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Die Festung des Teufels

Die Festung des Teufels

Titel: Die Festung des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilman
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Dartmoor. Er starrte aufdas bunte Farbenspiel, mit dem die Sonne am Horizont versank, bis nur noch eine blutrote Linie blieb.
    !Koga stand da und schaute zu, wie die Sonne schließlich ganz verschwand. Und Max ertappte sich dabei, wie er den jungen Jäger eingehend musterte. Sein magerer Körper war von Staub bedeckt, seine Augen waren rot gerändert und wund. Ein leichter Windstoß könnte den Buschmann von der Klippe reißen, dachte Max, so federleicht kam er ihm vor. Aber !Koga war unermüdlich gewesen. Er hatte nicht ein einziges Mal geklagt. Er hatte für Max sein Leben aufs Spiel gesetzt, hatte für ihn gejagt und getötet. Mit viel Geduld hatte er Max gezeigt, dass das Land eine Stimme hatte, dass es atmete und Schmerzen litt.
    !Koga lebte im Einklang mit diesem erbarmungslosen Flecken Erde, und das hatte ihnen das Leben gerettet, so viel hatte Max begriffen. Die Buschmänner verstanden die Welt auf ganz ursprüngliche Weise und lebten danach. Das verlieh ihnen eine besondere Kraft. Auch Max meinte mittlerweile, sie in sich spüren zu können.
    !Koga gehörte zu einem vom Aussterben bedrohten Volk, und Max wusste, dass es ein Privileg war, mit dem jungen Buschmann zusammen zu sein, der ihm inzwischen so nah stand wie ein Bruder.
    Er berührte !Koga an der Schulter, und der Junge sah ihn mit traurigen Augen an.
    »Das war ein harter Tag, aber wir haben uns echt gut geschlagen«, sagte Max.
    !Koga nickte und schaute wieder auf den immer dunkler werdenden Himmel. Er sagte etwas, was Max nicht verstand. Ein Klicklaut. »Gauwa.«
    Max zuckte mit den Achseln. »Ich versteh dich nicht.«
    »Das ist der Gott, der das Licht des großen Vaters wegnimmt. Das ist Gauwa. Es ist die Zeit, wenn der Geist der Toten kommt.«
    »Meinst du damit die Dunkelheit? Die Nacht?«
    !Koga wirkte unsagbar traurig, und Max begriff, dass der Buschmann-Junge das Verschwinden der Sonne als schmerzlichen Verlust empfand. Er zeigte gen Osten, hinter die Berge, die jetzt in verschiedene Schattierungen von Schwarz gehüllt waren.
    »Morgen, ja? Von dort kommt sie morgen wieder.«
    !Koga nickte ernst, er wusste das. Trotzdem fühlte er sich verlassen.
    Die Temperatur fiel unter den Gefrierpunkt, Max spürte das deutlich. Das dünne Baumwollhemd und die Hose boten nur wenig Schutz vor der Kälte, zumal beides so aussah, als hätte sich jemand mit einer Rasierklinge darüber hergemacht. ! Koga, der nur einen Lendenschurz trug, schien die Kälte nichts auszumachen.
    Sie brauchten ein Feuer, und zwar schnell. Max’ Plastikfeuerzeug war bei seinem Sturz auf den Felsen zersplittert. Er zeigte ! Koga die kaputten Einzelteile, aber der schien davon gänzlich unbeeindruckt. ! Koga zog ein kleines Holzkreuz mit einer Kerbe in der Mitte und ein dünnes Stöckchen aus seinem Beutel. Er legte das Kreuz auf den Boden, wo er es mit dem Fuß festhielt. Dann führte er das Stöckchen in die Einkerbung und drehte es so lange zwischen beiden Händen hin und her, bis es anfing zu schwelen.
    Max hatte das in ähnlicher Weise schon ein- oder zweimal beim Camping ausprobiert. Um einen Funken zu erzeugen, brauchte man trockenes Moos oder Flechten, und das war in der feuchten Region von Dartmoor schwer aufzutreiben.
    !Koga griff noch einmal in den Beutel und holte etwas Zunder heraus. Es sah aus wie Überreste eines Vogelnests – dürres Laub und Gras. Er hielt es ans untere Ende des Stöckchens und fing so die Hitze ein. Sanft blies er darüber, bis weißer Qualm aufstieg. Kurz darauf knisterte ein Feuer, das wieder ein Lächeln auf ! Kogas Gesicht zauberte.
    Erst als das Feuer richtig brannte und ! Koga ein paar Brocken Springbockfleisch unter die heiße Glut geschoben hatte, ging Max auf, wo er sich befand. Er stand in einer hoch gewölbten Höhle, die sich noch gut zwanzig Meter in die Dunkelheit erstreckte.
    !Koga sah Max an und nickte. Hierher hatte der Buschmann-Junge ihn also von Anfang an bringen wollen, so viel wusste Max jetzt. ! Koga las eine Handvoll brennender Zweige auf, hielt sie in die Höhe, und das Licht kroch in die hinteren Nischen der Höhle.
    Der Widerschein der Fackel tanzte über die Wände. Nun waren Bilder auf dem Fels zu erkennen: Andeutungen von Tieren, in Ocker gemalt; Jäger und ihre Geschichten. Es war der Ort der Vorfahren, der Ort, wo die Geister der Toten wohnten.
    Die Prophezeiung.

8
    D ie Höhlenwände dokumentierten die Geschichte des Ersten Volkes. Bilder, die von seinem Anfang erzählten; Szenen von der Schöpfung des Buschmanns

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