Die Feenflöte
muß die Arbeit vieler Jahre gewesen sein."
Seans Augen leuchteten. Er war ganz aufgeregt.
"Das ist ja unglaublich! Hier, die Zeichnungen der Blechblasinstrumente, und die Beschreibung, wie man damals ein Horn gebaut hat."
Catherine staunte.
"Ich verstehe zwar nicht so viel von Instrumenten wie sie, aber es ist auf jeden Fall sehr außergewöhnlich. Das sehe sogar ich. Ich könnte einen wundervollen Artikel über dieses Werk in der Zeitschrift bringen. Man müßte einige Zeichnungen abbilden, vielleicht den Kommentar eines Instrumentenbauers dazuschreiben."
Sean blickte sie intensiv an.
"Wir beide haben zwei Leidenschaften gemeinsam: die Liebe zur Musik, und die Leidenschaft für unseren Beruf."
Catherine nickte stumm.
"Darf ich fragen, ob sie dieses Buch kaufen wollen?"
"Auf jeden Fall bin ich sehr daran interessiert. Am liebsten würde ich hier ganz viele Bücher kaufen. Es ist phantastisch, was dieser Laden bietet. Ich bin gespannt, wieviel dieses Exemplar kosten soll. Vorher sehen wir uns noch die anderen Sachen an, die Madame für uns herausgesucht hat."
Catherine nahm ein großformatiges Heft vom Pult und schlug es auf.
"Eine Partitur. Oh, Etüden von Chopin. Das erinnert mich daran, wie die Klavierlehrerin im Internat mich getriezt hat."
"Sie spielen Klavier?"
"Nicht mehr. Ich hatte nicht viel Talent dazu. Die Theorie hilft mir immerhin bei meiner Arbeit."
Sean blickte versonnen auf das Buch, das er noch immer in Händen hielt.
"Gut, dann folgt jetzt gewissermaßen das Finale. Kommen sie mit?"
Die alte Dame stand auf, als sie sich dem winzigen Tresen näherten, an dem sie saß.
"Haben sie etwas gefunden?"
"Das Angebot ist überwältigend. Ich glaube, ich könnte Tage hier verbringen und in diesen Büchern stöbern."
"Sie können gerne wiederkommen und sich umschauen."
"Das geht nicht so einfach. Ich bin nur auf der Durchreise. Wenn ich das nächste Mal in Paris bin, komme ich bestimmt wieder. Dieses Buch hier," sagte Sean und hielt es der alten Dame hin, "was verlangen sie dafür?"
"Ah, Monsieur hat ein Auge für das wirklich Besondere." schmunzelte sie. "Da haben sie sich in der Tat eine Rarität ausgesucht. Es ist daher nicht ganz billig. Tausendvierhundertneunzig Euro. Trotzdem ein Liebhaberpreis."
"Man muß ein echter Liebhaber sein, um eine solche Summe für ein Buch auszugeben. Das ist viel Geld..."
Sean zögerte. Innerlich focht er einen heftigen Kampf mit sich aus. Das Buch hatte ihn spontan begeistert, das Feuer seiner Leidenschaft war entfacht. In Wahrheit wußte er genau, er mußte es haben, unbedingt. Trotzdem war es eine stolze Summe. Das Werk würde ein Kronjuwel seiner Sammlung sein. Er konnte auch nicht warten, oder ein anderes Mal wiederkommen. Dann mochte zu spät sein, und das Buch war bereits verkauft. Er würde sich sein Zögern nie verzeihen. Andererseits waren seine Finanzen derzeit genug strapaziert. Er konnte sich nun mal nicht alles leisten.
"Einverstanden." sagte er. "Sie akzeptieren doch sicher Kreditkarten?"
Der Flieger nach Bordeaux stand noch am Gate. Sean schnallte sich an, lehnte sich bequem zurück und schloß die Augen. Was für ein Tag! Er war rundherum zufrieden. Er hatte einen außergewöhnlichen Laden entdeckt, ein noch viel außergewöhnlicheres Buch erstanden, und bei alledem auch noch die bezaubernde Catherine kennengelernt. Sie waren im Anschluß an den Buchkauf noch in ein Bistro gegangen um etwas zu essen. Ihr Umgang miteinander war immer zwangloser und persönlicher geworden, wie von selbst waren sie dazu übergegangen, sich beim Vornamen nennen. Zuletzt war es ihnen beiden schwergefallen, sich voneinander zu trennen, und sie waren beide so klug gewesen, das auszusprechen. Jetzt besaß er einen Notizzettel mit ihrer Anschrift, privaten und geschäftlichen Telefonnummern samt Email-Adresse, und dieser Zettel verströmte noch einen Hauch ihres Parfums. Sie war im Besitz seiner Privatadresse in den Staaten, und für alle Fälle der direkten Durchwahl zu seinem Agenten Richard Harrigan in London, der ihn immer irgendwie würde erreichen können. Sean war fest entschlossen, sein Versprechen sie anzurufen gleich morgen Abend nach dem Konzert einzulösen.
"Es ist wirklich eine geniale Idee gewesen, das Eröffnungs- und das Abschlußkonzert der Tournee nach Paris zu verlegen." hatte er zu ihr gesagt. "So sehen wir uns in ein paar Wochen wieder."
"Wehe dir, wenn nicht!" hatte sie gescherzt.
Der Flieger rollte zur Startbahn. Inzwischen war es
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