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Die Festung

Die Festung

Titel: Die Festung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meša Selimović
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bestellt dem Serdar Avdaga, daß er mir keine
Spione mehr nachschicken soll.«
    »Was für Spione, großer Gott?«
jammerte Mahmut.
    »Solche wie ihr.«
    »Und von wem sollen wir ihm das
bestellen?«
    »Von Bećir Toska.«
    »Du bist Bećir Toska?«
    »Ja. Hast du von mir gehört?«
    »Natürlich.«
    »Gutes oder Schlechtes?«
    »Gutes, Bećir-aga.« Mahmut
lächelte freundlich und bleckte die gelben Zähne.
    Der
Unglückselige übertrieb, das wußten wir alle drei.
    »Paß auf«, sagte Toska zu Mahmut,
noch immer ohne Zorn. »Dein Freund ist ehrlicher als du, aber auch törichter.
Er sagt wenigstens nichts. Du aber lügst, Bruder. Und nun verschwindet, und
schaut euch nicht um!«
    Wir warteten nicht, bis er den
Befehl wiederholte, der uns von seiner Gegenwart befreite. Mahmut hatte seine
Wadenkrämpfe völlig vergessen, er hüpfte wie ein Jüngling, und wir traten
eilig den Rückzug an, um von Toska und seinen Waffen Abstand zu gewinnen.
    Als Mahmut zu keuchen und zu
stolpern begann, war Toska weit hinter uns, aber noch glaubten wir seinen
schweren Blick auf uns zu spüren.
    Mich packte noch nachträglich die
Angst.
    Toska, der grausame Heiduck, der
niemanden fürchtete oder schonte! Uns aber hatte er unbehelligt ziehen lassen.
    Und während Mahmut nach Luft
schnappte und das Röcheln in seiner Brust zu dämpfen suchte, begann ich zu
lachen. Mahmut sah mich bestürzt an und fragte mehr mit Gebärden als mit
Worten, was mir sei.
    »Stell dir vor«, sagte ich, »was für
Tölpel wir sind. Sogar der
schreckliche Toska hat Mitleid mit uns. Nicht einmal die Stimme hat er erhoben,
damit wir uns nicht vor Angst in die Hosen machen. Bei unserem Anblick sind ihm
fast die Tränen gekommen. Und du sagst noch: Wir haben nur Gutes von dir
gehört.«
    Auch Mahmut
begann zu lachen.
    »Was sollte ich denn sonst sagen?
Daß ich Böses von ihm gehört habe? Das ging doch nicht.«
    »Ich weiß, daß du das nicht
konntest. Trotzdem war es lächerlich.«
    »Ja und
nein.«
    »Und was sagen wir jetzt den Leuten
in der Stadt? Sie werden uns auslachen.«
    »Was wir sagen? Nichts. Es ist mir
gleich, ob sie uns auslachen würden oder nicht, das geht vorüber, aber sie
würden etwas anderes denken. Wer würde glauben, daß wir Toska zufällig
getroffen haben und daß er uns einfach so hat laufenlassen?«
    »Unwahrscheinlich,
in der Tat.«
    »Darum sei lieber still. Wir haben
niemanden gesehen und brauchen nichts zu erzählen. Am klügsten ist es, den Mund
zu halten. So sind nun mal die Zeiten.«
    Auch ich
war der Meinung, daß dies das klügste sei.
    Aber zu wissen, was klug war, war
eine Sache, das Kluge zu tun war etwas ganz anderes.
    Mahmut wußte, daß es klug war, zu
schweigen, dennoch erzählte er alles sofort dem Serdar Avdaga.
    Avdaga ließ ausrichten, daß auch ich
zu ihm kommen solle.
    Ich konnte vor Staunen das Kreuz
schlagen, ich konnte nach irgendeinem vernünftigen Grund fragen, ich konnte
mich ärgern, aber all das hätte mir nicht geholfen, zu begreifen. Offenbar tat
Mahmut immer das Gegenteil von dem, was er dachte. Oder er konnte nicht für
sich behalten, was er wußte. Es war zu wichtig, als daß er es verschweigen
konnte, selbst wenn es ihm zum Schaden gereichte.
    Mahmut konnte keine Erklärung
abgeben.
    »Ich weiß nicht, was in mich
gefahren ist«, sagte er ängstlich.
    »Und was
hat er gesagt, als du es ihm erzählt hattest?«
    »Daß ich nach Hause gehen soll.«
    Warum ließ der Serdar Avdaga mich
rufen?
    Über diesen Avdaga wußte ich nicht
viel. Auch nicht die Leute, bei denen ich mich erkundigte. Oder sie wollten
nicht reden. Sie zuckten mit den Schultern und winkten ab. Ein Geheimnis umgab
ihn, an das zu rühren nicht gut war, wie an jedes große Übel. Ein Name und
dieses Rätsel, das war Avdaga. Mehr Rätsel als Name.
    Man muß ja in sein Unglück stolpern,
wenn man mit solchen Pechvögeln wie Mahmut verkehrt, beklagte ich mich bei
Tijana in dem Bestreben, meine mir unbekannte Schuld auf einen anderen
abzuwälzen. Aber sie unterstützte mich nicht. Ich wußte, was sie dachte: Du
bist ohne Grund herumgelungert, niemand hat dich dazu gezwungen, du hast es
kaum erwarten können, daß Mahmut dich abholte, und ich habe allein zu Hause
gesessen. Versuch dich nicht reinzuwaschen!
    So brachte mir Mahmuts
Geschwätzigkeit eine Menge Ärger ein, bei dem Serdar Avdaga und bei meiner
Frau, und wenn mich das Pech verfolgte, bei Gott weiß noch wem. Am leichtesten
hätte ich mich an Tijana schadlos halten können, die ganz und

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