Die Farben der Zeit
Ihre Mutter brachte sie nach Oxford, um hier ein Medium zu konsultieren…«
»Ein Medium?« fragte ich schwach.
»Ja, du weißt doch, eine dieser Personen, die Tische rücken, sich in ein Seihtuch kleiden und Mehl ins Gesicht schmieren, nur um dir zu erzählen, daß es deinem Onkel drüben im Jenseits gut geht und sein letzter Wille in der oberen Schublade links in der Kommode liegt. Ich selbst glaubte nie an sie, aber so gesehen glaubte ich ja auch nicht an das Schicksal. Und dabei muß es einfach Schicksal gewesen sein. Mein Zusammentreffen mit Miss Mering und dein Erscheinen auf dem Bahnsteig und daß sie sagte, sie ginge mit ihrer Cousine diesen Nachmittag nach Iffley.
Bloß daß ich nicht mehr genug Geld für das Boot hatte, und deshalb muß es Schicksal gewesen sein. Was wäre denn geschehen, wenn du nicht auf dem Fluß hättest fahren wollen und nicht das Geld für Jabez gehabt hättest? Wir wären jetzt nicht auf dem Weg nach Iffley, und ich würde sie vielleicht nie wiedersehen. Aber wie dem auch sei, so ein Medium ist offenbar genauso gut im Auffinden von verlorengegangenen Katzen wie von Testamenten, also kamen sie nach Oxford, um eine Seance abzuhalten. Doch die Geister wußten auch nicht, wo sich Prinzessin Arjumand befand, und Miss Mering dachte, die Katze könnte ihr von Muchings End aus gefolgt sein, was aber unwahrscheinlich scheint. Ich meine, ein Hund täte so etwas vielleicht, aber eine Katze…«
Das einzige, was ich aus dieser verworrenen Erzählung klar schließen konnte, war, daß es sich bei Terence nicht um meine Kontaktperson handeln konnte. Er hatte keine Ahnung, was ich in Muchings End tun sollte. Falls es Muchings End war, und ich nicht auch das noch durcheinandergebracht hatte. Ich war mit einem Einheimischen, einem vollkommen Fremden – ganz zu schweigen von dem Hund – losgezogen und hatte meine Kontaktperson wartend auf dem Bahnsteig oder den Schienen oder bei einem Bootshaus zurückgelassen. Und ich mußte dorthin zurück.
Ich warf einen Blick zurück nach Oxford. Seine fernen Türme glitzerten in der Sonne, bereits zwei Meilen entfernt. Und ich konnte schlecht über Bord springen und zurücklaufen, weil ich dadurch mein Gepäck verlieren würde. Ich hatte bereits meine Kontaktperson verloren. Ich konnte nicht auch noch mein Gepäck aufgeben.
»Terence«, sagte ich. »Ich befürchte, ich…«
»Blödsinn!« schrie jemand vor uns, und Wasser spritzte hoch, daß das Boot beinahe überschwemmt wurde. Der geschlossene Weidenkorb, der oben auf der Reisetasche ruhte, ging fast über Bord. Ich grapschte nach ihm.
»Was ist das?« fragte ich und versuchte, um die Flußbiegung zu schauen.
Terence zog ein angeekeltes Gesicht. »Oh, wahrscheinlich Darwin.«
Ich hatte mir eingebildet, geheilt zu sein, wo ich doch offensichtlich immer noch an recht starken Symptomen der Zeitkrankheit litt und immer noch Hörprobleme hatte. »Wie bitte?« fragte ich vorsichtig.
»Darwin«, erklärte Terence. »Professor Overforce brachte ihm bei, auf Bäume zu klettern, und nun hat er sich angewöhnt, auf harmlose Spaziergänger herunterzuspringen. Wende das Boot, Ned.« Er zeigte in die Richtung, in die das Boot fahren sollte. »Bring uns vom Ufer weg.«
Das tat ich, wobei ich immer noch versuchte, unter die Weiden und um die Flußbiegung zu sehen.
»Letzte Woche landete er genau in einem Stechkahn, in dem zwei Burschen vom Corpus Christi College mit ihren Mädchen saßen«, sagte Terence und ruderte uns zur Flußmitte. »Cyril findet das überhaupt nicht komisch.«
Cyril schaute tatsächlich unangenehm berührt drein. Er hatte sich mehr oder weniger aufgesetzt und blickte zu den Weiden.
Man hörte einen weiteren lauten Platscher, und Cyrils Ohren stellten sich auf. Ich folgte seinem Blick.
Entweder hatte ich mich über meine Hörprobleme getäuscht oder mein Augenschaden hatte neue Dimensionen erreicht. Ein älterer Mann strampelte im Wasser unter den Weiden und schlug wild und ohne Erfolg mit den Armen um sich.
Großer Gott, dachte ich, es ist Darwin.
Er hatte Darwins weißen Bart und seinen Schnurrbart, dessen Form an Hammelkoteletts erinnerte, ebenso sein kahl werdendes Haupt und trug etwas, das einem schwarzen Gehrock glich und um ihn herumschwamm. Sein Hut trieb umgedreht einige Meter weiter, und der Mann versuchte ihn zu fangen, wobei er unterging. Er kam keuchend und um sich schlagend wieder hoch, und der Hut schwamm noch weiter fort.
»Gütiger Himmel, das ist Professor Peddick,
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