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Die Festung

Die Festung

Titel: Die Festung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meša Selimović
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Reichtümer gescheffelt, nur
für ihn hatte er gelebt, und er verheimlichte diese Liebe nicht, der junge Mann
lebte wie ein Fisch im Teich, verwöhnt, übersättigt, er wußte nicht. was
häßlich und traurig ist, aber jemand hatte ihm den grünen Kopf mit großen
Worten vollgestopft, und nun drängte er sich danach, das zu verlieren, was man
nur einmal hat. Niemand geht leichtsinniger mit dem eigenen Leben um als ein
junger Mensch, erst später klammert er sich um so fester daran, je älter er
wird und je weniger Grund zum Leben er hat. Wenn es sein muß, werde ich auch fallen, sagte der dumme
Junge. Und Šehaga wurde fuchsteufelswild. Das wirst du nicht tun, du
Grünschnabel, sagte er. Wenn ich dir keine Vernunft beibringen kann, befehlen
kann ich dir! Heute bist du begeistert, morgen wirst du weinen, wenn dich die
Läuse überfallen. Dir liegt nichts am Leben, aber mir liegt an meinem Sohn,
wenn er auch ein Narr ist. Und er sperrte ihn im Haus ein. Aber der Junge
kletterte aus dem Fenster und schloß sich den Soldaten an, die in den Krieg
zogen. Am Morgen war das Zimmer leer. Šehaga war halb wahnsinnig, er wollte die
Knechte durchprügeln, weil sie nicht gesehen und gehört hatten, wie er über
die Mauer sprang, wir stürzten nach allen Seiten davon, sogar vom Wali verlangte
er, daß sein Sohn zurückgebracht würde, denn er war ohne Zustimmung des Vaters
fortgegangen. Und man hätte ihn zurückgebracht, der Wali schuldet Šehaga
tausend Dukaten, obendrein schätzt er ihn. Aber der Junge war verschwunden, als
wäre er zum Feind übergelaufen. Alle Listen wurden durchgesehen, sein Name
fehlte. Später erfuhren wir, daß er am Baba-dag in Bessarabien war, aber unter
anderem Namen, damit ihn der Vater nicht fand und zurückholte. Und hier trat
ein, was der Vater vorausgesehen hatte, der Junge bekam den Krieg bald satt, er
konnte das sinnlose Gemetzel nicht mehr ertragen und überredete ein Dutzend
Soldaten, mit ihm zu desertieren. Sie irrten umher, versteckten sich,
marschierten nachts, vermieden Militäreinheiten, umgingen die Städte, und so
wurde die Flucht zu einem langen Leidensweg. Bei Smederevo stellten sich drei
von ihnen den Behörden, sie hielten die Anstrengung und die Angst nicht mehr
aus. Die Behörden ergriffen auch die übrigen Flüchtlinge und sperrten sie in
die Festung. Alle beschuldigten Šehagas Sohn der Anstiftung zur Desertion und
sagten, sie bereuten ihre Tat. Der Junge gestand, nahm alle Schuld auf sich und
bat für die anderen um Straffreiheit. Er selbst bereue nichts, denn der Krieg
sei das größte übel der Menschheit und das schrecklichste Verbrechen. Er wurde
zum Tode verurteilt. Da gab er seinen wirklichen Namen preis und bat, man möge
seinem Vater mitteilen, daß er im Kampf gefallen sei, als hätte der Vater den
einen Tod leichter ertragen als den anderen. Die Deserteure wurden ausgepeitscht
und wieder an die Front geschickt, der Junge wurde erschossen, und dem Vater
wurde mitgeteilt, sein Sohn sei als Deserteur und Vaterlandsverräter
hingerichtet worden. Šehaga brach es fast das Herz, sein Verstand schien sich
zu trüben. Dummer Junge, schalt er den Toten, wofür bist du gefallen, wofür
hast du deinen verrückten Kopf verloren! Hättest du dich zu deinem Vergnügen
geschlagen und wärst von jemandem getötet worden, alle Achtung ihm und dir.
Wäre es wegen des goldenen Apfels aus dem Märchen gewesen, wegen des Mädchens
aus dem Volkslied, wegen eines guten Freundes, ich würde es bedauern, aber
verstehen. Aber für diesen Abschaum, diese Räuber, diese Eroberer fremder
Erde? Wie konnten sie dein reines Herz verführen? Und warum bist du nicht
allein geflohen, als du zu Verstand gekommen warst? Wie konntest du diesen
Menschen vertrauen? Man kann einer Schlange, einem Schakal, einem Sperber
vertrauen, aber nicht unserem Menschen. Er wird dich verraten, wenn du alles
für ihn tust, er wird dich töten, wenn du deinen letzten Bissen mit ihm teilst.
Daß du dich selbst vernichtet hast, kann ich dir noch verzeihen, doch nicht,
daß du auch mich getötet hast. Vergebens baten wir ihn, sich zu beruhigen, er
wollte niemanden sehen. Dann gingen wir nach Smederevo, um das Grab zu suchen,
aber niemand wußte, wo es war, wir fragten vergebens. Macht euch nichts draus,
sagte Šehaga, vielleicht ist es besser, ihn nicht in dieses verfluchte Land
zurückzuholen. Hätte ich es doch auch nie gesehen! Nach der Heimkehr begann er
zu trinken, jedesmal acht Tage lang, bis zur Bewußtlosigkeit. Wenn

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