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Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
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so aus, als habe er gar nichts gesucht, Mister Darcy. Ned Finley leidet seit langer Zeit unter Schlafwandeln, und diesmal ist es unglückseligerweise nicht bei einem kleinen Ausflug ins Kaminzimmer oder in die Küche geblieben.«
    Irgendjemand am Tisch der dritten Klasse kicherte unterdrückt.
    »Gibt es weitere Fragen?«, erkundigte sich Mister Ross in einem Ton, der deutlich machte, dass man es dabei besser bewenden ließ. Unbeeindruckt reckte Darcy erneut die Hand in die Höhe.
    Mister Ross heftete ihn mit seinem Blick fest, als spieße er einen Nachtfalter auf eine Nadel. »Mister Darcy?«
    »Mister Ross, wer hat ihn denn gefunden?«
    »Glücklicherweise hat Miss MacGregor ihn gefunden, am Rand des Moors, und ihn zurückgebracht.«
    »Er hat geblutet.«
    »Er wird sich wohl an einem Ast den Kopf gestoßen haben. Jedenfalls sind es nur oberflächliche Schrammen.«
    Darcy sah zutiefst enttäuscht aus. Dann hellte sich sein Gesicht etwas auf. »Und was hat Miss MacGregor mitten in der Nacht im Moor gemacht?«
    »Das weiß ich nicht, Mister Darcy, und es geht uns auch nichts an«, versetzte Mister Ross freundlich. »Guten Appetit wünsche ich Ihnen dann noch«, verabschiedete er sich. »Und denken Sie daran: Der Unterricht findet statt wie gewohnt. Zu spät zu kommen, wird heute ebenso wenig toleriert wie sonst, heute ist ein ganz normaler Tag, ganz gleich, wie lange Sie sich in der vergangenen Nacht die Köpfe heiß geredet haben mögen.«
    Kaum war er fort, steckten Darcy und ein paar andere die Köpfe zusammen. Aus der nächtlichen Begebenheit wurde ein romantisches Stelldichein zwischen Ned Finley und Leslie MacGregor, und obwohl Alasdair ganz offenkundig auf der Burg gewesen war, wurde darüber spekuliert, inwiefern er mit dem unglücklichen Ausgang etwas zu tun gehabt haben mochte. Nicholas Hunter beteiligte sich mit ungewohntem Eifer an der Entwicklung immer aberwitzigerer Theorien. Oliver hingegen war still, blass und nachdenklich, Richard schwieg eisern. Ob es daran lag oder an der seltsamen Nacht, die Benny in einem Zustand in den Morgen gespuckt hatte, als sei er stundenlang auf eine Streckbank gespannt gewesen – jedenfalls staunte er, wie fremd er sich plötzlich auf einer Schule fühlen konnte, die ihm in den letzten Wochen unerwartet vertraut geworden war. Einmal fing er Callahans forschenden Blick auf, aber er wich ihm aus und blieb ebenso schweigsam wie Richard und Oliver.
    Nach einem Morgen in den erstaunlich gut ausgestatteten Laboren, die Benny dennoch nicht dabei halfen, sich nennens wert für Chemie und Physik zu erwärmen, hatte er Sport. Er lief 12,3 Sekunden auf hundert Meter und erweckte damit großes Interesse bei Mister Bane, der ihn gründlich über seine sportliche Vergangenheit ausfragte, ihn für Sonntag für einen Test rekrutierte – noch ein Termin! – und ihm empfahl, beim Frühstück nicht zu sehr zuzuschlagen, was das Porridge betraf, das habe ihn bereits zwei gute Athleten gekostet. Neill Graham, der in der Leichtathletikmannschaft war, beobachtete ihn im Verlauf der anderthalb Stunden genau und sehr wohlwollend, und Benny fing an, sich wieder ein bisschen wohlerzufühlen. Allerdings wusste er nicht, ob das an der Aufmerksamkeit lag oder am Laufen – sie trainierten unter freiem Himmel auf der Aschenbahn, die sich oval und rostrot ein Stück ins Moor hinein erstreckte, der Boden war gut drainiert und von der Feuchtigkeit kaum schwerer, die Luft klar und sauber nach dem Sturm letzte Nacht, und die Bewegung tat ihm gut. Vom Moor wehte ein kühler, erdiger Wind herein, ein Nachbote des Sturms. Die frische, kalte Luft machte seine Füße leichter und wehte ihm das Gewicht von den Schultern.
    Er erkundigte sich bei Neill Graham, ob man den See einmal umrunden konnte, erfuhr aber, dass er Ausläufer bis ins Naturschutzgebiet hinein hatte, dessen Betreten für Schüler streng verboten war. Graham lud ihn ein, ihm ein paar Laufstrecken zu zeigen, und als Benny sagte, er laufe am liebsten allein, nahm Graham ihm das nicht übel, sondern lachte und sagte, das ginge ihm genauso. »Ich zeig dir die Strecken einfach einmal, und dann läufst du sie allein, wann immer du Lust hast«, schlug er vor.
    Benny war nach dieser Doppelstunde zumute, als wären sämtliche Atemwege bis in die tiefsten Winkel der Lungen ausgeputzt worden, er atmete so frei wie schon lange nicht mehr. Fast beschwingt machte er sich direkt vom Sportplatz aus zum Supermarkt auf, um den Brief an Erik aufzugeben. Kurz

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