Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
Vom Netzwerk:
haben will.«
    Benny antwortete nicht. Unten trat der hakennasige Typ vom Zirkel auf Leslie zu.
    »Ricky Shawfield«, sagte Gil Darcy, der Bennys Blick gefolgt war. »Alasdairs treuestes Hündchen.« Er lachte auf. »Nicht, dass das was Schlechtes wäre, will ich nicht gesagt haben. Aber wenn Alasdair sabbern würde, dann würde Shawfield es auflecken, das steht mal fest.«
    Sie beobachteten, wie Shawfield Leslie am Arm fasste und aus der Roten Halle bugsierte, nicht grob, aber nachdrücklich und nicht gerade sanft. Sie leistete keinen Widerstand. So erschöpft sah sie aus, dass Benny, der eigentlich nicht unbedingt zu Fürsorglichkeit neigte, sie am liebsten ins Bett gesteckt hätte. »Ist sie wirklich verrückt?«, fragte er leise.
    »Leslie MacGregor? So verrückt wie der Stier vom alten Conway, den sie letzten Sommer erschossen haben.«
    Unten schob jemand die Tür wieder auf, durch die Leslie und Shawfield verschwunden waren. Benny fühlte sich ein wenig wie in einem Theater – hier auf der Treppe waren die Logenplätze, unten die Bühne. Mit einem weiteren Schwall eisiger Luft aus dem Moor rauschten die wieder herein, die eben nach draußen geeilt waren, in ihrer Mitte Mister Ross, der einen leblosen Körper auf den Armen trug. Eilig schritt er lang aus, und vor ihm teilte sich die Menge der starrenden Schüler wie das Rote Meer für Moses. Auch Benny wich zurück, und als Mister Ross auf seiner Höhe der Treppe war, erhaschte er einen Blick auf das wachsbleiche Gesicht Finleys. Zäher Schlamm klebte an seiner Wange und in den Brauen, im Haar hatten sich kleine Äste verfangen, die Augen waren fest geschlossen. Er sah aus wie tot.
    Kaum hatte Mister Ross die Halle verlassen, brandeten Stimmen auf, als drehe jemand den Regler eines Lautsprechers bis zum Anschlag auf. Darcy redete von einem eingeschlagenen Schädel, irgendein anderer von einem Schnitt quer über dem Gesicht, wieder ein anderer war ganz sicher, dass Finleys Augen weit offen gestanden hatten, ohne etwas zu sehen. Er sei tot, hieß es, er sei bewusstlos, er sei verrückt geworden, er sei ertrunken, draußen einem der Stiere des alten Conway zum Opfer gefallen oder im Sturm, der inzwischen hörbar um die Burg heulte, von einem Baum erschlagen worden.
    Die Stimme der Teagle drang mühelos durch den Aufruhr, sie war rau und zornig. »Meine Herren«, rief sie laut, Alasdair stand mit verschränkten Armen neben ihr.
    »Meine Herren!«, wiederholte sie, das Gemurmel verstummte. »Sie alle kehren jetzt augenblicklich in Ihre Zimmer zurück. Ich bitte mir aus, dass Sie alle sich ruhig verhalten. Die Nachtruhe ist keinesfalls aufgehoben. Morgen beim Frühstück werden Sie erfahren, wie es Mister Finley geht. Bis dahin wünsche ich keine Spekulationen. Mister Finley wird in der Krankenstation versorgt, er ist am Leben, es besteht kein Anlass, die Situation überzudramatisieren. Die Zimmerältesten sind jeweils dafür verantwortlich, dass die Mitschüler ihrer jeweiligen Zimmer vollzählig in die Betten zurückkehren, und zwar augenblicklich. Wenn in zehn Minuten noch jemand auf den Fluren angetroffen wird, dann hat das ernsthafte Konsequenzen. Das war es für heute Nacht, meine Herren, die zehn Minuten beginnen jetzt.«
    Nur widerwillig lösten sich die Schülertrauben auf. Den Gefallen, keine Spekulationen anzustellen, tat der Teagle niemand, aber immerhin waren die Gänge zehn Minuten später tatsächlich so leer, als wäre jemand mit einem überdimensionalen Besen hindurchgegangen und hätte die Schüler fein säuberlich in ihre Zimmer gefegt.
    Daniel Green hatte dem Großereignis ebenfalls beigewohnt, er hatte auf der Galerie gestanden. Nicholas Hunter hatte alles verschlafen. Richard und Callahan waren auf dem Weg von den zurückkehrenden Schülern wieder in den Schlafraum gespült worden, als schon alles vorbei war. Wieder und wieder verlangte Nicholas Hunter, dass Oliver, Benny und Daniel Green ihm schilderten, was sie gesehen hatten, und stellte Spekulationen an, die denen von Gil Darcy in nichts nachstanden. Aber Oliver war ungewohnt wortkarg, Daniel Green verstand nicht, was Nicholas Hunter wollte, und Benny war nicht bereit, sich in Mutmaßungen zu ergehen, was Finley wohl zugestoßen sein mochte.
    »Mann, seid ihr Flaschen«, sagte Nicholas Hunter irgendwann und stand auf.
    »Wo willst du hin?«, fragte Oliver.
    »Nach nebenan. Ich wette, Gil Darcy hat ein bisschen mehr zu erzählen.« Damit steckte er den Kopf aus der Tür, spähte nach links

Weitere Kostenlose Bücher