Die Festung der Perle
Zunftgesetze uns verbieten, miteinander zu kämpfen, werden wir doch nicht streiten, wer unseren Gast zur Oase der Silberblume geleiten wird, oder?« Oled Alesham lachte spöttisch. Offenbar amüsierte ihn die Situation köstlich. »Vielleicht sollten wir alle zusammen hinreiten. Dann könnte doch jeder ein Stückchen von der Perle bekommen.«
»Es gibt keine Perle«, erklärte Elric. »Und es wird auch keine geben, wenn ich noch länger von meiner Mission abgehalten werde. Ich danke euch, meine Herren, für eure Fürsorge und wünsche euch einen schönen Nachmittag.«
Diese Reaktion führte zu leichter Bestürzung bei den beiden rivalisierenden Sekten. Ehe sie noch zu einem Entschluß kamen, ritt ein halbes Dutzend Krieger in schwarzen Kapuzengewändern, dicht verschleiert mit gezückten Schwertern in gestrecktem Galopp auf die Gruppe zu.
Da Elric das sichere Gefühl hatte, daß diese Männer ihm nicht wohlgesonnen waren, zog er sich zurück, so daß Manag Iss und Oled Alesham samt Anhängern ihn umgaben. »Noch mehr von eurer Sorte, meine Herren?« fragte er, hielt aber die Hand am Schwertgriff.
»Das ist die Bruderschaft der Nachtfalter«, antwortete Oled Alesham. »Sie sind Meuchelmörder. Ihre einzige Aufgabe ist das Töten. Es wäre besser, du verbündest dich mit uns, Herr Dieb. Offensichtlich hat jemand deinen Tod beschlossen, noch ehe der Blutmond aufgeht.«
»Helft ihr mir, mich zu verteidigen?« fragte der Albino und machte sich zum Kampfbereit.
»Wir können nicht«, sagte Manag Iss. Er klang, als tue es ihm aufrichtig leid. »Wir dürfen nicht gegen unsere eigenen Leute kämpfen. Aber sie werden dich nicht töten, wenn wir uns um dich stellen. Es wäre wirklich das beste, wenn du unser Angebot annähmest.«
Da gewann die ungestüme Wut, die ein Kennzeichen seines uralten Blutes war, die Oberhand in Elric. Ohne ein weiteres Wort riß er Sturmbringer aus der Scheide. »Ich habe genug von diesem armseligen Feilschen. Mach Platz, Manag Iss. Denn ich habe vor, zu kämpfen.«
»Es sind zu viele!« Oled Alesham war bestürzt. »Du wirst abgeschlachtet. Das sind ausgebildete Mörder.«
»Das bin ich auch, teurer Zauberer-Abenteurer!« Damit trieb Elric sein Pferd an und ritt mitten durch die verschreckten Sektenmitglieder der Gelben und der Fingerhüte auf den Anführer der Nachtfalter-Bruderschaft zu.
Das Runenschwert ließ gemeinsam mit seinem Herrn einen Schrei erschallen. Auf Elrics weißem Antlitz leuchtete die Kraft eines Verdammten, die roten Augen blitzten.
Da erkannten die Zauberer-Abenteurer, daß ein außergewöhnliches Wesen unter ihnen war, das sie bisher unterschätzt hatten.
Sturmbringer erhob sich in Elrics behandschuhter Faust. Sein schwarzes Metall schien die Strahlen der gleißenden Sonne förmlich aufzusaugen. Dann fiel die schwarze Klinge, gleichsam zufällig, nieder und spaltete den Schädel des Anführers der Nachtfalter, drang bis ins Brustbein vor und heulte schaurig auf, als es in dem Sekundenbruchteil des Todes die Seele des Mannes verschlang. Elric drehte sich im Sattel um, schwang das Schwert und versenkte es in der Seite des Mörders, der ihn von links angreifen wollte. Der Mann schrie noch: »Es hat mich! O nein!« Dann starb auch er.
Jetzt waren die anderen verschleierten Reiter vorsichtiger. Sie umkreisten den Albino und versuchten, sich eine Taktik zurechtzulegen. Das hatten sie für überflüssig gehalten, da sie dachten, sie müßten nur irgendeinen Dieb aus den Jungen Königreichen über den Haufen reiten und töten. Es waren noch fünf schwarze Reiter übrig. Sie baten ihre Zunftgenossen um Hilfe, doch weder Manag Iss noch Oled Alesham war bereit, seinen Männern die entsprechenden Befehle zu geben, da dies nur auf denselben grausigen Tod hinauslaufen würde, den sie gerade gesehen hatten.
Elric bewies solche Klugheit nicht. Er ritt geradewegs auf den nächsten Angehörigen der Mördersekte zu. Doch dieser parierte sehr geschickt und schlug sogar zurück, ehe sein Arm abgeschlagen wurde und er im Sattel zurücksank. Ein Blutstrom schoß aus dem Stumpf. Noch ein anmutiger Hieb, den halb Elric, halb sein Schwert ausführte, dann wurde auch diesem Manne die Seele aus dem Leib gesogen. Mit Panik in den Augen mengten sich jetzt die schwarzen Nachtfalter mit ihren gelb und grüngekleideten Brüdern. Das war schiere Zauberei! Und mächtiger, als sie je erwartet hatten.
»Halt! Halt!« rief Manag Iss. »Es ist unnötig, daß noch mehr von uns sterben! Wir sind hier,
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