Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
Vom Netzwerk:
langen, entschlossenen Schritten die Halle, um auf Alasdair einzureden.
    »Der zweite was?«, fragte Benny.
    Unten winkten die Typen vom Zirkel Schüler heran, die sich bis an den Fuß der Treppe vorgewagt hatten. Offenbar ließ Alasdair Suchtrupps zusammenstellen. Benny fiel auf, dass einige dem Wink sehr eifrig folgten, andere deutlich zögernder.
    »Der zweite was?«, wiederholte er.
    Gil Darcy riss sich los und wandte sich um. Seine Augen funkelten. »Na, der zweite, der bei der Aufnahmeprüfung für den Zirkel ums Leben kommt«, erklärte er. »Es ist ganz …«
    »Halt die Schnauze«, fuhr Oliver ihn an.
    Überrascht brach Darcy mitten im Satz ab. Die Gespräche ringsum verstummten, neugierige Gesichter wandten sich Oliver zu. Auch Benny starrte ihn an – ein unbeherrschter Oliver war ein ungewohnter und seltsam befremdlicher Anblick.
    »Sag mal«, empörte sich Darcy, »du bist ja …«
    Ehe er seinen Satz vollenden konnte, schob Oliver die Schüler, die vor ihm standen, beiseite und drängte sich die Treppe hinunter. Wortlos sahen Benny und die anderen zu, wie er schnurstracks auf Alasdair zuging und etwas zu ihm sagte. Alasdair zeigte auf eine der Gruppen, Oliver nickte und schloss sich den anderen an.
    »Scheiße, nein.« Darcy lachte auf. »Oliver Hegeling und der Zirkel. So so. Wusste gar nicht, dass er es nötig hat, sich da einzuschleimen. So so.«
    Benny spürte, wie sich etwas in seinen Eingeweiden verhärtete, als balle sich sein Darm zu einer Faust zusammen. Er erinnerte sich, wie Richard und Oliver an seinem ersten Abend auf Glen über den Zirkel gesprochen hatten. Die Würde des Menschen und die Machenschaften des Zirkels sind unantastbar, hatte Oliver gesagt. Es hatte verächtlich geklungen. Oder? Auf einmal war er sich nicht mehr ganz so sicher.
    Er betrachtete die Handvoll Zirkelmitglieder. Der Blonde mit dem Pferdeschwanz, neben ihm ein hagerer Typ mit krummer Nase und dunklen Haaren, der aussah, als gäbe es in seiner Familie seit Generationen nicht genug zu essen. In Olivers kleinem Suchtrupp ein kleiner, eher rundlicher Schüler, dessen Uniform an den Oberschenkeln und Schultern zu spannen schien, als hätte er erst kürzlich viel zugenommen. Sie alle wirkten ganz normal – bis auf Alasdair, dem die Arroganz aus jeder Pore troff. Trotzdem regte sich Neugier in Benny.
    »Also, bei dem Wetter hätte ich ja keine Lust, draußen im Moor nach irgendwem zu suchen«, verkündete Gil Darcy. »Wahrscheinlich geht die Hälfte der Leute auch noch verloren. Würde mich nicht wundern, wenn wir morgen gleich drei Tote hätten statt nur einem.«
    Nicholas Hunter brummte zustimmend und setzte gerade zu einer Antwort an, da öffnete sich unten langsam die schwere Tür der Roten Halle einen Spalt, und eine schmale Gestalt taumelte herein.
    Es war Leslie MacGregor. Ihr dünnes blondes Haar war klatschnass und lag so dicht am Kopf, dass die abstehenden Ohren noch größer wirkten. Auch ihre Kleidung war durchweicht, und Benny sah erschrocken, wie dünn sie darunter war. Das ganze Mädchen war von Kopf bis Fuß mit Schlamm verschmiert, schwarz wie Teer, und mit ihr wehte ein eisiger Wind durch die offene Tür, fegte durch die Rote Halle und brachte einen modrigen Geruch mit sich, der sich wie ein fauliger Pelz auf Bennys Zunge legte. Dumpfer Modergeruch aus dem Moor, der Bilder von blubbernden schwarzen Tümpeln heraufbeschwor und von trügerischen Pfaden, die einem unter den Füßen wegsackten.
    Das Stimmengemurmel verstummte für einen Augenblick, um in der nächsten Sekunde wieder anzuschwellen, lauter und drängender als zuvor. Nur unten standen sie alle reglos herum, als wisse keiner, was zu tun sei. Dann taumelte Leslie, und Alasdair schoss auf sie zu. Statt seine Schwester aufzufangen, packte er sie jedoch hart am Arm, beugte den Kopf zu ihr hinunter, ganz dicht, und sie sagte etwas. Er zögerte, nickte, dann ließ er sie los und eilte mit ein paar anderen aus der Halle, darunter Mister Ross.
    Leslie blieb stehen, wo sie war. Ihr Gesicht und die Kleidung waren schlammverschmiert, ihre Arme hingen herab, und sie zitterte vor Kälte. Die Leute vom Zirkel beachteten sie nicht. Benny bemerkte, wie einige Schüler ihr scheue Blicke zuwarfen, andere starrten sie ganz offen an.
    »Sie ist geistesgestört«, sagte Gil Darcy neben ihm fachmännisch und verschränkte die muskulösen Arme vor der breiten Brust. »Man sieht es ihr an, oder? Ganz wie ihre Mutter. Kein Wunder, dass die Familie nichts mit ihr zu tun

Weitere Kostenlose Bücher