Die Fastnachtsnarren. Humoresken
bei dem man unverzüglich den Kaffee immer nur schwarz zu trinken bekommt!« – –
Und wieder steht der Reiteroberst a.D., Prinz Otto Victor von Schönberg-Wildauen am geöffneten Fenster; aber was bei ihm noch nie vorgekommen ist, die Morgenluft füllt hell und rein das Zimmer, denn die gestopften Pfeifen liegen zum ersten Male unberührt im Kasten. Und – wer es nicht wüßte, würde es nun und nimmer glauben – daran ist eine tief unter aller Offizierswürde stehende Kreatur, ein armseliger, nichtswürdiger Ziegenbock Schuld. Der Oberst hat die ganze Nacht kein Auge zugethan; schon die gestrige Abendpfeife ist nur leicht angeraucht und dann bei Seite gelegt worden, und jetzt steht der gestrenge Herr am Fenster und simulirt und grübelt über eine natürliche Erklärung des Wunders, daß, wie es bis zur Evidenz erwiesen ist, ein wiederkauendes und mit einem Kinnbarte versehenes Individuum jetzt ein Bock und eine Stunde später ganz genau eine Ziege sein könne.
Da öffnet sich die Thür, und herein rauscht nicht mit fliegendem Morgenrocke und wehenden Haubenbändern, Jungfer Adelinchen, sondern herein tritt ernst und verständig, wie es sich für einen jungen Studiosus der verschiedensten Gelehrsamkeiten geziemt, Karl Schmidt, die Spitze der qualmenden Pfeife im Munde, das Rohr in der Linken, in der Rechten aber die heiligen Attribute des Wirthschaftsministeriums, nämlich das Kaffeebrett mit allen möglichen Dazugehörigkeiten.
»Guten Morgen, Durchlaucht!«
Bei dem Klange dieser Stimme fährt der Oberst rasch herum, dieses Mal aber ohne seine Holländische zu zerbrechen.
»Sapperlot, Schmidt, was will denn Er schon so früh auf dem Schlosse?«
»Etwas sehr Nothwendiges, nämlich dem Herrn Obersten den Kaffee serviren.«
»Er? Wie kommt denn Er dazu?«
»Wenn die Andern kein Geschick mehr dazu haben, so muß ich es ‘mal versuchen. Wünsche guten Appetit, Durchlaucht!«
»Schon gut! Habe ihm eine ganz verteufelt sonderbare Geschichte zu erzählen, nämlich wieder von dem Ziegenbock, der mich noch ganz aus Rand und Band bringen wird, wenn nicht bald Einer kommt, der mir die Sache erklären kann. Gestern fahre ich also, als es Abend geworden ist – – Was ist denn das? Da hat Er mir ja Milch mitgebracht? Und das ist auch keine solche blaue Schürze, wie sie von dem undankbaren Kuhvolke kommt! Bomben und Granaten, das ist ja Ziegenmilch, die reine, dicke Ziegenmilch, noch besser als von meiner seligen Angoraziege, eine Milch wie Kokosnuß und Mandelkern! Wo hat Er Teufelskerl diese Milch her?«
»Von Ihrer neuen Ziege, Durchlaucht.«
»Von – meiner – neuen – Ziege –? Milkt etwa der Bock, den ich unten stehen habe?«
»Das weiß ich nicht, aber die Neudorfer Ziege ist ein Prachtexemplar; ich glaube der Herr Oberst werden sehr mit ihr zufrieden sein!«
»Die Neudorfer Ziege? Höre Er, mache Er nicht etwa Seinen dummen Witz mit mir: Was weiß Er von der Neudorfer Ziege?«
»Daß sie unten im Stalle neben dem Bocke steht, mit welchem Durchlaucht gestern spazieren gefahren sind.«
»Im Stalle? ist das gewiß?«
»Natürlich!«
»Heinz! Heieeeeinz!!!«
»Was denn, Dorchlaucht?«
»Rufe schnell einmal die Jungfer!«
»Da ist sie! Die lungert schon seit einer ganzen Weile insofern auf dem Corridor herum, zumal ich sie gleich bei der Hand habe!«
»Komme Sie einmal her! Ist Sie heut schon im Stalle gewesen?«
»Ja, gnädiger Herr.«
»Was für Thiere, waren drin?«
»Nur der Ziegenbock.«
»So! weiß Sie das genau?«
»Ja.«
»Wer hat hier den Kaffee gekocht?«
»Ich.«
»Warum hat Sie ihn nicht selbst gebracht?«
»Herr Schmidt bat mich, ihn hertragen zu dürfen, und sagte mir zugleich, ich solle mich bereit halten, da ich bald gerufen würde.«
»Wo hat Sie diese Milch her?«
»Ich habe keine Milch dazu gegeben.«
»So, da ist es also doch wohl so, wie Er sagt, Kehrt! Marsch! Alle hinab in den Ziegenstall!«
Nun geht es in
corpore
hinunter in den Stall, voran Schmidt, dann das Krakehllinchen, hinter ihr der Stelzfuß und endlich der Oberst. Unten angekommen, bleiben die drei Letzten erstaunt an der Thüre stehen, denn hinten unter der Futterraufe hängen zwei Vierfüßler, die einander so ähnlich sehen, wie ein Hefenklos dem andern, nur daß der Eine eine Ziege und der Andere ein Bock ist.
»Gnädiger Herr,« ruft die Jungfer, »hier ist ja meine Ziege!«
»Dorchlaucht,« ruft Heinz, »der heilige Bartholomäus hat sie sammt und sonders wiedergeschickt!«
»Sapperlot,«
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