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Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
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gern.«
    Gin fuhr herum, Tränen schossen ihr in die Augen. »Oh, du verdammtes …«
    Irgendjemand hämmerte mit den Fäusten an die Tür. Graus Kopf ruckte hoch. Leslie und Gin starrten einander an. »Benny«, sagte Leslie, und Gin hastete zur Tür.
    »Du?«, hörte Leslie sie sagen. Grau knurrte leise.
    »Ist Leslie da?«, hörte Leslie jemanden keuchen. »Ich muss dringend mit ihr sprechen. Dringend!«
    Gins Einwände wurden offenbar fortgewischt, und kurz darauf tauchte eine lange, schlaksige Gestalt in der Küche auf. Oliver.
    Sein Anblick machte sie wütend. Seltsam, dass sein Verrat so viel mehr schmerzte als der von Alasdair.
    »Benny«, japste er. »Sie haben Benny.«
    Leslie sprang auf. »Was? Wer?«
    Auch Grau erhob sich und war mit ein paar langen Schritten bei Oliver. Dessen gerötetes Gesicht wurde blass, aber er wandte den Blick nicht von Leslie ab. Oh, dieses Gesicht, fast farblos, der ironische Zug um den Mund, das, was sie mal für gut versteckten Schmerz gehalten hatte, dieses junge, unfertige Gesicht, das so beweglich war, seine Augen, seine … alles. Alles an ihm tat weh. Der bevorstehende Abschied, die Nervosität, all das legte bloß, was sonst gut verborgen unter der Oberfläche lebte. Leslie fühlte sich roh und wund. Sie hörte Richards Stimme, leise, ironisch und ein wenig bitter, als sie von ihm wissen wollte, was mit Oliver los sei, weshalb er tat, als würde er sie nicht mehr kennen: Tja, vermutlich braucht er dich nicht mehr. Oliver tut nichts, ohne sich gut zu überlegen, was dabei für ihn rausspringt.
    »Alasdair.« Olivers Augen waren wild, der spöttische Funke darin verschwunden. »Sie haben ihn abgepasst. Ich habe ihn noch gewarnt, aber er wollte nicht … er traut mir nicht. Er ist einfach los, ich wollte dann doch noch hinterher, und da habe ich es gesehen. Ich habe geschaut, wo sie ihn hinbringen. Dann bin ich direkt hierher.«
    »Wo?«, stieß Leslie hervor.
    »Ruine. Bei der Ruine am Weg nach Glen.«
    Grau grollte auf und trabte zur Tür.
    »Warte«, sagte Leslie scharf. Er hielt mitten in der Bewegung inne.
    Sie näherte sich Oliver. Neigte den Kopf und schaute zu ihm hoch. Baumlang war er, ein junger Baum, wie es in Glenshee sonst keinen gab, hier waren sie alle vom Wind verbogen und verkrüppelt, aber er war hochgewachsen und ganz gerade. Er erinnerte sie an eine junge Birke, die nichts anderes im Sinn hatte, als so schnell wie möglich so hoch wie möglich hinaufzuwachsen. »Und weshalb bist du so …« Sie überlegte kurz. »… hilfsbereit?«
    »Leslie«, mischte sich Gin ein, »wenn sie Benny haben …«
    »Schscht«, machte Leslie ungeduldig. »Und wenn sie ihn nicht haben? Wenn bei der Ruine irgendjemand auf Grau wartet – irgendetwas? Wenn Mister Oliver Hegeling hier gerade seine Aufnahmeprüfung macht?«
    Kränkung flammte in seinen Augen auf. »Meine Aufnahmeprüfung ? Wenn du mich beleidigen willst, dann mach das später. Ich habe keine Ahnung, was hier gespielt wird – o Wunder, wo doch alle so gern mit mir reden und mir erzählen, was los ist! –, aber die meinen es aus irgendeinem Grund verdammt ernst. Und ich mache keine Aufnahmeprüfung. Ich …«
    »Du möchtest nicht mehr um jeden Preis die Geheimnisse von Glenshee ergründen – egal, wer sie dir verrät?«, erkundigte sie sich spitz.
    »Leslie!«, mahnte Gin, aber jetzt war sie in Fahrt. »Dir ist nicht zu trauen«, stellte sie wütend fest und stieß ihm mit dem Finger hart vor die Brust.
    »Nein«, stieß er hervor. »Da hast du ganz Recht.«
    »Das weiß ich«, zischte sie.
    »Und es tut mir leid. Es tut mir wirklich leid. Ich bin ein Arsch. Ich …«
    »Stimmt es?«
    »Was?« Verwirrt starrte er auf sie hinunter.
    »Benny. Stimmt es? Alasdair hat Benny?«
    »Ja.« Seine Augen waren so wild, so verzweifelt. Es war das erste Mal, dass sie Schmerz in seinem Gesicht sah. Es weckte in ihr die Lust, in diesem Schmerz herumzuwühlen, mehr davon zu sehen. Mehr Schmerz. Viel, viel mehr Schmerz. Sie riss sich zusammen. »Bei der Ruine auf dem Weg nach Glen, sagst du.«
    »Ja.«
    »Lauf.« Sie nickte Grau zu. Lautlos sprang er fort, durch die Tür, die Gin ihm eilig öffnete, hinaus in die Dunkelheit von Glenshee.
    »Wenn du irgendwie mit drinsteckst, wenn das eine Falle ist, bringe ich dich um«, informierte sie Oliver kühl. Sie meinte es ernst und ganz wörtlich.
    Sein Gesicht wurde hart und kantig. Seit letztem Sommer hatte sich irgendetwas an ihm verändert. Sie wusste nicht, was, und sie wusste

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