Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
Vom Netzwerk:
ist er dran. Wenn du jemanden leiden kannst, manchmal auch. Mehr muss ich nicht wissen.«
    »Du … du arrogantes Arschgesicht«, stieß Oliver hervor, eher erstaunt als wütend. »Und das von dem Bengel, der Miles Cooper mal eben so im Vorbeigehen die Nase gebrochen hat. Wenn du Leute nicht leiden kannst, brichst du ihnen die Nase, aber wenn ich …«
    »Ich verlange nicht, dass du mich leiden kannst«, erwiderte Benny. Die Kälte hatte sich verselbständigt. Er hörte seine Stimme, sie klang wie die eines Fremden, kalt, klar und hart. Nägel mit Köpfen, wennschon-dennschon, keine Gefangenen. Er straffte sich und legte einen Zahn zu.
    Oliver hielt schweigend Schritt. »Ich kann dich aber gut leiden«, sagte er eine Weile später. »Und jetzt?«
    Gleichgültig zuckte Benny mit den Schultern. Sie erreichten das Dorf, trabten über den Marktplatz und betraten den Supermarkt, ohne dass ein weiteres Wort gefallen war. Benny kaufte einen ganzen Haufen verschiedene Cadbury -Riegel – die hatte sich seine Mutter regelmäßig aus England schicken lassen, bevor sie keine zehn Gehminuten von zu Hause entfernt einen kleinen Laden mit englischen Süßigkeiten entdeckte, wo sie sich regelmäßig eingedeckt hatte. Die Auswahl hier war ungleich größer. Vermutlich finanzierte sich der Laden allein durch den Verkauf von Schokoriegeln an die Schüler von Glen. Elf Sorten mit Karamell zählte Benny und nahm von jedem einen, dazu fünf Twirl-Riegel, die er ganz gern mochte, und einige andere, die er nicht kannte, zum Ausprobieren. Oliver nahm drei Riegel und eine Flasche Cola. Unterwegs fiel Benny ein Regal mit Socken ins Auge. Ein ganzes Regal mit Socken in unterschiedlichen Größen, fast so ausladend wie das Regal mit den Schokoriegeln. Er hob die Brauen und wandte sich zur Kasse. Oliver folgte ihm schweigend.
    An der Kasse saß Gin. Erfreut lächelte Benny sie an und sagte »Hi«.
    Sie lächelte unverbindlich zurück und zog die Schokoriegel über den Scanner. »Tüte dazu?«, fragte sie.
    »Ja, bitte. Und eine Briefmarke bräuchte ich. Ausreichend Porto nach Deutschland.«
    »Unter zwanzig Gramm?«
    »Ja, denke schon.«
    Sie nickte und schob ihm eine Marke und eine Tüte über das Laufband. »Sechs Pfund dreißig.«
    Er bezahlte. Verwirrt registrierte er, dass sie ihn nicht zu erkennen schien. Sie sah älter aus als an dem Tag, als er mit Leslie bei ihr gewesen war. Wäre ihr dichtes kastanienbraunes Haar nicht gewesen und hätte er sie beispielsweise irgendwo anders getroffen, wo er sie nicht klar zuordnen konnte, hätte er sie vermutlich gar nicht erkannt. Ging es ihr ebenso? Vermutlich. Vermutlich war er für sie einfach nur einer von fünfhundert Schülern, die hier hereinschneiten und Schokoriegel und Briefmarken kauften, eins von vielen, immer gleichen Gesichtern, die sie sich nicht merkte. In Erinnerung daran, wie sie über die herablassende Art der Internatsschüler geschimpft hatte, wünschte er ihr besonders höflich einen schönen Tag.
    »Dir auch, danke«, erwiderte sie und wandte sich Olivers Einkäufen zu.
    »Tag, Gin«, sagte Oliver.
    »Tag, Oliver.«
    »Hast du was von Leslie gehört?«
    Erstaunt blickte Benny von seiner Tüte auf, in der er gerade die Schokoriegel verstaute.
    »Wieso?«, fragte Gin unbewegt. »Was soll mit Leslie sein?«
    Oliver stützte sich auf das Laufband und beugte sich ein wenig vor. »Gestern Nacht ist ein Schüler von Glen verschwunden. Ned Finley, Neuzugang beim Zirkel. Gerade als die Suchtrupps loswollten, kam Leslie herein. Sah aus, als hätte sie sich im Schlamm gewälzt. Dann haben sie Finley hereingetragen. Ehe ich mit Leslie sprechen konnte, war sie verschwunden. Und jetzt frage ich mich, ob es ihr gut geht. Sie sah ziemlich fertig aus.«
    »Und du meinst …«
    »Ich meine«, sagte Oliver leise, »dass sie ihn draußen im Moor gefunden und zurückgebracht hat. Und ich gehe davon aus, dass du davon weißt. Ich möchte einfach nur wissen, ob es ihr gut geht. Das ist alles.«
    Eine Weile betrachtete Gin ihn. Jetzt waren ihre Augen wacher und heller, sie erinnerte Benny sehr viel mehr an die Frau, die ihm einen nachlässig ausgeschüttelten Teebeutel in die Tasse geworfen und über die Schotten geschimpft hatte.
    »Ja«, sagte sie endlich. »Ja, es geht ihr gut.«
    »Danke«, sagte Oliver, bezahlte und verließ den Supermarkt. Diesmal war es eher Benny, der ihm folgte, als andersrum. Und so nahmen sie nicht die Abkürzung, sondern die Straße durchs Dorf, die an der Mauer

Weitere Kostenlose Bücher