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Die Feinde des Geisterjaegers

Die Feinde des Geisterjaegers

Titel: Die Feinde des Geisterjaegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Delaney
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nachsichtig genug für dich, Junge? Könntest du damit leben? Würdest du als mein Lehrling weitermachen, wenn ich das tue?«
    Der Gedanke daran, Alice nicht mehr zu sehen, war unerträglich, aber es war besser, als wenn sie dazu verdammt wurde, den Rest ihres Lebens in einer Grube zu verbringen. Außerdem wollte ich gerne Lehrling des Spooks bleiben. Es war meine Pflicht, gegen die Dunkelheit zu kämpfen. Ich wusste, dass meine Mutter wollen würde, dass ich meine Lehre fortsetzte.
    »Ja«, sagte ich leise, und in diesem Moment hörte Alice auf zu schluchzen. Ich fühlte mich so schlecht, dass ich sie nicht einmal ansehen konnte.
    »Gut, Mädchen, dann pack deine Sachen und geh. Halt dich von dem Jungen fern und nähere dich Chipenden nicht weiter als bis fünf Meilen. Wenn du zurückkommst, weißt du genau, was dich erwartet.«
    Alice antwortete nicht, und mir wurde schlagartig bewusst, dass sie die ganze Zeit geschwiegen und kein einziges Wort zu ihrer Verteidigung gesagt hatte. Das sah ihr gar nicht ähnlich. Jetzt verließ sie schweigend und mit grimmigem Gesicht das Zimmer.
    Ich sah den Spook an.
    »Ich muss mich von ihr verabschieden«, sagte ich. »Das muss ich einfach tun.«
    Er nickte. »Wenn es sein muss. Aber mach es kurz. Nicht zu lange!«
    Ich wartete am Rand des Gartens auf Alice. Traurig lächelnd kam sie zwischen den Trauerweiden auf mich zu, ihre wenigen Habseligkeiten in einem Bündel. Es begann zu regnen: ein kalter Nieselregen, der einem bis in die Knochen drang.
    »Vielen Dank, dass du dich von mir verabschiedest, Tom«, sagte sie und watete durch den Graben. Dann ergriff sie meine Hand ganz fest und drückte sie so, dass ich glaubte, meine Knochen würden ebenso brechen wie mein Herz.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll …«, begann ich.
    »Es gibt nichts, was du sagen kannst. Wir haben beide getan, was wir für richtig hielten – und ich wusste immer, was der alte Gregory davon hielt, dass ich die Dunkelheit einsetzte. Es war das Risiko wert, dich zu beschützen. Ich bereue es nicht eine Minute – obwohl mir der Gedanke, dich nie wieder zu sehen, das Herz bricht.«
    Wir gingen schweigend weiter, bis wir den Kanal erreichten. Dort ließ sie meine Hand los, nahm etwas aus ihrer Manteltasche und reichte es mir. Es war der Blutkrug.
    »Nimm ihn, Tom. Wenn du ihn bei dir trägst, kann dir der Teufel nichts anhaben. Morwenas Blut ist darin. Damit bist du sicher, ganz bestimmt!«
    »Wie bist du an ihr Blut gekommen? Das verstehe ich nicht.«
    »Weißt du nicht mehr? Ich habe dir doch angeboten, deine Silberkette zu waschen. Aber erst habe ich etwas von ihrem Blut in die Flasche gegeben. Man braucht nicht viel. Wenn du ein paar Tropfen von deinem eigenen Blut hinzufügst, wird es helfen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Alice, ich kann das nicht annehmen …«
    »Bitte, Tom, bitte! Nimm es! Nimm es um meinetwillen. Ich versuche nicht, dir Angst zu machen. Aber ohne das könntest du bald tot sein. Wer wird dich beschützen, wenn ich nicht da bin? Der alte Gregory kann es nicht, so viel ist sicher. Also nimm den Krug mit, damit ich ruhig schlafen kann.«
    »Ich kann ihn nicht nehmen, Alice. Ich kann die Dunkelheit nicht nutzen. Bitte frag mich nicht mehr. Ich weiß, dass du es gut meinst, aber ich kann das nicht annehmen. Jetzt nicht. Niemals.«
    Sie blickte zu Boden, steckte den Krug wieder ein und begann leise zu weinen. Ich sah, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen und von ihrem Kinn tropften. Ich wollte sie umarmen, wagte es aber nicht, denn ich fürchtete, sie nie wieder loslassen zu können.
    »Wohin willst du gehen, Alice? Wo wirst du bleiben?«
    Sie hob ihr tränenverschmiertes Gesicht zu mir auf und sah mich trostlos an. »Ich werde nach Hause gehen«, sagte sie. »Zurück nach Pendle. Dorthin, wo ich hingehöre. Ich wurde als Hexe geboren und das werde ich auch sein. Es ist das einzige Leben, das mir bleibt …«
    Damit umarmte mich Alice und zog mich so fest an sich, dass mir fast die Luft wegblieb. Und bevor ich mich rühren konnte, hatte sie ihre Lippen auf die meinen gedrückt und küsste mich heftig. Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann wandte sie sich ab und rannte den Uferpfad Richtung Süden entlang. Es tat weh, sie gehen zu sehen. Meine eigenen Augen füllten sich mit Tränen und ich schluchzte tief auf.
    Die Clans waren zerstritten, einige unterstützten den Teufel, andere bekämpften ihn. Doch aufgrund dessen, was sie früher getan hatte – und auch wegen des

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