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Die Farm am Eukalyptushain

Die Farm am Eukalyptushain

Titel: Die Farm am Eukalyptushain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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und hörte ihre Stimmen, und obwohl es Fremde waren, spürte sie die Wärme ihres Willkommensgrußes und hatte keine Angst.
    So schwebte sie in den Armen eines gütigen und liebenden Schöpfers hoch über der Erde, und es war leicht, alle sterblichen Gedanken und Ängste abzustreifen. Denn hier war die Ewigkeit, hier war das Geheimnis von Leben und Tod, und sie nahm es bereitwillig an. Billys Stimme sang ein Wiegenlied in ihrem Kopf, und sie war wieder ein unschuldiges Kind ohne Ehrgeiz und Arglist und irdische Sorgen – ohne Furcht vor der Macht, die sie so sanft zu den Sternen trug. Sie schlief in den Armen der Ewigkeit und war zufrieden.
    Die Zeit verlor alle Bedeutung, als sie die weite Dunkelheit jenseits der Sterne erkundete. Sie sah namenlose Planeten geboren werden und sterben. Sah Kometen durch die endlose Finsternis ziehen, sah die Gipfel zerklüfteter Mondberge im kalten blauen Lichtglanz. Sie fühlte die Wärme der samtenen Unendlichkeit, die Kälte des Rings, der den Mond umgab, und den Hauch der Schöpfung an ihrer Wange.
    Mit grenzenloser Trauer begann sie sich von diesem himmlischen Fest des Lebens zu entfernen. Langsam und unerbittlich rief die Erde sie zurück und bettete sie schließlich im taufeuchten Gras des heiligen Hügels. Die nächtliche Kühle drang durch ihre Kleider, und sie hörte den Ruf eines einsamen Vogels und die große Stille, die das Land ringsum wie ein Mantel bedeckte. Aber die Sterne waren noch da, und sie sehnte sich danach, wieder bei ihnen zu sein. Sehnte sich nach dem zeitlosen Frieden, nach dem tröstenden Wiegen der mächtigen Geist-Arme, die sie auf ihrer Reise so liebevoll gehalten hatten.
    Ein Rascheln neben ihr brach den Bann; sie tauchte aus ihrer magischen Versunkenheit auf und blinzelte die anderen eulenhaft an. Sie hatte vergessen, dass sie nicht allein war, und im Augenblick des Erwachens empfand sie schmerzliche Sehnsucht nachder endlosen Einsamkeit, welche die Sterne ihr geboten hatten. Denn diese Nacht hatte die Traumlandschaften ihrer Jugend offenbart, Traumlandschaften, die jetzt unauslöschlich in ihre Seele eingebrannt waren und die sie nie wieder verlassen wollte.

ZWANZIG

    D ie letzten zehn Jahre waren im Fluge vergangen, und erschrocken sah Catriona, dass sie demnächst ihren siebenundsechzigsten Geburtstag feiern würde. Wie hatte sie so plötzlich ein solches Alter erreichen können? Wo waren die Jahre geblieben? Sie fuhr sich durch das kurz geschnittene Haar, das jetzt silbrig und nicht mehr ebenholzschwarz war, und wanderte mit dem Postsack zurück zum Farmhaus. Aber so alt fühle ich mich nicht, dachte sie lächelnd; die meiste Zeit fühle ich mich um Jahrzehnte jünger. Sie hatte immer noch eine gute Figur, und sie achtete stets auf gepflegte und schicke Kleidung, selbst wenn sie nur Hemd und Hose trug. Das war die Macht der Gewohnheit. Sie war zu sehr daran gewöhnt, im Blickpunkt der Öffentlichkeit zu stehen, um sich jetzt noch zu ändern.
    Sie warf die Post auf den Tisch und widerstand der Versuchung, sie gleich zu öffnen – die gespannte Erwartung war Teil des Vergnügens. Die Zeitungen trafen nur sporadisch ein, genau wie die Briefe, aber es war schön, sie alle in einer einzigen großen Lieferung zu bekommen. Ein bisschen wie Weihnachten. Während sie darauf wartete, dass das Wasser im Teekessel kochte, schaute sie aus dem Fenster und blickte auf das vergangene Jahrzehnt zurück.
    Es war viel geschehen in dieser Zeit – es gab Triumphe und traurige Momente für sie alle. Ihre Arbeit für diverse Wohltätigkeitsorganisationen hatte es mit sich gebracht, dass sie oft nachBrisbane und Sydney fliegen musste, und ihr Engagement an der Akademie hatte zugenommen. Sie war nach London geflogen, um dort Freunde zu besuchen und an den Meisterklassen und Workshops der Royal Opera School of Music teilzunehmen. Es war ein lohnender Einsatz gewesen, der Geist und Seele jung erhalten hatte – denn wie konnte man mit so jungen Talenten arbeiten, ohne dass ihre Energie und ihr Enthusiasmus abfärbten?
    Catrionas Besuch in Paris war bittersüß gewesen; sie hatte Blumen auf Brins Grab gelegt und an die Krankheit gedacht, die ihn dahingerafft hatte. Sie war inzwischen nicht mehr geheimnisvoll; die medizinische Wissenschaft hatte Fortschritte gemacht und das AIDS-Virus identifiziert. Es war jetzt beinahe alltäglich, aber eine Heilung gab es immer noch nicht, und wie Brin waren ihm inzwischen viele andere zum Opfer gefallen.
    Clemmie war wenige Monate

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