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Die Favoritin

Titel: Die Favoritin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davenat Colette
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bedeckten den Boden, und in den Nischen, die Ihr seht, standen Vasen und Kostbarkeiten, eingelegt mit Türkisen, Korallen und Lapislazuli, deren farbenreiches Schimmern und Funkeln sich in den goldenen Wänden spiegelte … Als ich eintrat, roch ich den zarten Duft des Gebälks aus Edelhölzern, das von Bespannungen überdeckt war.
    »Wir haben dir ein Mahl bereitet«, sagte der Diener.
    Man brachte mir Krustentiere, die ebenso vorzüglich schmeckten wie jene, die wir seinerzeit in Rimac frisch aus dem Meer genossen hatten, gebratene Rebhühnchen, gerösteten Mais, Avocados und Ananas.
    Seit Huayna Capac gestorben war, hatte ich mich vorwiegend von Tränen genährt. Da mein Appetit angesichts dieser Leckereien wiederkehrte, beschloß ich, mir keine Fragen mehr zu stellen, die am Lauf meiner Tage doch nichts änderten, und mich der Annehmlichkeiten, die man mir bot, solange ich konnte zu erfreuen. Ob uns der Augenblick zu einem Strauß köstlicher Empfindungen wird oder zu einer dornigen Geißel, hängt oft von uns selbst ab.
    Also ließ ich mir all die guten Dinge schmecken, ohne viel zu fragen, welches Gift sie enthalten mochten. Danach war ich müde, und ich sagte es. Wir betraten eine Galerie, von der sich ein weiter Blick auf das Tal bot, dann einen gepflasterten Hof, in dessen Mitte ein goldener Springbrunnen zwischen dichten Büscheln von Chihaihua murmelte – das sind gelbe Blumen, so hoch wie Eure spanischen Nelken. Als ich ein paar Stufen hinabschritt, gelangte ich in ein Schlafgemach. Zwei Dienerinnen entkleideten mich, ich legte mich nieder und schlief ein.
    Die Dienerinnen weckten mich im Schein der Fackeln.
    »Du mußt dich bereitmachen«, sagten sie.
    Ich gehorchte gleichmütig. War es die noch immer anhaltende Wirkung der Koka, kam es von einer Droge in meinen Speisen, oder war es mein Zustand, ich fühlte mich wie eine Pflanze, die willenlos wartet, daß man sie nährt und tränkt oder bricht.
    Über ein Labyrinth von Treppen führten sie mich ins Bad.
    Aus den Mäulern zweier gold- und silbergeschuppter Schlangen, deren verschlungene Leiber dem Stein entstiegen, sprudelte das Wasser und schien zu Gold zu schmelzen, da wo es in das ganz mit dem kostbaren Metall ausgeschlagene Becken fiel. Es war groß genug, mehreren Personen ein Bad in aller Bequemlichkeit zu bieten. In den Seitenwänden rundeten sich Nischen, dort standen Lamastatuetten und zierliche Gefäße, die Balsame und Öle enthielten.
    Ich stellte mich unter den Strahl. Das frische, sehr kalte Wasser, das uns die erquickenden Kräfte unserer Berge spendet, reinigte mich und vertrieb meine Betäubung. Ich kam wieder zu mir. Gestern war ich bereit gewesen, meinen Hals den Würgern darzubieten, ich lebte im Tod, er war mir süße Erlösung. Noch vor kurzem war ich bereit gewesen, ihn hinzunehmen. Nun aber entsetzte er mich. Ich entwischte den Händen der Dienerinnen, stürzte die Treppen hinauf zu meinem Gemach, die beiden japsenden Frauen im Schein ihrer Fackeln hinter mir her.
    Meine Kleider waren verschwunden. Statt ihrer lagen eine aus Silberfäden gewebte Tunika und eine weiße Lliclla mit gleichmäßigen roten und schwarzen Streifen da. Ich schlüpfte in die Tunika. Meine Haare troffen vor Nässe. Die Dienerinnen, die mir nachgeeilt waren, protestierten. Um kein weiteres Aufsehen zu erregen, überließ ich ihnen mein Haar, dachte aber nur mehr an Flucht. Doch wie? Und wohin? Ich wußte es nicht …
    Auf einmal – die Dienerinnen unterdrückten einen Ausruf, ließen die Kämme fahren und warfen sich nieder. Ich fuhr herum, und auch ich neigte mich zu Boden.
    »Steh auf, Asarpay«, sagte Huascar.
    Der Llautu und die Mascapaycha verliehen ihm eine Erhabenheit, die er in meinem Gedächtnis nicht hatte … Die Dienerinnen waren verschwunden. Ich fühlte Huascars Blick auf mir ruhen.
    »Asarpay«, sagte er, »seit ich dich in Tumipampa sah, ist mein Körper ein einziger Schmerz. Stille ihn.«
    Er war mein Herr, der Inka, der Gott. Ich legte meine Tunika ab und tat mit ihm, was ich mit seinem Vater getan hatte.
    Anderntags führte mich Huascar ins Tal und zeigte mir die Berge, die den Palast umgeben. Die Steinmauern um die Hochfelder streiften ockerfarben die Hänge. In halber Höhe sah man die Dörfer, von weitem nicht größer als die Tonmodelle, die für unsere Baumeister das gleiche sind wie gezeichnete Pläne für die Euren.
    Vom Tal stiegen wir in Sänften bis zu den Gärten oberhalb des Palastes hinauf. Dort sah ich zum erstenmal

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