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Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
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nicht, ob es gut war. Jetzt sah er fremd aus, und sie ahnte, wie er als Erwachsener aussehen würde. Es gefiel ihr.
    »Leck mich am Arsch«, sagte er. »Leckt mich doch alle kreuzweise am Arsch, du und Benny und überhaupt.«
    Sie ließ ihn stehen und lief an Gin vorbei. Grau hinterher.
    »Ich finde es bewundernswert, aber irgendwie auch nervtötend«, sagte Alasdair zu Benny. Der hing in Carters und Shawfields Griff und war fast froh, dass sie ihn festhielten, sonst wäre er längst zu Boden gegangen. Ungerührt hatte Alasdair zwei weitere der kleinen brennenden Geschöpfe auf ihn losgelassen. Wenn sie vergingen, hinterließen sie nichts als ein wenig Rauch und die Erinnerung an Schmerz, der rasch verging. Aber solange sie auf ihm herumkrochen, brennend, schreiend, war der Schmerz entsetzlich. Er legte Bennys Nerven bloß. Inzwischen zitterte er wie im Fieber. Aber es war irgendwie auszuhalten. Er wusste ja, dass es vorüberging. Seine Zähne schlugen aufeinander, er biss sie fest zusammen, aber seine Kiefermuskulatur zitterte, als stünde er unter Strom.
    »Jedenfalls habe ich dich unterschätzt«, stellte Alasdair fest, stellte die Lampe beiseite und betrachtete ihn nachdenklich.
    »Du kannst dir einen weiteren William Davenport nicht leisten«, zischte Benny. Es klang nicht wie eine Feststellung, sondern wie eine Frage.
    In Alasdairs Augen glomm etwas auf, und Benny wusste, dass er einen Fehler gemacht hatte.
    »So weit geht sie also«, sagte Alasdair sehr ruhig. »Interessant. Sie hat dir keinen Gefallen getan, indem sie dich eingeweiht hat, weißt du das?« Für einen Augenblick verlor sich sein Blick, als schaute er etwas an, das Benny nicht sehen konnte. Vor Angst wurde Benny übel. Er spürte, wie Carters Griff fester wurde.
    »Ich vermute«, sagte Alasdair, »was immer sie vorhat – das kann ich mir noch weniger leisten als einen Davenport mehr oder weniger. Und es ist ja nicht so, dass du ein unbeschriebenes Blatt wärst. Jemandem wie dir könnte ohne Weiteres etwas zustoßen, wenn du beispielsweise zu weit ins Moor raus rennst und dich verläufst.«
    Draußen ertönte ein Schrei. Wenn es Rudy Higgins war, dann klang er vor Entsetzen wie ein Mädchen. Sie hatten kaum Zeit aufzuschauen, da stürmte er schon durch die leere Türöffnung, kalkweiß. »Da ist …«
    Nebel. Dicker Nebel quoll über die Straße. Nicht das feine, helle Zeug, das morgens so oft wie unendlich zarte Kleidungsfetzen über die Wiesen von Glenshee wehte, sondern eine regelrechte Nebel masse , so dicht, als könnte man ohne Gewalt die Hand nicht hineintauchen. Er bewegte sich nicht wie normaler Nebel, wehte nicht, sondern floss, folgte nicht dem Wind, sondern einem eigenen Willen. Zartere Ausläufer davon quollen in den kleinen Innenraum der Ruine, und aus dem Nebel hob sich eine Gestalt. Vor Entsetzen keuchte Benny auf.
    Das Vieh, das die Türöffnung versperrte, darin aufragte, war fast so hoch wie der Türsturz. Seine Schnauze mit den leicht entblößten Zähnen ragte ein gutes Stück über ihren Köpfen auf. Er füllte den Türrahmen fast vollständig aus, die Augen waren eisgrau und ohne Pupillen, wie blind, die Eckzähne so lang wie Bennys kleiner Finger, das Fell zottig. Nebel schien aus dem Fell zu triefen wie Wasser.
    Higgins und Shawfield schrien auf. Sandy Carter nicht, aber das lag wohl vor allem daran, dass er vor Angst vollkommen erstarrte. Benny spürte, wie sich seine Eingeweide lösten.
    »Spektakulärer Auftritt«, sagte Alasdair. Er klang gereizt. »Du hast damit nichts zu schaffen, Grau. Du hast dich nicht einzumischen. Sieh zu, dass du Land gewinnst. Geh deiner kleinen Herrin ein bisschen die Hand lecken. Und plustere dich nicht so auf, das ist lächerlich.«
    Er war der Einzige, der es lächerlich fand. Ricky Shawfield wimmerte. Higgins gab gar keinen Laut mehr von sich, und Sandy Carters Hand glitt schlaff von Bennys Arm.
    Benny selbst stand reglos da und verschwendete keinen Gedanken daran, die Gelegenheit zu ergreifen und zu fliehen, er traute seinen Beinen nicht. Grau? Das war Grau?
    »Bist du taub?«, fuhr Alasdair die Erscheinung an. »Ab ins Körbchen mit dir.«
    Grau schaute Benny an. Jedenfalls glaubte Benny das, es war schwierig zu beurteilen bei Augen, die aus fließendem Nebel bestanden. Er erwiderte den Blick und spürte, wie er zu zittern begann. Dabei war es kein unfreundlicher Blick, soweit er das beurteilen konnte. Er spürte keine Drohung dahinter, keine Feindseligkeit. Aber das half nicht viel,

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