Die Farben der Sehnsucht
beharrte Susannah. „Sollten sie nicht …“
„Ich habe bisher noch nicht s entschieden“, unterbrach Alix sie. „Warum sollte ich jetzt damit beginnen?“ Sie wandte sich mir zu. „Wollen wir uns den ganzen Nachmittag unterhalten, oder fangen wir jetzt endlich an zu stricken?“
„Wir stricken.“ Offensichtlich war die Hochzeit ein Thema, das man besser mied. Ich nahm die Stricknadeln und einen Strang Wolle.„Es gibt unterschiedliche Arten, die Maschen aufzunehmen“, begann ich, während ich meinen Zeigefinger in die Mitte des Wollknäuels schob. Ich habe meine eigene Methode entwickelt, um das Ende der Wolle zu finden und den Faden aus dem Strang zu ziehen. Um ehrlich zu sein, bin ich dabei allerdings nicht immer erfolgreich. Glücklicherweise klappte es dieses Mal ausgesprochen reibungslos. Ich zog den Faden heraus und ermunterte Susannah und Colette, es mir nachzumachen.
Das Ende der Wolle zu finden brach das Eis, und ich bedauerte, dass ich damit nicht angefangen hatte. Alix war ganz offensichtlich nicht in der Stimmung, sich zu unterhalten, und Colette war nicht daran interessiert, auch nur ein klitzekleines bisschen über sich selbst preiszugeben. Ich hatte angenommen, dass sie Alix erzählen würde, dass sie Witwe war. Vielleicht ging sie auch davon aus, dass Alix schon davon gehört hatte. Andererseits wollte Colette ihren Kummer über Dereks Tod möglicherweise auch einfach für sich behalten.
Ich fuhr damit fort, Colette und Susannah zu zeigen, wie man die Maschen anschlug, indem man den Faden über Daumen und Zeigefinger spannte und mit Hilfe einer Stricknadel die Maschen aufnahm. Das ist zwar nicht meine bevorzugte Art, die Maschen aufzunehmen, doch meiner Meinung nach ist es eine der weniger komplizierten Methoden. Außerdem ist es ein sinnvoller Auftakt, um die grundlegenden Maschenarten – nämlich linke und rechte Maschen – kennenzulernen.
Alix hatte bereits die ersten Reihen des Musters gestrickt, bevor Colette überhaupt die Maschen angeschlagen und gezählt hatte.
Colettes Miene verfinsterte sich, als sie über den Tisch zu Alix sah. „Du weißt doch schon, wie man strickt“, beklagte sie sich. „Warum nimmst du an diesem Kurs teil?“
Alix schaute auf und warf mir einen kurzen Blick zu. „Jordan, mein Verlobter, hat gemeint, dass es vielleicht meine Nerven beruhigen würde.“
„Ich schaffe das nicht“, stöhnte Susannah unvermittelt auf und legte die Nadeln und die Wolle beiseite. „Ich dachte, das hier soll entspannend sein.“
„Am Anfang nicht unbedingt“, erwiderte ich.
„Was du nicht sagst“, murmelte Susannah.
Alix brach in Lachen aus. „Du hättest mich mal sehen sollen, als ich anfing. Jacqueline wurde rot und immer röter, als ich meine ersten Maschen verlor.“
„Wenn ich mich recht entsinne“, sagte ich und musste bei der Erinnerung daran schmunzeln, „wurde sie nicht rot, weil du die Maschen verloren hattest, sondern wegen deiner Reaktion darauf – du hast mit unzähligen Schimpfwörtern um dich geworfen.“
Alix verzog den Mund zu einem Grinsen. „Ich habe an meiner Ausdrucksweise gearbeitet und sie ein wenig ‚angepasst‘ – also, keine Sorge, Ladies.“
„Du kannst nichts sagen, was ich nicht schon aus dem Mund eines meiner Kinder gehört hätte“, entgegnete Susannah.
„Sei dir da nicht so sicher.“
Lächelnd hob ich den Kopf. „Werdet ihr beide euch jetzt ein Fluchduell liefern?“, fragte ich.
„Ich nicht“,sagte Susannah und vollendete ihre erste richtige Masche – sie war so fest gestrickt, dass es mich wunderte, wie sie die Wolle überhaupt von einer Nadel auf die andere bekommen hatte. Susannah seufzte erleichtert, wandte sich mir mit einem erwartungsvollen Blick zu und sah mich an, als hätte sie gerade etwas sehr Heldenhaftes geschafft.
„Gut“, sagte ich, nachdem ich mich vorgebeugt hatte, um ihr Werk zu begutachten.
„Ich brauche Hilfe“, ächzte Colette, deren Garn vollkommen verheddert auf dem Tisch lag.
Es war unmöglich zu sagen, wie sie das geschafft hatte – doch es gab nichts, was ich in den vergangenen drei Jahren nicht gesehen hätte. Also behob ich schnell ihren Fehler und erklärte ihr noch einmal, wie sie rechte und linke Maschen strickte. Dabei blieb ich hinter ihr stehen, um sicherzugehen, dass sie es auch wirklich verstanden hatte. Wenn ich für sie strickte, verfehlte die Übung ihren Zweck – sie musste es allein hinbekommen.
„Ich stimme Susannah zu“, murmelte sie nach einigen
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