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Die Feenflöte

Die Feenflöte

Titel: Die Feenflöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Rose
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Blicken.
    "Mein Name ist Galadan. Ich bin in diesem Jahr der Sprecher des Weisen Rats." stellte sich der Mann in der Mitte vor. "Du heißt also Sean und bist ein Flötenspieler?"
    "Wir bitten dich, heute Abend für uns zu spielen." fuhr er fort, als Sean nicht sofort antwortete.
    "Sei unbesorgt." ergänzte sein Nachbar. "Wahrscheinlich bist du sehr überrascht, daß wir dich hergebeten haben."
    "Überrascht?!" endlich fand Sean seine Sprache wieder. "Das ist gar kein Ausdruck dafür!"
    Der älteste von den sieben, ein würdiger Mann mit langem weißem Haar, nickte vielsagend.
    "Heißt das, du weißt nicht, wo du bist und wer wir sind?"
    "Im Augenblick weiß ich überhaupt nichts. Ich hab' immer geglaubt, die alten Geschichten seien halt nur Märchen. Ich glaube, ich träume das alles. Im übrigen seht ihr nicht so aus, wie es in den Sagen über Feen erzählt wird."
    Die Männer lachten herzlich.
    "Du darfst nicht denken, wir würden dich auslachen, Sean." fuhr der Älteste fort. "Wahrscheinlich glauben die Menschen, wir würden noch immer so leben wie vor Jahrhunderten, mit Kleidung aus dem Mittelalter, einem König als Oberhaupt und Rittern an seiner Seite. Sofern sie überhaupt noch an unsere Existenz glauben. Auch die Völker der Feen verändern sich. Wir haben einen Weisen Rat statt eines Königs, und wir tragen auch andere Kleidung. Allerdings," schränkte er ein, "wenn ich dich so anschaue, da sind wir inzwischen wohl doch schon wieder veraltet."
    "Aber ihr entführt noch immer junge Musiker, damit sie für euch spielen." stellte Sean fest, der sich wieder an eine typische Feen-Erzählung erinnerte. "Wenn ich nicht vorsichtig bin, muß ich für immer hierbleiben, stimmt's?" fügte er etwas besorgt an.
    "Nein," lachte Galadan, "das hier ist nur ein Engagement für eine Nacht."
    Auf seinen Wink brachte eine junge Frau einen langen schmalen Kasten. Galadan klappte den Deckel hoch und hielt ihn Sean hin. Dem stand vor Staunen der Mund offen. Eine Flöte, offensichtlich aus getriebenem Gold, von edelster Machart, fein verziert mit zahlreichen eingravierten Mustern und rätselhaften Symbolen.
    "Dies ist die goldene Flöte unseres Volkes. Auf ihr sollst du musizieren, nur für heute Nacht. Du wirst feststellen, wie wundervoll sie sich spielt."
    So schwer sie war, sie lag ihm wunderbar in der Hand. Sean blies einige Tonleitern, eine kurze Melodie.
    "Unvergleichlich! Absolute Spitze!" seufzte er und strahlte dabei über das ganze Gesicht.
    "Das ist sie. Und für diese eine Nacht wirst du auf ihr spielen. Bitte, fang an!"
    Es wurde wahrhaft ein rauschendes Fest. Sein anfängliches Lampenfieber verging, und bald ergriff ihn die Ausgelassenheit der Feengesellschaft. Nie zuvor hatte er so gut gespielt. Die Feen begannen, durch den Festsaal zu tanzen, voller Begeisterung, mit großem Temperament, und mit einer unglaublichen Ausdauer. Obwohl sie ihm kaum Zeit zum Verschnaufen ließen, fühlte er sich kaum erschöpft. Viele Stunden vergingen, ehe das Fest allmählich ausklang. Zu guter Letzt setzte Sean die Flöte ab und atmete tief durch. Die umstehenden Feen applaudierten ihm. Der weißhaarige Feenmann trat mit freundlichem Gesicht auf ihn zu.
    "Danke, Sean! Du hast unser Fest mit deinem Spiel bereichert. Sicherlich hast du selber bemerkt, wie großartig du heute Nacht gespielt hast. Die Fähigkeit, so gut zu spielen, ist unser Lohn, unser Geschenk für dich. Dieses Talent wird dich zum besten Flötisten unter den Menschen machen. Ich gebe dir den guten Rat, dieses Geheimnis für dich zu behalten. Das Fest ist vorüber, nun ist es Zeit für dich, zu gehen. Aylana wird dich wieder zurückbringen an den Ort, wo sie dich abgeholt hat. Sie wartet dort drüben auf dich."
    "Also, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll." begann Sean. "Es hat großen Spaß gemacht. Ihr wart ein tolles Publikum."
    Sean ging zum Ausgang des Saales, wo Aylana stand. Auf einem großen Tisch, neben einem vielflammigen Kerzenleuchter, lag die Schatulle der goldenen Flöte, daneben das Futteral mit Seans eigener Flöte, und die Jacke, die er während des Spielens abgelegt hatte, weil es ihm warm geworden war. Mit großem Bedauern legte er die goldene Flöte in die Schatulle und betrachtete sie noch einmal ausgiebig, während er seine Jacke anzog. Der alte Mann rief nach Aylana.
    "Ich bin gleich wieder da," sagte sie zu Sean, "und begleite dich hinaus."
    Sooft er später auch darüber nachdachte, er konnte niemals ergründen, was plötzlich über ihn

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