Die Farben des Chaos
die Gerüchte gewöhnen würde, die ihn zu verfolgen schienen. Als sie draußen in der Kälte und der Dunkelheit standen, beugte er sich zu Leyladin hinüber. »Noch einmal, vielen Dank. Es war wundervoll.«
»Das freut mich.« Sie legte einen Augenblick den Kopf an seine Schulter und er roch den schwachen Blumenduft und den Geruch der Frau, die er liebte – und fragte sich, ob er sie jemals als seine Frau und nicht nur als Freundin würde sehen dürfen.
Langsam gingen sie über die Hauptstraße zurück und dann nach Westen zu Leyladins Haus. Der Wind war kälter geworden, feucht und schneidend, und schien einen neuen winterlichen Sturm anzukündigen.
Leyladin nahm seine Hand. »Versprich mir, dass du dich vorläufig an Kinowins Ratschläge hältst. Nicht für alle Zeiten – nur für das kommende Jahr oder so.«
»Hast du auch Visionen?« Er drückte leicht ihre Hand.
»Nein, keine Visionen. Nur Gefühle.«
»Ich vertraue deinen Gefühlen und werde mich bemühen.«
»Sei nicht so herablassend.«
»Bin ich nicht. Manchmal … ich kann nicht immer tun, was ich will. Ich wollte mich nicht mit dem Präfekten oder Fürst Ferobar abgeben. Aber mir blieb nichts anderes übrig.«
Sie drückte seine Hand und sie gingen über den gepflasterten Weg zu ihrem Haus, das sie im Vergleich zu den Anwesen der Kommissionäre in anderen Städten für bescheiden hielt.
LXXVI
C erryl ließ sich verunsichert auf dem Stuhl nieder und wartete, dass Jeslek das Wort ergriff. Draußen trieben die schweren, nassen Flocken eines spätwinterlichen Schneetreibens vorbei.
»Obermagier Krnowin hat Euch bereits erklärt, dass Ihr den Feldzug gegen Spidlar begleiten sollt.« Jeslek lächelte angespannt. Er wirkte beinahe wie eine zusammengerollte Schlange, obwohl er äußerlich völlig ruhig auf der anderen Seite des Tisches zu sitzen schien.
»Anya hat mir berichtet, dass Ihr von selbst die Ordnungs-Kräfte des jungen Schmieds Dorrin entdeckt habt und Euch Sorgen macht, er könnte gegen die Gilde vorgehen.«
Cerryl zuckte mit den Achseln. Was soll ich jetzt sagen? Er überlegte kurz und wählte seine Worte mit Bedacht. »Der Schmied hat Recluce verlassen und stellt Dinge her, die viel Ordnung enthalten. Ich habe das herausgefunden, als ich dem Verbleib der Wegezölle nachspüren wollte.«
»Und? Es sind doch nur Spielsachen oder Modelle, für die sich Handwerker interessieren.« Jeslek zog die Augenbrauen hoch.
»Er hat ein Haus, eine Schmiede und einen Stall gebaut. Ich glaube nicht, dass er nach Recluce zurückkehren wird. Vielleicht kann er das auch gar nicht, weil er diese Dinge geschmiedet hat.« Cerryl hoffte, die Situation richtig einzuschätzen.
»Das trifft höchstwahrscheinlich zu.«
»Nun, er hat viel Ordnung in sich, und wenn er keinen Ort mehr hat, an den er gehen kann, und die Gilde greift seinen Wohnort an, dann könnte er sich gezwungen sehen, gegen uns vorzugehen.«
»Auch das ist wahr … aber er ist ein Ordnungs-Schmied. Er kann nicht einmal Waffen mit einer Schneide herstellen. Ich glaube nicht, dass er mehr tun kann, als uns etwas lästig zu werden. Ich mache mir viel mehr Sorgen wegen der beiden anderen, die inzwischen zu Offizieren befördert worden sind. Sie haben bereits großen Schaden angerichtet.« Jeslek runzelte die Stirn. »Habt Ihr sonst noch etwas herausgefunden, was die unterschlagenen Wegezölle angeht?«
»Ich habe herausgefunden, dass einige Leute am Hof des Vicomte wohlhabender sind, als man es für möglich halten würde. Allerdings ist es schwer, von hier aus mit dem Glas mehr über sie zu erfahren«, gab Cerryl zu. Er regte sich unbehaglich.
»Wir werden in Jellico Rekruten ausheben und dort könnt Ihr Eure Bemühungen fortsetzen, denn solange der Feldzug gegen Spidlar nicht beginnt, habt Ihr nicht viel zu tun.« Die goldenen Augen des Erzmagiers funkelten und Cerryl glaubte einen Augenblick, Chaos und Schwefel im Turm zu riechen.
»Wann brechen wir auf, Ser?«
»Ihr und Fydel werdet in einem Achttag aufbrechen. Ich muss mich noch in Hydolar um einige Dinge kümmern, beispielsweise um die ausstehenden Wegezölle und die tausend Goldstücke Entschädigung. Abgesehen von der letzten Gruppe Weißer Lanzenreiter, die Eliasar ausbildet, müssen die Einheiten noch vor Frühlingsanfang in Jellico sein.«
»Dann wollt Ihr auch dorthin?«
»Natürlich. Die Herrscher der anderen Ländern scheinen einen Erzmagier, der in Fairhaven bleibt, nicht zu fürchten. Dieses Mal wird es anders
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