Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
Vom Netzwerk:
hatte er überlegt, ihn neu zu schreiben oder wenigstens um die Ereignisse der letzten Nacht zu ergänzen, aber er sehnte sich nach einer Antwort von »draußen« und hatte keine Lust, mit dem Abschicken noch zu warten. Wie er sich kannte, würde es dann wieder mehrere Wochen dauern, bis er es hinbekam. Er würde den nächsten Brief einfach bald hinterherschicken … sobald er es eben schaffte.
    Normalerweise wäre er gelaufen, aber jetzt war er so gesättigt vom Sport, dass er nur zügig ging. Außerdem war die Zeit bis zum Mittagessen so knapp, dass er nach dem Sport gleich wieder in die Schuluniform geschlüpft war, die erstaunlich gut wärmte, und darin wollte er nicht so gern laufen und sich dabei die Beine bis zum Knie mit Schlamm bespritzen. So war es nicht allzu schwierig, ihn einzuholen, wenn man es wollte. Und ganz offensichtlich wollte Oliver es. Benny brauchte sich nicht einmal umzudrehen, als er jemanden herantraben hörte, er wusste aus irgendeinem Grund, wer es war, ohne hinzuschauen.
    Schweigend verfiel Oliver in einen schnellen Trott, als er ihn erreichte. Schweigend registrierte Benny seine Anwesenheit. Sie liefen über die Brücke, am See entlang und aufs Dorf zu. Olivers Präsenz war, obwohl er nichts sagte, wie ein nervtötendes Summen in Bennys Kopf, das hartnäckige Sirren eines Mückenschwarms, der noch nicht zustach, es aber jederzeit tun konnte.
    »Willst du zum Supermarkt?«, fragte Oliver irgendwann.
    Benny nickte.
    Schweigen.
    »Du fragst dich sicher, was gestern los war«, stellte Oliver eine Weile später fest. »Nicht Finley, meine ich, das fragen wir uns alle. Das mit mir und Richard.«
    »Nein«, erwiderte Benny.
    »Nein?«, wiederholte Oliver verblüfft.
    »Nein.«
    Eine ganze Weile trabte Oliver schweigend neben Benny her. »Ich würde es trotzdem gern erklären«, sagte er schließlich.
    »Kein Interesse.«
    Verdutzt starrte ihn Oliver von der Seite an. »Sag mal!«, protestierte er.
    Benny blieb nicht stehen und schaute ihn nicht an. »Ihr streitet euch gern. Gut. Ihr zieht andere mit rein. Auch gut. Ihr seid es gewöhnt, dass alle das mit sich machen lassen. Auch prima. Aber ich habe auf so etwas keine Lust. Ihr hört euch zu gern selbst reden, ihr gefallt euch selbst viel zu gut, ihr schert euch einen Scheißdreck um andere, das habe ich jetzt begriffen, das ist schade, aber immerhin weiß ich es, bevor ich mich richtig mit euch angefreundet habe. Das ist gut. So habe ich mit euch keine Zeit verschwendet.« Seine Stimme klang kalt und klar, ungefähr so wie der Wind. Benny war gut darin, etwas zu beenden, einen Schlussstrich zu ziehen. Das hatte seine Mutter irgendwann einmal festgestellt, ganz erstaunt und ein wenig erschrocken, als er Liam damals aus seinem ohnehin schon kleinen Freundeskreis aussortiert hatte, ohne mit der Wimper zu zucken. Einen besonderen Grund hatte es nicht gegeben. Ich mag ihn einfach nicht mehr, hatte der elfjährige Benny schulterzuckend erklärt, als seine Mutter wissen wollte, was vorgefallen war. Sie war besorgt gewesen. Vielleicht hatte sie damit Recht gehabt. Vielleicht war es nicht gut, so gut im Beenden von Angelegenheiten zu sein wie er. Und es war ja auch nicht so, dass er nicht traurig darüber sein konnte. Aber er tat es eben trotzdem. Für unnötiges Hin und Her hatte er nichts übrig.
    »Du kennst mich überhaupt nicht«, sagte Oliver, nachdem er eine Weile perplex gar nichts gesagt hatte. Er klang gekränkt.
    »Ich wäre ganz gern allein«, sagte Benny. »Wenn das machbar wäre.«
    Ohne darauf zu reagieren, stiefelte Oliver weiter neben ihm her. Mückenschwarm im Kopf. Nervtötend. Selbst wenn Benny die Augen geschlossen hätte, er hätte seine Gegenwart weiterhin gespürt. Er fühlte, wie er sauer wurde.
    »Richard und ich, wir … sind einfach so.« Olivers Stimme klang belegt. »Ich habe ihn gern. Manchmal aber auch nicht. Das ist schwierig zu erklären. Jedenfalls weiß Rich, wie er das gestern einzuordnen hat. Wir kommen klar. Das muss dich nicht kümmern. In ein paar Tagen ist alles wieder in Ordnung.«
    »Kann sein.«
    »Damit wollte ich sagen: Es geht dich nichts an«, erklärte Oliver, klang aber nicht unfreundlich.
    »Es geht nicht um Richard«, erwiderte Benny. »Ich bin mit Leuten wie dir nicht befreundet. Das ist alles.«
    »Mit Leuten wie mir.« Oliver ließ sich jedes Wort auf der Zunge zergehen. Er hustete. »Das sind starke Worte, Rob Roy. Wie gesagt, du kennst mich gar nicht.«
    »Wenn du jemanden nicht leiden kannst,

Weitere Kostenlose Bücher