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Die Farm am Eukalyptushain

Die Farm am Eukalyptushain

Titel: Die Farm am Eukalyptushain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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gebreitet hatte.
    Sie öffnete die Augen, und ihr Blick wanderte zu den Poinsianna-Bäumen, die in der Nachmittagshitze standen. Sie blühten noch; die Zweige waren schwer von der scharlachroten Pracht, und die Blütenblätter bedeckten das Gras darunter wie Blutstropfen. Ein Schluchzen stieg in ihrer Kehle auf; am liebsten hätte sie laut geschrien, um die Erinnerungen an das, was vor so vielen Jahren geschehen war, zu vertreiben.
    Sie atmete tief durch und drängte die Tränen zurück. Ihre Lebenserfahrung hatte sie gelehrt, ihre Emotionen im Zaum zu halten und sich ihre kühle Entschlossenheit zu bewahren. Kane und seine schändlichen Taten hatte sie in den Tiefen der Erinnerungbegraben, und seine Ermordung lauerte nur gelegentlich in ihren Alpträumen. Sehr früh war ihr klar gewesen, dass die Vergangenheit dort bleiben musste, wo sie hingehörte, wenn sie überleben und erfolgreich sein wollte. Aber diese schockierende Zeitungsmeldung hatte die lähmende Angst zurückgebracht, die in jenen furchtbaren Zeiten ihr ständiger Begleiter gewesen war. Ihr Geheimnis würde ans Licht kommen. Hatte sie die Kraft, damit fertig zu werden, ihrer Familie alles zu erzählen und zu gestehen, was sie und ihre Mutter getan hatten?
    Catrionas Gedanken waren in Aufruhr. Es war nicht zu vermeiden – aber wie konnte man solch eine Geschichte erzählen? Wie konnte sie von Missbrauch und Mord berichten, ohne das Vertrauen zu zerstören, das sie bei Rosa und Connor aufgebaut hatte? Plötzlich lastete das Alter schwer auf Catrionas Schultern; die Aussicht auf das, was da kommen musste, war beängstigend. Das Leben war immer eine Herausforderung gewesen, aber ihre Rüstung strahlte nicht mehr wie früher, ihre Abwehr war von den Jahren geschwächt. Jetzt würde sich alles ändern – wie immer, wenn man am wenigsten damit rechnete. Vor den Herausforderungen, die damit verbunden waren, graute ihr wie nie zuvor.
    Sie seufzte tief und versuchte, die Angst zu vertreiben und sich zu entspannen. Irgendwann schlug ihr Herz wieder gleichmäßig, aber als sie auf ihre Hände blickte – immer noch elegant, die Nägel lackiert, die Ringe funkelnd –, sah sie, dass sie zitterten. Die Brillanten sprühten Feuer in der Sonne, und der schlichte Goldring, in den sie gefasst waren, war ein wenig zu weit geworden. So viele Jahre war es her, dass Peter ihn auf ihren Finger geschoben hatte, und eine Zeit lang hatte sie erwogen, ihn wegzuwerfen. Aber sie wusste, warum sie es trotz der traurigen Erinnerungen an das, was er einmal bedeutet hatte, nie getan hatte. Der Ring war eine beständige warnende Erinnerung an ihre Fehler, er ermahnte sie, nie wieder einem Mann zu vertrauen. Siedrehte ihn am Finger und dachte an ihre kurze Ehe und an den Verrat, der sie beendet hatte.
    Das raue Krächzen der Rosellas riss sie in die Gegenwart zurück, und mit einer ungeduldigen Handbewegung fegte sie die Zeitung vom Schoß. Mit entsetzter Faszination sah sie zu, wie die einzelnen Blätter sich lösten und auf die Verandadielen wehten. Sie lächelte resigniert. Das Schicksal war anscheinend entschlossen, sie zu verspotten, denn die Titelseite landete vor ihren Füßen, und das lakonische Foto des Hotels leuchtete gespenstisch im hellen Sonnenlicht.
    Entschlossen stellte sie den Fuß auf das Blatt und schob es unter ihren Sessel. So war es aus den Augen, aber noch lange nicht aus dem Sinn. Bald würde sie der Vergangenheit ins Gesicht sehen müssen, den Dämonen, gegen die sie ein Leben lang gekämpft hatte. Die Schatten waren immer da gewesen, aber jetzt traten sie aus den dunklen Winkeln ihres Herzens hervor und wollten sich nicht mehr abweisen lassen.
    Catriona stand auf. Ihr Leben lang hatte sie gewusst, dass dieser Tag unausweichlich kommen würde; bis jetzt war es ihr gelungen, dieses Wissen zu ignorieren, und das würde sie weiter tun, solange es ging. Sie trat ans Verandageländer. Die Aufregung machte sie blind. Trotz aller grellen Schlagzeilen würde sich die Polizei wohl kaum für einen Mord interessieren, der vor fünfzig Jahren geschehen war. Man hatte mit den laufenden Fällen genug zu tun, und bis man dazu käme, diesen neu aufzurollen, wäre sie wahrscheinlich längst nicht mehr da. Außerdem war sie damals ein Kind gewesen, und jeder, der sich an sie erinnern könnte, musste längst tot sein. Wahrscheinlich gab es keinen einzigen Hinweis mehr, der sie mit diesem Hotel in Verbindung bringen könnte. Warum also geriet sie in Panik? Sie trat von der

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