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Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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warf dem Harfner einen kühlen Blick zu.
    Jasin Natael, wie er sich hier nannte, lag halb ausgestreckt auf Kissen an einer der fensterlosen Wände und spielte leise auf der Harfe, die er auf ein Knie gestützt hatte. Der obere Arm des Instruments war so geschnitzt und vergoldet, daß er den Geschöpfen auf Rands Unterarmen glich. Drachen, wie die Aiel sie nannten. Rand konnte nur vermuten, woher Natael das Ding hatte. Er war ein dunkelhaariger Mann, der außerhalb der Aiel-Wüste sicher als hochgewachsen gegolten hätte, und von mittleren Jahren. Wams und Hose bestanden aus dunkelblauer Seide, die gut an einen Königshof gepaßt hätte bei dieser Qualität, und waren mit kunstvollen Goldstickereien an Kragen und Manschetten verziert. Er hatte seine Kleidung trotz der Hitze bis obenhin zugeknöpft und -gebunden. Die feinen Kleider paßten nicht zu seinem Gauklerumhang, der neben ihm ausgebreitet lag. Es war ein durchaus fester Umhang, aber mit Hunderten von Flicken in beinahe ebenso vielen Farben geschmückt, die so aufgenäht waren, daß sie beim kleinsten Luftzug flatterten. Dieser Umhang bedeutete, daß man es mit einem fahrenden Gaukler zu tun hatte, einem Jongleur und Akrobaten, Musiker und Geschichtenerzähler, der von Dorf zu Dorf wanderte. Und das war ja wohl kein Mann, der Seide tragen würde. Der Mann war offensichtlich eitel. Er schien im Moment ganz in seiner Musik aufzugehen.
    »Ihr könnt alles, was Ihr wollt, vor Natael sagen«, gab ihr Rand zur Antwort. »Er ist schließlich der persönliche Gaukler des Wiedergeborenen Drachen.« Falls die Geheimhaltung in diesem Fall wirklich so wichtig war, würde sie darauf bestehen, und er würde Natael wegschicken, obwohl er den Mann nicht gern aus den Augen verlor.
    Egwene schnaubte vernehmlich und rückte die Stola auf ihren Schultern zurecht. »Dein Kopf ist geschwollen wie eine überreife Melone, Rand al'Thor.« Sie sagte das emotionslos wie eine klare Feststellung.
    Zorn stieg außerhalb des Nichts empor. Nicht, weil sie das gesagt hatte; schon als sie Kinder waren, hatte sie ihn immer wieder zurechtgestutzt, ob er es verdient hatte oder nicht. Aber in letzter Zeit hatte sie sich angewöhnt, Hand in Hand mit Moiraine zu arbeiten, ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen, damit ihn die Aes Sedai dann herumschubsen konnte, wie sie wollte. Als sie jünger waren, bevor sie erfuhren, was er war, hatten Egwene und er immer erwartet, eines Tages zu heiraten. Und nun schlug sie sich gegen ihn auf die Seite Moiraines.
    Mit hartem Gesichtsausdruck sprach er grober, als er eigentlich wollte: »Sagt mir, was Ihr wünscht, Moiraine. Sagt es mir hier und jetzt, oder wartet damit, bis ich Zeit für Euch habe. Ich bin sehr beschäftigt.« Das war eine glatte Lüge. Die meiste Zeit über übte er sich mit Lan im Schwertkampf oder mit Rhuarc im Umgang mit dem Speer, oder er lernte von beiden, wie man nur mit Händen und Füßen kämpft. Aber wenn er heute mit Grobheit etwas erreichen konnte, dann nur zu. Natael konnte ruhig alles hören. Fast alles. Solange Rand nur immer wußte, wo er sich gerade aufhielt.
    Moiraine und Egwene machten böse Mienen, doch die echte Aes Sedai schien schließlich einzusehen, daß er diesmal nicht nachgeben werde. Sie warf Natael einen Blick zu und verzog leicht den Mund. Der Mann schien nach wie vor in seiner Musik aufzugehen. Dann zog sie ein dickes, in graue Seide gewickeltes Bündel aus ihrer Tasche.
    Sie wickelte es auf und legte den Inhalt auf den Tisch: eine Scheibe von der Größe einer Männerhand, zur Hälfte matt schwarz und die andere Hälfte reinstes Weiß. Die beiden Farben trafen sich in einer Schlangenlinie genau in der Mitte und bildeten so zwei aneinandergefügte Tränen. Das war vor der Zerstörung der Welt das Symbol der Aes Sedai gewesen, doch diese Scheibe war mehr als das. Nur sieben davon waren jemals angefertigt worden - als Siegel auf dem Gefängnis des Dunklen Königs. Oder genauer: Jede war ein Brennpunkt für eines der Siegel. Sie zog ihr Messer vom Gürtel. Mit der scharfen Klinge kratzte Moiraine vorsichtig an der Kante der Scheibe. Und ein dünner, tiefschwarzer Splitter sprang ab.
    Selbst in der Blase des Nichts geborgen schnappte Rand nach Luft. Die Leere bebte, und einen Augenblick lang hätte ihn fast die Macht überwältigt. »Ist das eine Kopie? Eine Fälschung?«
    »Ich habe es unten auf dem Platz gefunden«, sagte Moiraine. »Es ist tatsächlich echt. Das eine, das ich von Tear mitgebracht habe, ist genau

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