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Die Festung

Die Festung

Titel: Die Festung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meša Selimović
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gegen keine
andere eintauschen.
    Diese Schlußfolgerung kam ziemlich
unverhofft, vielleicht auch nicht, denn sie ergab sich ebenso aus der
Anerkennung ihrer mäßigen Tugenden wie aus dem Geständnis der eigenen
Unvollkommenheit.
    Ich freute mich über dieses
ungeschickte, aber hübsche Jawort zu dem, was das Leben anbot.
    War es weise, nicht viel von sich
selbst und anderen zu erwarten?
    War es Verlust oder Gewinn, die
eigenen Grenzen und die anderer zu erkennen?
    Ein Verlust war es, daß diese
Grenzen so eng gezogen waren, und ein Gewinn, daß wir nicht mehr verlangten.
    Ich sagte: »Die Welt besteht aus
unvollkommenen Menschen.«
    »Was sagst
du?«
    »Ich
verfasse ein Gedicht.«
    »Wie macht
man das? Darf ich es hören?«
    Die Welt
besteht aus unvollkommenen Menschen.
    Alles
andere ist Lüge.
    Oder
Tod.
    Die
vollkommenen Menschen liegen im Grab.
    Doch sie
sind keine Menschen mehr.
    »Meinst du mich damit?«
    »Jedermann.«
    »Gott, ist das seltsam! Auch ich
weiß, daß die Menschen nicht vollkommen sind, aber wenn ich das ausspreche, ist
es, als hätte ich nichts gesagt. In dem Gedicht ist es irgendwie traurig. Und
schön. ›Die vollkommenen Menschen liegen im Grab. Doch sie sind keine
Menschen mehr.‹ Die Lebenden sind manchmal gut und manchmal böse, mal ist
das eine stärker, mal das andere. Meistens das Böse.«
    »Sieh doch!« rief ich und zeigte auf
Rauch und Flammen.
    »Alles brennt.«
    »Ich sehe es.«
    Rauch und schweren Brandgeruch
spürten wir schon seit einer Weile, aber jetzt sahen wir die Wälder bis zum
Horizont brennen. Obwohl durch ein weites Tal getrennt, hörten wir das Feuer
zischen und prasseln, das wütend aus dem riesigen Rauchvorhang über Wald und
Himmel sprang.
    »Traurig.«
    Warum traurig? Schrecklich
vielleicht, traurig war es nicht.
    Ich schaute gefesselt diesem
sinnlosen Wüten zu, dieser seelenlosen Gewalt, diesem feindlichen Überfall ohne
Haß. Erstarrt bewunderte ich dieses Vernichtungsspiel aus überschüssiger
Kraft, und es tat mir nicht leid. Vielleicht, weil es nicht menschlich war.
    Aber vielleicht war es auch wie
Menschenwerk. Schreckliches Kräftemessen, Zerstörung und Vernichtung ohne böse
Absicht, wie im bewaffneten oder unbewaffneten Krieg.
    Das Feuer
war sinnlos und zerstörerisch wie der Haß.
    Und so ließen sich meine Gedanken
auf der Erde nieder wie müde Vögel.
    »Traurig«, sagte auch ich, und ich
meinte die toten schwarzen Bäume, die als Opfer dieser Raserei zurückbleiben
würden.
    So wie meine Kameraden in den
Sümpfen vor Chotin geblieben waren, wie alle unschuldigen Menschen Bränden zum
Opfer fielen, die sie nicht gelegt hatten.
    Erschöpft setzte ich mich neben
Mahmut, dem längst die Beine versagt hatten.
    Dann merkte ich, daß er das Feuer
nicht mehr beobachtete.
    Ich folgte seinem Blick, der
überrascht, erstaunt, erschrocken war, ich wußte es selbst nicht genau, und
entdeckte einen bewaffneten Reiter auf dem Weg am Waldrand. Er schaute uns
schweigend an.
    »Wer ist das?« fragte ich Mahmut.
    Er gab keine Antwort, starrte nur
den Reiter an.
    Ich stand auf und ging dem
Unbekannten entgegen.
    Langsam zog er ein kurzes Gewehr aus
dem Gürtel und stützte sich mit dem Ellenbogen auf den Sattelknauf, legte aber
nicht auf uns an.
    Ich blieb stehen.
    »Ihr freut euch wohl an dem
Anblick?« fragte der Reiter mit einer weiten Armbewegung über den brennenden
Wald hin.
    Mahmut lächelte ängstlich.
    »Die Leute haben davon erzählt, und
da hat mein Freund gesagt, komm, das sehen wir uns an.«
    »Es gibt ja auch etwas zu sehen.«
    Er sprach ruhig, fast leise,
abwesend, als kümmerten wir ihn nicht, dennoch schaute er uns unverwandt an.
    Ich erwiderte seinen Blick, erstaunt
über die reiche Bewaffnung und das schöne Pferd, das er ritt.
    »Ist das ein Araber?« fragte ich
bewundernd.
    Er antwortete nicht auf meine Frage,
ließ nur den schweren Blick auf uns ruhen.
    »Und ihr seid hier heraufgestiegen,
nur um dieses Unglück zu sehen?« sagte er immer noch ruhig. »Ich glaube nicht,
daß ihr so dumm seid.«
    »Hör zu, Freundchen«, sagte ich
wütend, »wo steht denn geschrieben, daß wir um Erlaubnis bitten müssen? Wenn du
uns etwas anhaben willst, nichts einfacher, du bist schließlich bewaffnet.«
    »Ich will keinem etwas anhaben. Und
mir ist es gleichgültig, warum ihr hier seid.«
    »Wir wollten nach Podgrab. Den
Bauern Zaubersprüche verkaufen«, erklärte Mahmut unterwürfig.
    »Daraus wird heute nichts. Ihr
werdet in die Stadt zurückkehren. Und

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