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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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werden. Sie dürfe nicht länger eine Abfolge von Daten, Ereignissen und Fakten sein. Diese seien nicht wichtiger als ein Fink oder ein Fossil für die Theorie der Evolution ist.«
    Eigentlich, dachte ich, sind diese außerordentlich wichtig.
    »›Nur die Gesetze, welche die Theorie der Geschichte untermauern, sind wichtig, und das sind Naturgesetze‹, sagte er. ›Aber was ist mit den Ereignissen, die den Lauf der Geschichte zum Guten oder Schlechten gewendet haben?‹ fragte ich ihn. ›Ereignisse sind unwichtig‹, meinte er. Die Ermordung von Julius Cäsar! Leonidas’ Ausharren bei Thermopylae! Unwichtig!«
    »So gingen Sie also zum Ufer fischen«, sagte Terence und legte die Robe des Professors zum Trocknen über die Gepäckstücke. »Und Professor Overforce kam des Weges und schubste Sie ins Wasser?«
    »Ja«, erwiderte Professor Peddick und zog seine Stiefel aus. »Ich stand unter einer Weide und befestigte gerade einen Wurm an der Angel – Gründlinge bevorzugen Blutwürmer, aber Pseudococcidae tun’s auch – als sich dieser schwachsinnige Darwin aus den Ästen herunter und auf mich fallen ließ wie einer von Satans Engeln ›geschleudert mit gräßlicher Zerschmetterung häuptlings vom Himmelsitz in bodenlos Verderben‹. [34] Er landete direkt auf meinem Kopf, worauf ich die Angelrute fallen ließ.« Professor Peddick schaute Cyril düster an. »Hunde!«
    Ein Hund, dachte ich dankbar. Darwin ist Professor Overforces Hund. Was aber immer noch nicht erklärte, wieso er von Bäumen heruntersprang.
    »Er wird noch einmal jemanden umbringen.« Professor Peddick zog seine Socken vom Fuß, wrang sie aus und zog sie wieder an. »Letzte Woche sprang er aus einem Baum in der Broad Street auf den Quästor des Trinitiy Colleges und schlug ihn damit k.o. Der Mann ist vollkommen aus dem Gleichgewicht. Er hält sich für einen neuen Buckland, aber Buckland, trotz all seiner Fehler, hatte seinen Bären niemals dazu abgerichtet, aus Bäumen zu springen. Tiglath Pileser war immer außerordentlich gut erzogen und ebenso die Schakale, obwohl niemand mehr in Bucklands Haus zum Abendessen kommen wollte. Hatten alle Angst, Krokodil serviert zu bekommen. Ich erinnere mich an ein Abendessen, bei dem zum Fleischgang Feldmäuse serviert wurden. Aber er besaß zwei prächtige Karpfen.«
    »Wegen Darwin haben Sie also die Angelrute fallen lassen«, warf Terence ein, bemüht, den Professor wieder auf das alte Thema zu bringen.
    »Ja, und als ich mich umdrehte, stand da Overforce und lachte wie eine von Bucklands Hyänen. ›Angeln, was?‹ sagte er. ›Tz, tz. So werden Sie nicht auf den Haviland-Lehrstuhl gelangen, wenn Sie Ihre Zeit mit müßigen Beschäftigungen vertrödeln.‹ – ›Ich denke über die Auswirkungen von Themistocles’ Täuschung der Perser bei Salamis nach‹, erwiderte ich, und er antwortete: ›Noch müßiger als Angeln. Geschichte ist nicht länger eine Chronik bloßer Ereignisse. Sie ist eine Wissenschaft.‹«
    »›Bloße Ereignisse!‹ rief ich. ›Nennen Sie den Sieg der Griechen über die persische Flotte ein bloßes Ereignis? Er veränderte den Lauf der Welt für Hunderte von Jahren!‹ Overforce wedelte mit der Hand, wie um es wegzuwischen. ›Ereignisse sind für den Lauf der Dinge unwichtig.‹ – ›Halten Sie die Schlacht von Agincourt für unwichtig?‹ fragte ich. ›Oder den Krimkrieg? Oder die Hinrichtung von Maria Stuart?‹ – ›Kleinigkeiten‹, erwiderte er. ›Kümmerte sich Darwin um Kleinigkeiten?‹«
    Eigentlich schon, dachte ich. Wie Lady Schrapnell so gern sagte: »Gott steckt im Detail.«
    »›Darwin! Newton!‹ sagte ich«, fuhr Professor Peddick fort. »›Sie widerlegen Ihre Behauptung mit Ihren eigenen Beispielen. Es ist das Individuum, das die Geschichte bestimmt, nicht die Masse. Und es drückt der Geschichte mit anderer Kraft als die der Naturgewalten seinen Stempel auf. Was ist mit Mut, Ehre und Glaube? Was mit Bösartigkeit, Feigheit und Ambitionen?‹«
    »Und Liebe«, warf Terence ein.
    »Genau«, sagte Professor Peddick. »›Und die Liebe von Antonius und Cleopatra? Hatte sie für den Lauf der Geschichte keine Bedeutung?‹ Ich fragte ihn das, während er im Wasser war. ›Und die Schurkerei Richards des Dritten? Die Inbrunst von Johanna von Orleans? Persönlichkeiten, nicht Völker, bestimmen die Geschichte.‹«
    »Im Wasser?« wiederholte ich verständnislos, und Terence rief: »Sie haben Professor Overforce ins Wasser gestoßen?«
    »Ein Stoß ist ein

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