Die Festung des Teufels
Tausenden von Jahren an den Wänden hinterlassen worden war. Das hier hatte sicher sein Vater gemalt, und zwar erst vor wenigen Wochen.
!Koga lächelte. Für ihn waren die Bilder eine Prophezeiung.
Er sagte, dass sie nun etwas essen und ans wärmende Feuer zurückkehren sollten. Max nickte und hoffte, dass ! Koga nicht die Tränen in seinen Augen sah. Er gab ihm zu verstehen, dass er schon vorgehen solle, und als Max allein war, kauerte er sich in die Dunkelheit und weinte leise. Seit dem Tod seiner Mutter hatte er sich nicht mehr so traurig und verlassen gefühlt.
Er biss die Zähne fest aufeinander, bis sein Kiefer schmerzte. Das ist gar keine Trauer, sagte er sich. Das ist Selbstmitleid. Schluss damit oder fahr nach Hause. Kehr um! Bitte !Koga darum, dich zurückzubringen. Setz dich in ein Flugzeug, fahr heim zu deinen Freunden, melde Peterson der Polizei, und überlass dann denen die ganze Sache.
Wenn das die Alternative war, dann wollte er nichts davon wissen.
Das Fleisch hatte in der Glut gebraten und schmeckte verkohlt. Es erinnerte Max ein wenig an die Grillversuche seines Dads. Max wurde richtig satt.
»Sag mal, hat dich mein Vater hierhergeschickt?«, fragte Max schließlich.
!Koga schüttelte den Kopf. »Nein, mein Vater.«
»Dein Vater hat dir gesagt, du sollst hierherkommen?«
»Ja. Mein Vater war lange fort gewesen. Als er zurückkam, hat er mir das Ding gegeben, das ich zur Farm gebracht habe.« »Die Tierhaut mit den Feldaufzeichnungen?«
»Das Geschriebene, ja. Mein Vater ist alt. Er war müde, weil er viele Tage gelaufen war. Vor meinemVater hatte es schon andere Boten gegeben, und die haben ihm das Geschriebene gebracht. Und er hat es dann mir in die Hände gelegt.«
Max versuchte, die einzelnen Teile zusammenzufügen: Sein Vater hatte gewollt, dass er diese Höhle fand, um ihm sagen zu können, wohin er gehen sollte. Deshalb hatte er mithilfe der Buschmänner eine Nachricht übermittelt. ! Koga war als letzter Bote der Kette sein Führer geworden. Wie das Lied eines Wals im Ozean war die Botschaft durch die Wildnis geeilt, und die Buschmänner hatten sie verstanden und weitergetragen, bis Max schließlich gekommen war.
Max beobachtete ! Koga beim Essen, wandte aber schnell den Blick ab, als der Junge hochsah. Er wusste so wenig über ! Koga. Max hatte immer nur an sich gedacht: an seinen Vater, an seine Probleme, an das Warum, Wieso, Weshalb. Irgendwo da draußen zog ! Kogas Familie durch die Wildnis, während ihr Sohn seinem Vater Ehre machte und seine Pflicht tat, indem er einen unbekannten weißen Jungen zu dessen Vater brachte.
Die Strapazen des Tages forderten schließlich ihren Tribut, und noch bevor das letzte Stück Fleisch aufgegessen war, rollten sich Max und !Koga neben die warmen Steine am Feuer und schliefen ein.
Ein ohrenbetäubender Knall riss Max aus seinen wirren Träumen, und ein Blitzschlag traf die gegenüberliegende Bergwand. Die Jungen sprangen auf, aber als sie merkten, dass es nur ein heftiges Gewitter war, gingen sie zum Höhleneingang. Ein Windstoß zerstreute die kalte Asche des Feuers, dunkle Wolken jagten über den Himmel, und die Luft war schwer vom dräuenden Regen. Als ein zweiter Blitz den Berg auf der anderen Seite erhellte, sah Max Scharen von Schatten, die panisch umherhuschten.
»Er-der-auf-den-Händen-sitzt«, sagte ! Koga.
Max verstand nicht und dann sah er genauer hin. Das helle Licht des kurz aufleuchtenden Blitzes zeigte ihm mindestens hundert Paviane, die aufgeregt Schutz suchten. Paviane! SeinFreund meinte die Paviane. Aber er bekam keine Gelegenheit mehr, sie weiter zu beobachten, denn eine Wolke wälzte sich den Berg hinab und hüllte die Jungen in grauen Nebel.
Es wurde rasch kühler. Max streckte die Hand in die feuchte Luft und wünschte sich den Regen herbei, doch nichts kam, nur ein taugleicher Rest blieb an den Felsen hängen.
Und dann war das Gewitter vorbei. Zurück blieben bloß der kristallklare Himmel und die leuchtenden Sterne. Die Paviane waren in die Berge geflohen.
In der riesigen Weite herrschte wieder große Stille. Max schaute hinaus in die Nacht.
Das endlose Land verschwand in der Dunkelheit, lockte ihn und forderte auf einzutreten.
Ein Feind, der auf der Lauer lag.
Das Desinfektionsmittel stank, und Kallie musste würgen. Sie war die unverbrauchte Luft der Wüste gewöhnt. In dem Polizeirevier mit seinen langen Korridoren, den lärmerfüllten Wartebereichen und den auf engem Raum zusammengedrängten
Weitere Kostenlose Bücher