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Die Farm am Eukalyptushain

Die Farm am Eukalyptushain

Titel: Die Farm am Eukalyptushain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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hinterlassen zu haben. Kanes rätselhaftes Verschwinden mit Frau und Kind war nie aufgeklärt worden. Und niemand wusste, wo Dimitri geblieben war; der Russe war nie zu seinem Hotel zurückgekehrt.
    An seinem letzten Arbeitstag hatte Harold eine Kopie der Vermisstenanzeigen mit nach Hause genommen. Sie lag im Schlafzimmer in einer Schublade, und ab und zu nahm er sie heraus und las sie. Aber er wusste, dass der Fall kalt war, denn Edith war kurz nach ihrem Besuch bei ihm verstorben, und das restliche Personal im Hotel wusste offenbar von nichts. Das Hotel war nie wieder eröffnet worden. Während des Krieges hatte es als Militärlazarett gedient. Jetzt stand es leer und verfiel, und langsam nahm der Regenwald es in Besitz.
    Harold saß auf der Veranda, und der Pfeifenrauch wehte durch die schwüle Luft. Seine Gedanken waren bei der Akte. Gern hätte er mit Charles darüber gesprochen, aber der Junge hatte viel zu viel Arbeit, um einen so alten Fall noch einmal aufzurollen. Der Krieg hatte das Leben durcheinander geworfen, Akten waren vernichtet oder verschwunden, Männer waren auf den Schlachtfeldern Europas und Asiens geblieben, Frauen hatten geheiratet und einen neuen Namen angenommen. Ebenso gut könnte er eine Nadel im Heuhaufen suchen.
    »Grandpa?«
    Harold fuhr aus seinen Gedanken auf. Ein kleiner Junge zerrte an seinem Hosenbein. Er setzte ihn auf sein Knie. »Tom«, sagte er, »soll ich dir eine Geschichte von einem Russen und einem Engländer und von dem seltsamen Fall des verschwundenen Silbers erzählen?«
    Tom Bradley nickte. Er hatte es zu gern, wenn Grandpa ihm erzählte, was er erlebt hatte, als er Polizist war wie sein Daddy. Eines Tages, hatte er beschlossen, würde er auch eine Uniform anziehen und Verbrecher jagen.

    Die kleine Familie hatte sich glücklich eingerichtet, Fred und Billy Birdsong kümmerten sich um die drei, und Catriona nahm ihr geschäftiges Leben wieder auf. Sie verließ Australien und sang in Rom, wo eine Reihe von Verdi-Opern aufgeführt wurden. Diesmal hatte sie ihr Versprechen wahr gemacht und Brin mitgenommen, obwohl er allmählich alt und gebrechlich wurde.
    Ihren vierzigsten Geburtstag feierte sie in der ewigen Stadt. Sie und Brin waren inzwischen beinahe ein Jahr da, und die Verdi-Saison war zu Ende. Morgen würden sie abreisen, um ein Jahr in Paris zu verbringen, bevor sie nach London ginge und in einer Gala für Königin Elisabeth die Manon sänge. Von London würde sie nach New York fliegen, wo Tosca aufgeführt werden sollte, und schließlich würde sie nach Sydney zurückkehren, um eine Schallplatte mit den beliebtesten Puccini-Arien aufzunehmen. Catriona galt unumstritten als eine der besten Sopranistinnen ihrer Zeit, und sie wusste, dass ihre Stimme niemals voller und reiner geklungen hatte als jetzt.
    Ein Wermutstropfen war Brins zunehmende Gebrechlichkeit. Den Aufenthalt in Rom hatte er genossen, und sie hatte dafür gesorgt, dass ihm wirklich keine der touristischen Sehenswürdigkeiten entgangen war. Aber bald war ihr klar geworden, dass es seine Kräfte überstieg, ihr weiter in der Garderobe zur Hand zugehen, und sie hatte einen neuen Kostümier engagiert, damit er sich ausruhen konnte. Brin behandelte seine Gesundheit mit nonchalanter Unbekümmertheit und lehnte jegliche medizinische Hilfe ab, aber er hatte stark abgenommen. Mit Sorge betrachtete Catriona auch die merkwürdigen Geschwüre in seinem Gesicht und an seinen Händen, die sich durch keine Salbe lindern ließen.
    Irgendwann ertrug sie es nicht mehr. Gegen seinen ausdrücklichen Wunsch zog sie die besten Ärzte in Rom hinzu und bezahlte sie. Aber keiner konnte feststellen, was ihm fehlte, und sie lieferten die unterschiedlichsten Diagnosen. Man vermutete, dass vielleicht seine fragwürdige Lebensweise zu seiner Erkrankung beigetragen habe; wahrscheinlich habe er einfach zu ausschweifend gelebt und sei nun verbraucht. Niemand konnte etwas tun.
    Als die letzte Vorstellung beendet war, ging Catriona noch auf einen Sprung zur Party und fuhr dann mit dem Taxi zu dem Apartment am Stadtrand, das sie gemietet hatte. Sie hatte keine Lust zum Feiern, wenn Brin so unübersehbar krank war.
    Er lag auf der Couch und schlief fest, als sie hereinkam. Lange blieb sie vor ihm stehen und sah ihn an; sie dachte daran, was für ein guter Freund er immer gewesen war, wie er sie mit unerhörten Geschichten zum Lachen gebracht und immer besser als sie gewusst hatte, welche Kleider ihr gut standen. Stundenlang hatte er in

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