles angerichtet und den Tee eingeschenkt hatte, legte sie einen Keks auf jede Untertasse und reichte Elizabeth die erste. Danach nahm sie die zweite Tasse und ließ sich wieder in den Sessel sinken.
    „Kennen Sie meinen Großneffen?“ Elizabeth kehrte unverzüglich zu ihren Fragen zurück.
    „Ja.“ Colette führte das nicht näher aus. Sie war nur erfreut, dass das Geheimnis, wie die alte Dame zu Christian stand, nun endlich gelöst war.
    Elizabeth hob die Tasse an ihre Lippen und nahm einen Schluck. „Wenn ich mich recht entsinne, sind die Blumen in den vergangenen Wochen immer von einem Lieferservice gebracht worden.“
    „Das stimmt.“
    „Konnte der Lieferservice die Blumen in dieser Woche nicht bringen?“
    Der Moment der Wahrheit war gekommen. Colette hätte natürlich einfach lügen und so ihr Gesicht wahren können. Dann wäre sie in ein paar Minuten wieder auf der Straße und dieser peinlichen Situation entflohen. Zuzugeben, dass sie neugierig auf die Frau in Christians Leben gewesen war, würde Elizabeth mehr verraten, als Colette preiszugeben bereit war.
    „Eigentlich habe ich gefragt, ob ich die Blumen ausliefern darf“, murmelte Colette, die sich schließlich doch für die Wahrheit entschieden hatte. „Ich arbeite in Susannah’s Garden, dem Blumenladen in der Blossom Street.“
    „Gab es einen besonderen Grund, warum Sie es für nötig hielten, die Blumen selbst vorbeizubringen?“
    „Ich … ich wollte die Frau treffen, die Christian liebt.“
    Die alte Dame begann zu lächeln. „Wie klug von Ihnen. Nun, da Sie wissen, dass es sich um eine alte Frau handelt, müssen Sie erfreut sein – oder enttäuscht? Ich bin seine Großtante und eine seiner wenigen noch lebenden Verwandten.“
    Colette war nicht enttäuscht. Wenn überhaupt, war sie verwirrt. Als Christians ehemalige persönliche Assistentin erschreckte sie die Erkenntnis, dass er eine Familie hatte, von der sie rein gar nichts wusste. „Er hat Sie nie erwähnt.“
    „Das überrascht mich nicht“, entgegnete Elizabeth trocken. „Ich fürchte, er möchte die Existenz seiner Familie am liebsten vergessen.“
    Colette runzelte die Stirn.
    Die alte Dame winkte ab und sagte: „Das ist eine lange Geschichte, die ich besser ein anderes Mal erzähle.“
    „Ich habe fünf Jahre lang für Christian gearbeitet. Doch ich wusste nicht, dass es Sie gibt.“
    „Fünf Jahre?“, wiederholte Elizabeth. „Und in all der Zeit hat er mich nicht einmal erwähnt. Das finde ich wirklich unverschämt.“ Sie seufzte ärgerlich. „Manchmal möchte ich den jungen Mann ohrfeigen.“ Sie murmelte etwas, das Colette nicht verstand.
    „Was ist mit seiner Mutter?“, fragte Colette. Sie wollte nicht vorwitzig oder neugierig erscheinen, doch sie hungerte nach mehr Information. Ihrem Kind zuliebe konnte dieses Wissen wichtig sein. Bisher hatte sie angenommen, dass seine Mutter tot war, aber inzwischen war sie sich nicht mehr sicher.
    „Das liebe Mädchen starb bei der Entbindung von Christians Schwester, als der Kleine acht Jahre alt war. Ein furchtbarer Verlust. Heutzutage hört man nicht mehr häufig von solchen Unglücksfällen. Dennoch passiert es. Elliott verlor seine Frau und seine neugeborene Tochter. Und Christian verlor mehr als seine Mutter, fürchte ich. Er verlor seine Geborgenheit, seine Sicherheit.“
    Colette litt mit dem kleinen Jungen, der Christian einmal gewesen war.
    „Im Jahr nach diesen tragischen Geschehnissen versteckte Elliott sich in den Tiefen einer Whiskyflasche – er war zu sehr mit seinem eigenen Schmerz beschäftigt, als dass er Christian hätte helfen können, mit seiner Trauer fertig zu werden.“ Elizabeth stellte ihre Tasse ein wenig zu heftig zurück auf die Untertasse. Das Porzellan klirrte. „Mein Ehemann – Gott habe ihn selig – brachte Christian zu mir. Charles und ich wurden nie mit eigenen Kindern gesegnet. Unglücklicherweise waren wir in einem Alter, in dem wir nicht die geringste Ahnung hatten, was ein Kind braucht oder wie man es behandelt. Wir behielten ihn bei uns, bis Elliott sich wieder gefasst hatte. Dann schickten wir ihn zurück, um bei seinem Vater zu

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