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Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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schlangenartige Geschöpfe mit Augen wie die Sonne, mit roten und goldenen Schuppen und fünf goldenen Klauen an jedem Fuß. Das waren keine Tätowierungen, sondern sie waren Teil seiner Haut, glitzerten metallisch wie wertvollste Edelsteine und schienen im Schein der Spätnachmittagssonne wie zum Leben erwacht.
    Sie zeichneten ihn. Für das Volk auf dieser Seite der Bergkette, die man sowohl als Drachenmauer wie als das Rückgrat der Welt bezeichnete, bedeuteten sie, daß er derjenige war, Der Mit Der Morgendämmerung Kommt. Und zusammen mit den in seine Handflächen eingebrannten Reihern machten sie ihn für jene, die jenseits der Drachenmauer lebten, zum Wiedergeborenen Drachen, wie es geweissagt worden war. Und für sie alle gleichermaßen war prophezeit worden, er werde sie einen, retten - und vernichten.
    Auf diese Namen hätte er nur zu gern verzichtet, aber dazu war es viel zu spät, wenn es überhaupt je eine Chance dafür gegeben hatte, und so dachte er gar nicht mehr daran. Oder wenn doch, was selten genug der Fall war, dann tat er es mit dem vagen Bedauern eines Mannes, der sich an einen törichten Kindertraum erinnert. Als sei er seiner Kindheit nicht noch immer nahe genug, um eigentlich jeden Moment daran zu denken. Statt dessen bemühte er sich, nur an die vor ihm liegenden Aufgaben zu denken. Schicksal und Pflicht hielten ihn wie straffe Zügel auf dem Weg, und doch hatte man ihn oft als stur und halsstarrig bezeichnet. Er mußte das Ende der Straße erreichen, aber wenn er das auf einem anderen, eigenen Weg schaffen konnte, war es vielleicht gar nicht das Ende. Eine kleine Hoffnung nur. Er hatte mit Sicherheit kaum eine Chance. Die Prophezeiungen verlangten nach seinem Blut.
    Rhuidean erstreckte sich unter ihm, von einer gnadenlosen Sonne versengt, die langsam zu den zerklüfteten Gipfeln heruntersank, den kahlen Bergen, auf denen kaum ein Anzeichen einer Vegetation zu sehen war. Dieses rauhe, zerklüftete Land, in dem sich Menschen gegenseitig getötet hatten, nur wegen eines Wasserlochs, das sie mit einem Schritt überqueren konnten, war der letzte Ort auf der Welt, an dem man eine große Stadt erwartete. Ihre Erbauer hatten ihre vor langer, langer Zeit begonnene Arbeit niemals beendet. Überall standen unmöglich hohe Gebäude, abgestufte oder aus mächtigen Platten erbaute Paläste, die manchmal nach acht oder sogar zehn Stockwerken abrupt ohne Dach endeten, gewöhnlich mit dem Rohbau eines weiteren halbfertigen Stockwerks. Die Türme ragten noch höher auf, endeten aber meist genauso abrupt und unregelmäßig. Ein gutes Viertel der großen Gebäude mit ihren massiven Säulen und enormen Fenstern aus buntem Glas lagen zu Schutthaufen zerfallen auf den breiten Straßen, die in der Mitte jeweils einen Streifen bloßen Erdbodens aufwiesen, auf dem aber niemals die Bäume gepflanzt worden waren, die dorthin gehörten. Die prächtigen Brunnen standen verstaubt und trocken da, wie seit Jahrhunderten und Aberjahrhunderten. All diese Arbeit war umsonst gewesen. Die Erbauer waren gestorben, ohne sie vollenden zu können. Doch manchmal glaubte Rand, der Bau der Stadt sei nur deshalb begonnen worden, damit er sie eines Tages finden konnte.
    Zu stolz, dachte er. Ein Mann muß schon wenigstens halb übergeschnappt sein, um solchen Stolz zu entwickeln. Er konnte nicht anders, als leise in sich hineinzulachen. Es waren auch Aes Sedai bei den Männern und Frauen gewesen, die vor so langer Zeit hierhergekommen waren, und sie hatten den Karaethon-Zyklus sehr wohl gekannt, die ›Prophezeiungen des Drachen‹. Oder vielleicht hatten sie diese auch selbst geschrieben? Um das Zehnfache zu stolz.
    Gleich unter ihm lag ein riesiger Platz, der bereits zur Hälfte von den langgezogenen Schatten verdunkelt wurde. Er war übersät mit den Trümmerstücken von Statuen und kristallenen Stühlen, eigenartigen Gegenständen und verdrehten Formen aus Metall oder Glas oder Stein, Dinge, für die er keine Bezeichnungen fand und die in unregelmäßigen Schutthaufen dort lagen, als habe ein Sturm sie angeweht.
    Auch im Schatten war es nur kühl, wenn man es mit dem Sonnenschein verglich. Männer in grober Kleidung - keine Aiel - luden schwitzend Dinge auf Wagen, die eine kleine, schlanke Frau in reinster blauer Seide ausgewählt hatte. Hoch aufgerichtet glitt sie von einem Punkt zum nächsten, als mache ihr die Hitze keineswegs soviel aus wie all den anderen. Trotzdem, selbst sie trug ein feuchtes, weißes Tuch um die Schläfen und

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