Die Feen - Hallmann, M: Feen
erzählten Direktorinnen alle Einzelheiten über das Privatleben ihrer Kinder, Schüler hatten Einsicht in die Akten anderer Schüler, und wahrscheinlich gab es Kameras auf den Klos, und man konnte Glens Schülern auf YouTube beim Scheißen zusehen. Er beschloss, sich nicht aufzuregen. »Nein«, sagte er. »Gar keins.«
»Gut«, sagte Elvis. »Also, du wirst ohnehin viel arbeiten müssen, dazu der Stalldienst. Bei allem, was man von deinem Betragen halten mag, müssen wir im Auge behalten, dass du immerhin eine Chance haben solltest, mitzukommen. Eine Bestrafung, die dich noch mehr Zeit kostet, wäre also kontraproduktiv. Das hilft ja keinem.« Er seufzte lustlos. »Dir sollte aber klar sein, dass du nur diesmal so glimpflich davonkommst. Falls so etwas noch einmal vorkommen sollte …«
»Moment mal«, sagte Cooper. »Was heißt hier glimpflich? Ich will nicht, dass er glimpflich davonkommt.« Mit großer Geste deutete er auf sein Gesicht. »Er hat mir die Nase gebrochen! Die Nase! Gebrochen! Kann ja wohl nicht sein, dass er dann nur … was denn überhaupt? Was heißt glimpflich? Wie bestraft ihr ihn?«
Coopers Pate und Elvis schauten einander an. Im Gesicht des drahtigen Jungen zuckte es. »Wir dachten daran, alle Aus flüge fürs laufende Halbjahr zu streichen«, sagte er.
»Was?«, zischte Cooper. »Das ist ja wohl gar nichts!«
»Auch den Weihnachtsausflug nach Inverness«, sagte sein Pate, es klang wie ein Handelsangebot.
Cooper lief dunkelrot an, und durch den Kontrast schien das weiße Pflaster auf seiner Nase zu leuchten. »Gebrochen!«, sagte er angeklagt. »Meine Nase ist gebrochen !« Er grunzte gekränkt. »Ich finde nicht, dass es reicht, wenn er ein paar poplige Ausflüge nicht mitmachen darf!«
»Na, na, na«, mahnte sein Pate sachte.
»Sir!«, lieferte Cooper pflichtschuldigst nach.
Um die Mundwinkel seines Paten zuckte es, während Elvis’ Gesicht ganz reglos blieb.
»Und was würdest du vorschlagen?«, erkundigte sich Coopers Pate interessiert. »Die Ausflüge fürs ganze Jahr streichen?«
»Einmal das«, stimmte Cooper zu und nickte heftig. »Und dann …« In seinem Gesicht zuckte es boshaft. »Ich würde sagen, dass jemand, der grundlos auf andere Leute losgeht, unsere Schule nicht öffentlich vertreten sollte. Ich würde also vorschlagen, dass er auch von Wettkämpfen und ähnlichen Veranstaltungen ausgeschlossen werden sollte.«
»Für dieses Jahr«, ergänzte sein Pate. »Oder meinst du: für immer?«
Cooper starrte ihn an. »Na ja«, ruderte er etwas zurück. »Dieses Jahr?«
»Einverstanden«, sagte sein Pate. »Bloomsfield?«
»Meinetwegen«, stimmte Elvis zu. »Keine Ausflüge und Wettkämpfe dieses Jahr.«
War das eine schlimme Strafe? Benny wusste es nicht. Wie viele Ausflüge und Wettkämpfe entgingen ihm da wohl, wie viele gab es? Er beschloss, dass er nicht vermissen würde, was er nicht kannte, und zuckte mit den Schultern. Dafür, dass er eher damit gerechnet hatte, über Nacht mit Teer und Federn bestrichen an den Füßen aus dem Fenster gehängt zu werden, schien ihm das reichlich tragbar.
»Für euch beide natürlich«, sagte Coopers Pate und konnte diesmal das Grinsen nicht unterdrücken.
»Was?«, fuhr Cooper auf.
»Na ja – du begrüßt einen Neuen, indem du ihm einen lächerlichen Streich spielst und ihm in den Magen schlägst. So viel besser als sein Verhalten ist …«
»Das kann ja wohl nicht wahr sein!«, zischte Cooper. »Ich bin verletzt ! Er hat mir die Nase gebrochen!«
»Du solltest halt ein bisschen besser aufpassen, wo du sie hinhältst«, versetzte sein Pate gemütlich, stand auf und streckte sich. »Na komm, Bloomsfield und Reutter haben noch ein bisschen was zu besprechen. Lassen wir sie mal allein.«
»Ich …«
Ein unerwartet scharfer Blick aus den fröhlichen blauen Augen seines Paten brachte Cooper zum Verstummen. Er rang sichtlich um Beherrschung. »Ja, Sir«, murmelte er schließlich gepresst.
»Na also.« Sein Pate schaute Elvis an. »Bloomsfield.«
»Wir sehen uns«, erwiderte Elvis. Sie nickten einander zu, und Coopers Pate schritt vergnügt zur Tür, einen deutlich weniger vergnügten Cooper im Schlepptau.
Einen Augenblick lang saßen Elvis und Benny stumm da und betrachteten einander. »Na gut«, sagte Elvis dann. »Ich hab dir was vorbereitet. Hab gesehen, dass Mathe nicht dein stärkstes Fach ist. Hier auf Glen ist es so, dass zusätzliche Kurse angeboten werden für Fächer, in denen du besonders stark oder besonders
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