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Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
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Meinung, dass ich mich klar und verständlich ausgedrückt habe?«
    Wider Willen erneut synchron, nickten beide.
    »Ausgezeichnet. Dann betrachte ich diese Angelegenheit hiermit als erledigt. Ihr Stalldienst beginnt ab heute. Die Schlüsselübergabe findet um Viertel nach sieben statt, nach dem Abendessen. Mister Cooper, Sie sind damit entlassen. Mister Reutter, Sie bleiben noch.«
    Häme schoss über Coopers Gesicht. Eilig sprang er auf, neigte grüßend die zugepflasterte Nase und machte sich von dannen. Benny war mit der Direktorin allein.
    So ruhig er konnte, erwiderte er ihren prüfenden Blick. Richtig jung war sie nicht mehr, aber auch noch nicht wirklich alt, und ihr Gesicht hatte nicht gerade weibliche Züge – die Nase war scharf geschnitten, die Brauen schnurgerade und ziemlich dicht. Sie erinnerte ihn an eine Sportlehrerin, die seine Klasse kurz unterrichtet hatte, bevor sie aus ungeklärten Gründen von der Schule verschwunden war. Die hatte er eigentlich recht gern gemocht, aber er erinnerte sich nicht mehr an ihren Namen.
    »Ich hoffe«, sagte sie nachdenklich und fast wie zu sich selbst, »es war kein Fehler, Sie aufzunehmen, Mister Reutter.«
    Er zuckte mit den Schultern. Er wusste es ja selbst nicht.
    Sie schaute auf Unterlagen hinunter, die vor ihr auf dem Schreibtisch lagen, und blätterte darin. Es war ganz offensichtlich nur pro forma, ihre Augen huschten flüchtig über die offenbar vertrauten Seiten. »Es gab einige ähnlich gelagerte Vorfälle an Ihrer alten Schule.«
    »Zwei«, sagte er.
    »Das sind zwei zu viel, würden Sie mir da zustimmen?«
    Er nickte. Natürlich waren das zwei zu viel. Mit der Prügelei gestern sogar drei.
    »Ihr Vater sagte mir, Sie seien schon immer jähzornig gewesen.«
    Benny nickte.
    »Dass Sie aber noch nie zugeschlagen hätten. Nicht vor dem Tod Ihrer Mutter.«
    Der Ruck, der durch seinen Leib ging, war schmerzhaft, sein Magen krampfte sich zusammen und erklärte dem etwas zu üppigen Frühstück den Krieg. Mühsam drückte Benny den Kloß in seiner Kehle zurück. »Richtig.«
    »Er sagte auch, dass an Sie nicht mehr heranzukommen sei. Dass Sie sich verschlossen hätten wie eine Auster. Dass Sie sich kaum noch mit Freunden treffen und Ihre schulischen Leistungen stark nachgelassen haben. Dass er sich Sorgen macht und nicht weiß, wie er Ihnen helfen soll.«
    Bennys Brust war ganz eng, sein Kopf wie in eine dicke Schicht Watte gepackt. Und was hatte sein Vater ihr noch alles erzählt? »Das geht Sie nichts an«, hörte er sich selbst sagen. Arschloch, dachte er und spürte sehr deutlich, wie sich in seinem Bauch einer der Tentakel regte.
    »Sie sind hier«, erwiderte sie trocken. »Somit geht es mich etwas an.«
    »Ich habe nicht darum gebeten, herzukommen.«
    »Möchten Sie wieder zurück?«, erkundigte sie sich. »Wieder nach Hause zu Ihrem Vater?«
    Er hob den Kopf und starrte sie an. Das war der Blick, der seinen Vater nervös werden ließ, aber sie neigte nur den Kopf, betrachtete ihn und seufzte schließlich. »Ich kannte deine Mutter«, sagte sie unvermittelt. »Dein Vater und ich haben uns lange über dich unterhalten. Schau, ich hatte nie viel mit ihm zu tun – Annie und ich waren Nachbarinnen und recht gute Freundinnen, aber das ist lange her. Sehr lange. Etwa so lange, wie es dich gibt. Sie ist mit deinem Vater nach Deutschland gegangen, und kein halbes Jahr später bist du auf die Welt gekommen. Wir haben einander noch geschrieben, uns ansonsten aber weitgehend aus den Augen verloren. Du und ich, wir sehen einander heute zum ersten Mal. Trotzdem weiß ich einiges über dich. Das ist sicher ein eigenartiges Gefühl. Ich habe deine Mutter sehr gern gehabt. Es tut mir leid, dass du sie verloren hast.«
    Ausdruckslos starrte er sie weiter an. Ich kenne dich nicht, dachte er. Mehr nicht, nur: Ich kenne dich nicht.
    Sie blinzelte, und auf einmal war der Blick, als betrachte sie einen Freund oder zumindest jemanden, den sie sehr gut kannte, wieder verschwunden. »Dass ich Ihre Mutter kannte, kann und darf Ihnen hier keinen Vorteil verschaffen«, hörte er sie weiterreden. »Für Sie gelten die gleichen Regeln wie für alle anderen Schüler. Aber dennoch hoffe ich bei Ihnen ganz besonders, dass Ihnen Glenshee Castle gut tun wird.« Sie fuhr sich mit einer Hand übers Haar, an dem es nichts zu richten gab. »Es ist ein neuer Anfang, und Sie sind weit fort von Ihrem Vater. Ich hatte den Eindruck, dass Ihr Verhältnis sehr kompliziert geworden ist. Hier haben

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